Sonntag, 20. September 2015

Echtzeit - Lieblingsmensch

Ich glaube, ich kann das nicht mehr. Es tut mir unendlich leid. Der Grund ist nicht, dass ich nicht mehr den Wunsch habe, bei dir zu sein. Es ist, weil ich den Wunsch habe wirklich mit Dir zu sein. 
Ich möchte mehr sein, als eine Dienstreise. Mehr, als jemand, mit dem man sich ein paar nette Stunden machen kann.

Du hast mir nie das Gefühl gegeben, ich sei dieses "nur". Bitte versteh mich nicht falsch. Ich bin wirklich dankbar für diese Begegnungen und deine Worte. Du hast mir sehr viel Mut und Wärme gegeben und das werde ich niemals vergessen. Wirklich nie.

Dennoch.

Ich brauche dieses "mehr" und ich brauche einen Mann, der mir genau das geben möchte. Damit meine ich nicht Zeit. Ich könnte mir diese Beziehung auch vorstellen, wenn wir uns alle drei Wochen sehen. Sowas ist mir nicht wichtig. Aber dir ist es wichtig. Das akzeptiere ich, wie ich alle deine Entscheidungen nicht nur hinnehme, sondern wirklich finde, dass du gut überlegt handelst.

Daher weiß ich, du bist eben auch genau "Risiko" eingegangen, dass ich gehe. Mich irgendwann abgrenze. Bis ich keine Grenze mehr ziehen kann und will - und weg bin

Manchmal, da macht mich das dann unglaublich wütend, da machst Du mich dann unglaublich wütend. Weil du mich mit zu viel Zuneigung betrachtest und trotzdem stur bist. Fast sturer, als ich. Manchmal, da bin ich wütend, weil ich mich von dir alleingelassen fühle und dann werde ich wieder wütend auf mich selbst. Denn wer würde nicht einfach mitnehmen, was geht? Es ist ja mehr als menschlich, sich die angenehmen Dinge zu suchen und den Rest schön weit weg zu halten. Manchmal bin ich wütend, weil du mir sagst, wenn wir in einer Stadt wären, dann wäre alles anders und dann bin ich enttäuscht und verzweifelt, weil es vielleicht einfach nur ein Satz ist. Einfach nur ein Satz. 

Du fragst, ob es ein Abschied auf Raten wird und ich muss antworten, dass ich es selbst nicht weiß. Dabei möchte ich sagen, dass es von Anfang an ein Abschied auf Raten war. Irgendwie. Und mein Herz rast und ich habe so viel in mir, was ich nicht ordnen kann und du auch nicht. Und du willst auf keinen Fall den Abschied auf Raten, aber wenn es dann um ein alles oder nichts Geht, da wirst auch du still.

Ich hätte mir einen Anfang auf Raten gewünscht. 

Es soll sich nicht wie ein Vorwurf lesen, wir haben da beide keine Schuld und ich hasse die Idee der Schuld daran eh. Wahrscheinlich liest es sich trotzdem so. Ich bin nicht gut darin.
Seit Tagen schreibe ich an dieser Mail. Seit Tagen habe ich große Angst, die abzuschicken, denn du fehlst mir schon jetzt. Bevor es beendet ist, schmerzt es schon. 

Vielleicht denkst du, ich könne dann ja einfach bleiben. Glaub mir, das habe ich auch überlegt. Doch ich kann dieses Augen zu und durch nicht. Nicht bei dir. Weil ich mich nicht verstellen mag. So gerne will ich in diese Idee passen, der entspannten Dienstreisen. So gerne will ich funktionieren, meine Gefühle und Wünsche abstellen. In eine Ecke werfen oder in einen Karton machen, der dann nie wieder ausgepackt wird. Funktionieren. Funktionieren. Das alles hier muss doch eigentlich machbar sein. Alles andere als nicht funktionieren ist indiskutabel. Vielleicht ist das genau die Grätsche, die mir das Leben immer zufügt. Es passt so lange, bis etwas dazwischenkommt. Bis das Leben dazwischenkommt. 

Gehen oder bleiben. Liegen bleiben oder aufstehen und es versuchen. Irgendwie weitermachen. Aber wie?

Ich fürchte mich davor, dich Irgendwann wirklich zu lieben. Ich fürchte mich, das dir dann nicht sagen zu können. Weil wir sowas ja nicht haben dürfen. Dieses Gefühl. Und wenn ich es dann habe? Wäre der Abschied von dir dann nicht noch schlimmer?

Es ist ja so schon schlimm. Weil ich jetzt schon viele Sachen an dir so sehr mag.  Nach so wenigen Treffen und ja eigentlich  gar nicht so viel Sex, dass mein Hirn mir Verbundenheit Vorspielen müsste. Stell dir vor, wir wären in einer Stadt. Dann wäre es ganz anders geworden. StellDirVorStellDirVorWennWennWenn

Vor allem aber schäme ich mich, dass ich mich so wenig im Griff habe. Dass ich es nicht geschafft habe, mir das ganze herzmässig gehörig vom Leibe zu halten. Irgendwann geht es halt nicht mehr. Das ist wohl das Problem von Nähe. Oder einfach nur meines. Wer weiß das schon.

Ob du mich denn so schnell aus deinem Leben streichen könntest, frage ich und du wirst still. Ob es denn leicht zu finden sei, dies alles und wieder schweigen wir. Aber kein umarmendes schweigen, sondern ein ratloses. Und du sagst, mit jedem Treffen würdest du mehr fühlen und ich werde traurig. Fühle mich betrogen um diese Gefühle... Und bin doch froh, dass du sie hast.

Bereits jetzt scheinen mir Dinge wie undenkbar. Und unverzichtbar. Der Blick, wie du mich ansiehst, wenn ich da bin. Und die Art, wie du dich anziehst, die mag ich auch. Genauso, wie gemeinsames Zähneputzen und unsere asozialen Witze. Schick essen gehen bei Mc Donalds und schon im Flur anfangen zu küssen. Wie du auf der Straße meine Hand nimmst. All das. Und wie wir manchmal einfach gar nichts sagen und es sich trotzdem gut anfühlt. Wie ich ausflippe, komplett aus mir explodiere und du die Worte findest, die mich zusammenzufügen, mit Ruhe und Zuneigung. Wie ich auf deinem Schoß sitze, über die Stadt schauend und mich für einen Moment ganz klein mache, weil du mich umgibst, wie eine schützende Hülle. Diese Idee, dem anderen alles sagen zu können, was man sich wünscht. Es gibt keine Verurteilungen. Auch ein Nein wäre keine Zurückweisung, sondern einfach eine andere Sicht der Dinge. Das mag ich an uns.
Dieses "uns", was es ja gar nicht gibt. 

Und doch ist es da. Auch diese Kurzgeschichte trägt Erinnerungen. Kleine Wünsche und Ideen. Große Erwartungen. Dinge, die ich nie vergessen werde.

Und ich Danke Dir für verheilte Wunden und dass du meinen Nacken geküsst hast. Ich danke dir dafür, dass du mich zum lachen bringst und ich bei dir weinen durfte. Ich danke dir für neue Orte und neue Gefühle. Ich Danke dir für deine Sicht der Dinge. Für deine Art, nicht aufzugeben. Für deine Anrufe morgens um sieben. Deinen Optimismus. Und ich danke die dafür, dass du manchmal so fest schläfst und dabei lächelst, so dass ich deine Lachfältchen zählen konnte.

Ich will dich noch so oft schlafen sehen und möchte noch so oft in der Nacht hinter dir her robben im Bett und deinen warmen Rücken fühlen. Ich möchte, dass wir uns ganz oft noch Schlafsachen vor dem schlafen anziehen, obwohl wir wissen, dass wir die nach wenigen Minuten wieder ausziehen. Ich möchte aufwachen und sofort mit dir schlafen. Ich möchte die Augen schließen und wissen, du liegst neben mir. Möchte dir noch so viel Quatsch im Halbschlaf erzählen. Über die Lichter der Stadt schauen und eigentlich über ganz viele Städte. Und das ganze ohne diesen Zeitdruck im Nacken. Da ist so viel noch zu erleben.

So viele Dinge. Doch am Ende läuft alles auf eines hinaus: ich möchte wirklich ein Teil deines Lebens sein. 

Und dort kommen wir nicht weiter. Da  schlagen sich meine Gedanken und Wünsche an meiner Schädeldecke wund. Und immer wieder von vorne. Alle Möglichkeiten durchdenken. Alles durchspielen. Und am Ende darauf kommen: zusammen wird es nicht gehen.

Wann der richtige Zeitpunkt für sowas ist, das weiß ich auch nicht. Den gibt es wohl eh nicht. Ich kann dir diese Mail zumindest nicht vor deinem Urlaub senden. Dabei fange ich vor deinem Urlaub an zu schreiben. 

Die Letzten Tage haben wir praktisch gar nicht geschrieben und als wir dann geschrieben haben, da konnte ich nicht anders, als irgendwie Streit anzuzetteln. Um dieses schwammige uns wenigstens zum explodieren zu bringen. Irgendwie zu fühlen. Weil ich mich die stillem Tage so zusammengerissen habe. So, wie du es dir wünschst. So, wie du mich gerne haben willst. Ruhig, wenn dir danach ist und aufregend, wenn der Sinn danach steht. Aber genau in dieser Ruhe kamen die Gedanken. Diese Gefühle, die ich vorher schon hatte. Die werden dann lauter. Die schreien dann richtig. Die Verbindung wird weniger, die Unruhe mehr. Ich warte und denke: warum braucht er jetzt wieder Abstand? Warum hat er mir genau jetzt nichts zu sagen? Wieso? Was soll ich machen? 

Wenn es dich so belastet, dann macht es ja gar keinen Spaß und auch gar keinen Sinn bekomme ich dann zu lesen und könnte sofort wieder losbrüllen. Aber das geht nicht, denn von gestern bist du noch so betrunken, dass telefonieren nicht möglich ist. Und ich soll ja funktionieren. 

Wie sah dieses funktionieren noch mal aus?

Ach stimmt ja, ich soll das ja einfach hinnehmen und entspannt sein. So war ja der Deal. Nur so darf ich ja mitspielen. Und wenn ich gegen diese Regel verstoße, dann gibt es Streit. Streit, den wir beide eigentlich nicht wollen. Also halte ich meinen Mund. Mal wieder. Hänge in den Seilen und fühle mich einsam. Ärgere mich, dass es soweit kommen konnte. Vermisse schon jetzt verpasste Gelegenheiten.

Ich will ja, dass du feierst. Du sollst viele Dinge erleben - gerne auch ohne mich. Das ist nicht mal ironisch. Aber manchmal, wenn dann alles schreit und ich mich so weit von dir weg fühle, dann mag ich diese ganzen Dinge aus mir rausbrüllen. Wie eben gerade jetzt in diesem Moment. Ganz laut. Brüllen, dass du da sein sollst. Oder mir was liebes schreibst. 

Ja, damit tue ich dir Unrecht. Ich weiß das. Aber ich weiß eben nicht, was mit mir los ist. Es braucht immer mehr, damit ich mich in mir ruhig fühle. Manchmal denke ich, ich halte dann auch diese Armlänge Abstand nicht aus. Dabei war die ja beschlossen. 

Von dir beschlossen. Und ich merke immer mehr, dass ich da etwas zugestimmt habe und etwas vergessen hatte einzuplanen: mich.

Doch genau heute fühlt es sich an, als müsste ich einmal zu viel nach Regeln spielen, die mir nicht bekommen. Ich bin sicher: wärest du da, hätte ich deine Stimme am Telefon, eine Nachricht, die mir Nähe vermittelt, dann würden meine Gefühle nicht Achterbahn fahren. Doch so falle ich in mich zusammen. Einfach so. Und du bist nicht da, um das Kartenhaus Kathi wieder aufzubauen. Das ist ja auch gar nicht deine Aufgabe, mahne ich mich selbst an und versuche mich vergebens zu ordnen.

Wärest du da. Dann wäre alles anders. 

Wieso eigentlich gerade jetzt? Es ist ja bei uns immer so, dass es spannend ist, von einkehrender Langeweile keine Spur. Du würdest sagen einfach schwierig. Und meist ist es ja so, dass ich mich dir verbunden fühle, dich sehe und mich von oben bis unten eine Wärme durchströmt. Eine Wärme, die sich mittlerweile vom Herzen ausbreitet. Aber eben dann, wenn du da bist. 

Ich mag kein offenes Buch sein und öffne mich doch immer mehr. Es erinnert mich daran, dass du mal sagtest, ich würde Romantik wohl nicht mögen, weil sie mich verletzlich machen könnte. Wie recht du hast. Du weißt schon sehr genau, dass ich sehr verletzlich bin, aber genau das Gegenteil sein möchte. Vielleicht kommt auch deswegen nun diese Mail. 

Auch du merkst, dass die Gefühle mehr werden. Der Moment zu gehen eigentlich verpasst. Zumindest der Moment, wo es alles egaler wäre. 

Doch du magst nicht, dass du Verpflichtungen hast. Du magst da sein, wenn es gerade passt und weg sein, wenn es passt. Also dir, nicht mir. 
Du siehst mich zu passiv! Sagst du dann und ich frage mich, was ich tun kann, damit du begreifst, wie sehr ich dich mag. 

Doch in mir drin tobt der Wirbelsturm. Nicht wegen dir. Wegen so vielen Dingen. Aber ein Teil bist Du. Du, den ich so sehr mag. Der mir Ruhe schenkt und Trost. Der mich mitreißt und nie meine Hand loslässt. 

Und doch bin ich manchmal wie im freien Fall.

Und ich mag kein Pflegefall sein, auch wenn sich diese Mail so liest. Es scheint, als würde ich alles in dich reinstopfen an Erwartungen. So liest es sich wohl. Doch es ist vielmehr das Gegenteil. Genau das will ich verhindern.

Außerdem möchte ich niemals in die Situation kommen zu warten, Dass du selbst drauf kommst. Denn warten ist schlimm. Oder der Moment, wo ich nicht anders könnte und an dir rumzerre, dass eine Beziehung ja wunderbar sei. Dieses DuSollstAberWollen!DuSollstAberWollen! Ich!ich!ich!ich! Ich würde mich emotional nackig machen und du würdest zu Recht sagen, du hättest gar möchte drum gebeten, dass ich mich ausziehe. Wäre das nicht erbärmlich? Ich würde es unendlich Peinlich finden, diesen Moment zu erleben. Dir ginge es bestimmt nicht anders. So will ich nicht sein. So will ich nicht werden.

Darum bremse ich das alles aus. Bloß schnell das Schiff verlassen. Vielleicht wäre es nicht gesunken, aber der Sicherheit wegen. Safety First und sowas. 

Ich glaube auch, dass es geklappt hätte, genau, wie du denkst, dass es klappen würde. Der Unterschied ist nur: ich hätte es versucht. Egal wo du bist. Egal wo ich bin. Denn ich denke, es ist sehr schwer jemanden zu treffen, wo so viel passt. Und auch ohne Worte passt. 

Es tut mir unendlich leid.
Aber ich kann es nicht. 
Nicht, weil ich dich nicht genug mag, sondern das Gegenteil. Weil ich dich zu sehr mag. Du verstehst es, das weiß ich. 

Und weißt du was ich jetzt gerade möchte? Dass du da bist, mich in den Arm nimmst und sagst, dass wir das alles schaffen. Mit Wärme und Lachen und Küssen und allem. 

Doch so wird es nicht kommen. Und weil ich das Ende kenne, bevor es anfängt, kann ich nicht anders.

Bitte verzeih mir. 

Und wenn es auch nur eine Sache gibt, die uns beide zusammenbringt und wir tun sie nicht, dann haben wir dieses Glück vielleicht auch nicht verdient.

Geliebter Lieblingsmensch, lieber Basti, es wird nicht zählen, wozu ich bereit bin, das weiß ich. Am Ende zählt nur ein wir. Wozu wir bereit sind.

In großer und aufbrausender Zuneigung, die du so wunderbar begleitet hast, gehe ich zwar, aber wünsche mir von dir nur eins bleib,

k.