Freitag, 9. August 2013

Vom Finden der großen Liebe

Das schöne am Alleinsein ist ja, dass einem viele Geschichten zugetragen werden, wie die Liebe sich so findet.

Die Erzähler beharren dabei immer darauf, dass man nach Liebe niemals suchen dürfe. Aus der luxuriösen Position eines Pärchens finde ich diesen Hinweis mehr als gewagt.

Hör einfach auf, nach jemanden zu suchen, in dem du dich erkennst. Einfach alles abwarten. 

Mittlerweile antworte ich darauf schon gar nicht mehr. Es macht keinen Sinn. Die Paare empfinden das wirklich so, während sie glücklich nebeneinander einschlafen und nebeneinander aufwachen, während sie gemeinsam auf Parties und Familienfeiern gehen, während sie jemanden haben, der sie in den Arm nimmt, auf diese ganz besondere Weise. Einfach so. 

Doch manche sind nicht so gefangen in ihrer Pärchenwelt. Manche sind ehrlich und erinnern sich an den Schmerz und an die Suche und die Zurückweisungen. Und dann bekomme ich Geschichten zu hören, wie Liebe sich manchmal wirklich findet. Liebe, die bleibt. Und diese Erzählungen verändern meinen Blick und nicht ein mitleidiges vertrösten.

Von einer dieser Begegnungen möchte du nun schreiben, weil sie mir immer so besonders war, weil ich mich in den Gefühlen so wiederfand. 

Kathy war 33. Sie arbeitete als Sekretärin in einer Bibelschule - die Geschichte trug sich in den USA zu, soviel sei gesagt - für eine evangelikale Christin, wie sie es war, hatte sie für eine unverheirate ein geradezu salomonisches Alter. Es wurde früh geheiratet. Nur sie war bis jetzt alleine geblieben.

Nicht, dass Kathy keine Angebote gehabt hätte. Den ein oder anderen Antrag hatte sie abgelehnt. Es kam ihr einfach nicht richtig vor. Und Kathy wartete auf den richtigen.

Einiges Tages tauchte vom anderen Ende des Landes ein junger Mann auf, der sich für Kurse einschrieb. Gary war jünger und ein zauberhafter Mann. Alle Frauen in der Bibelschule waren hin und weg. Zudem war er unverheiratet. 

Nun kann man denken, die Zeit für Kathy wäre ab nun Wundervoll, denn sie hatte ihn ja getroffen. Doch schnell wurde ihr klar, dass sie nur für ihn Schwärmen würde und dann Gott bitten würde, diese Gefühle von ihr zu nehmen, da sie zu nichts führten.

Kathy war klar, dass Gary die volle Auswahl hatte und sie nicht. Die Frauen, die Gary umschwärmteren waren Jung und hinreißend. Sie erzählte mir, dass sie nur darauf wartete, dass er sich mit einer von ihnen verabreden würde. Doch niemals tat er das. Er nahm nicht mal eine alleine im Auto mit. An Gary schien das alles abzuperlen. 

Und da waren sie nun, diese jungen Frauen, mit den perfekten Zähnen und kleinen Nasen, diese Frauen, deren Haare immer glänzten und die nie ihr Lächeln verloren. Und dann war da Kathy, die von alledem das Gegenteil war. 

Doch so sehr sie auch darum bat, die Gefühle wurden nicht von ihr genommen. Und so ging es einige Monate weiter.

Dann fand in der Bibelschule eine Feier statt und es war üblich, sich von McDonald's dafür Eis zu leihen. Irgendwas musste danach dahin zurückgebracht werden, für die Geschichte macht es keinen Unterschied, was das genau war.

Gary bat Kathy mitzukommen und sie dachte sich nichts dabei. Er trank einen Eistee und sie eine Cola. Gary zerriss das Papier der Strohhalmverpackung und machte einen unruhigen Eindruck. Er sagte, er brauche ein wenig kaltes Wasser ins Gesicht und verschwand.

Als er wiederkam, war er ruhig. Er setzte sich ihr gegenüber, schob die Schnipsel der Verpackung von sich weg und sah Kathy lange an. 

Ok, willst du mich heiraten?

Kathy dachte erst, sie hätte verfrüht etwas mit den Ohren, aber es handelte sich um keinen Irrtum. Über ihre Antwort musste sie keinen Moment nachdenken.

Es gab keine Dates. Kein umschwärmen. Es war einfach klar.

Als ich die beiden kennenlernte, waren sie fünfzehn Jahre verheiratet. Sie hatten zwölfjährige Zwillinge. Kathys Tochter und ich saßen in der Küche und lauschten bedächtig, während Kathy erzählte. Dabei kochte sie unermüdlich und wir baten sie immer wieder, bestimmte Teile zu wiederholen, weil es zu unglaublich war.

Hätte ich nicht die Frau getroffen, der es passiert ist, hätte ich nicht gesehen, wie liebevoll und Dankbar die beiden miteinander umgingen, ich hätte es nicht geglaubt.

Es sind diese Paare, die mir Mut machen, nicht aufzugeben. Weiterzusuchen. Durchatmen. Es liegt nicht alles in meiner Hand. Vielleicht muss es das ja auch gar nicht. 

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