Dienstag, 27. August 2013

Lucas - Wolverine im Pumakäfig

Manchmal gibt es Verabredungen, die würde kein Drehbuchautor im einem Film unterbringen, weil es zu unglaublich wäre. Das sind die wirklichen schlimmen Dates. Und viele von denen sind eben genau meine Dates. 

Es begann recht harmlos. Der Mann schien Comics zu mögen. Ich mag Comics auch, bin ich deshalb ein Freak? Sehe ich deshalb aus wie ein Freak? Nein! Bei Männern scheint die Sache da allerdings anders zu liegen - Magic Lars nehmen wir da jetzt mal raus. Aber der Ist ja eh ein Fall für sich.

Ich schrieb Lucas, weil mir sein Foto total gut gefiel. Hinter fielen Büchern schaute er mit seiner schönen Brille hervor. Brille ist Super - was ich nicht ahnte war, dass dieses Bild wirklich JAHRE alt sein musste. Viele Jahre und viele Mahlzeiten lagen dazwischen.

Wir schrieben hin und her. Mein Aufhänger war, dass er seit Wochen nicht online gewesen war. Ich schrieb ihm, dass ich das schade fand. Er meldete sich tagelang nicht. Innerlich hatte ich es da schon abgehakt. Vielleicht hat er ja wirklich jemanden gefunden hier - solche Fälle soll es ja geben.

Dann schrieb er zurück. Es ging hin und her, auch wenn Lucas ausnehmend gelangweilt von mir wirkte. Die Mails waren kurz und mit Humor schien er es auch nicht so zu haben. Aber manchmal täuscht sowas ja auch, dachte ich. Manche Männer sind nicht so gut in dieser Sache mit dem schreiben. 

Dann fragte er, ob wir den neuen Wolverine zusammen sehen wollten. Draußen waren es 34 Grad. Kino war ein abwegiger Gedanke, aber bitte. Ich wollte den Film ja auch sehen. Er schlug Sonntag 15 Uhr vor. Auch eher ungewöhnlich. Nun gut.

Auch wenn es vor acht war, wollte ich besonders gut aussehen für das treffen. Da es draußen brüllend heiß war, musste ich sowohl mein Outfit, als auch mein Makeup der Witterung anpassen. Ich ahnte schon, dass ich auf dem weg zerfließen würde. Ich musste einfach das beste aus der Situation machen.

Als ich vor dem Kino stand - nachdem ich  erstmal in die falsche Richtung gelaufen war - stand ich vor verschlossenen Türen. Was soll das denn nun?! Wieso ist dieses bescheuerte Kino geschlossen? Dann sah ich, dass jemand im Kino auf die Türen zukam. Es war Lucas. Er versuchte mit einer Cola in der Hand verzweifet die Türen zu öffnen - wie war er denn selbst reingekommen?!

Nach eingen Minuten hatte sich das Problem mit der Tür gelöst. Lucas erklärte mir, dass es einen weiteren Eingang gäbe. Ahja. Gut zu wissen. 

Bei genauerem hinsehen wünschte ich mir, diese Tür hätte sich nie geöffnet. Der Anblick, der sich mir bot war irgendwas zwischen verstörend und deprimierend.

Ja, es war warm draußen. Auch mir war warm. Ich hätte also durchaus Verständnis gehabt, wenn Lucas auch ein wenig überhitzt ausgesehen hätte. Aber er sah nicht überhitzt aus. Er war verwahrlost.

An den Schweißrändern seines Shirts, hatte sich bereits ein weißer Rand gebildet. Seine Haare waren scheinbar tagelang nicht gewaschen worden - wobei sich auch gleich die frage erübrigte, ob er wohl heute schon geduscht hat. In seinem Gesicht wusste ich gar nicht, was mir als erstes Angst machen sollte. Er war rasiert, aber wahllos standen ihm lange Haare aus dem Gesicht ab. Wie Hexenhaare. Und dann schien er auch Probleme mit dem essen gehabt zu haben. Irgendwie war ihm wohl seitlich aus dem Mund saft gelaufen. Diese Spur bahnte sich ihren weg vom Mundwinkel bis unter das ungewaschene Shirt. Insgesamt hatte er essensreste im Gesicht.

Langsam aber sicher stieg Übelkeit in mir hoch. Was war das hier für ein Albtraum?

Da der Film noch zeit hatte, setzten wir uns ins Foyer und redeten ein wenig. Auch hier mischte sich bei ihm Langeweile und Schüchternheit. Ich fragte mich die ganze zeit, wie ein Mann, der als Steuerberater arbeitet, wohl so verkommen kann. Ein Rätsel.

Als der Film losging, bemerkte ich als erstes einen stechenden Geruch. Es dauerte nicht den Bruchteil einer Sekunde, bis ich merkte, von wem das ausging. Es war alles so ekelhaft. Zehn nasse Hunde hätten nicht schlimmer sein können.

Und als diese Verabredung für mich schon so abstrus war, dass es keinen weiteren Gipfel hätte geben können, gesellte sich eine Gruppe von ungefähr zehn geistig Behinderten Erwachsenen in den Kinosaal. Das machte die Stimmung komplett. 

Ich war zwischen lachen und weinen. Sowas konnte nicht passieren. Dieser Typ. Das alles hier.

Als der Film vorbei war, gingen wir zur SBahn. Ich hoffte auf günstig stehenden Wind. Er sagte, in der Vorschau wären ja einige Filme, die wir zusammen schauen könnten. Ich versuchte ein Ablenkungsmanöver. Ich wusste, dass er ohnehin zu schüchtern sein würde. Das kam mir sehr günstig vor. 

Als ich in die SBahn stieg fühlte ich mich reichlich verarscht von der Welt. Ich hatte ja nun kein Feuerwerk erwartet, aber einen Mann, der den Anstand besitzt, sich vor einer Verabredung zu waschen, das war das Mindeste. 

Aber auch das Mindeste war wohl für diesen Sonntag zu viel. Wenigstens war mir der Appetit für den Tag vergangen.

Morgen ist ein neues Date. Wir werden sehen. 

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