Sonntag, 17. August 2014

Der Tag, als er ging.

Alles fing gut an - und vielleicht war genau da das Problem.

Er war lange nicht auf seinem Profil gewesen, aber ich schrieb ihm trotzdem. Ob es denn ein Grund zum freuen sei - zumindest für ihn - oder ob er desillusioniert das Feld bei Finya geräumt hätte.

Seine Antwort kam recht schnell. Ja, er habe jemanden gefunden. Ja, er dei glücklich und zugleich sicher, dass auch ich jemanden finden würde. 

Weshalb auch immer, es entspann sich ein Emailkontakt und wir wurden sowas wie Freunde. Sowas wie.. 

Doch mit einem mal wurden seine Mails weniger fröhlich. Weniger zuversichtlich. Und irgendwann, da sagte er, die Frau und er wären nun getrennt. Aus. Vorbei.

Also schrieben wir noch mehr. Immer wieder. Immer häufiger.

Und dann starb Friedrike und meine Welt blieb stehen. Und in dieser Starre, war er da. Tröstete. Kümmerte. Er war einer der wenigen Menschen, die ich - wenn auch nur durch die sichere Entfernung meines Handys - ertrug. Und so verstrickte ich mich emotional immer mehr. 

Als dann das erste Treffen kam, waren wir ratlos. Die Erwartungen waren hoch. Wir lachten, wie alberten, erzählten, schwiegen und warteten auf einen Funken.

Doch da war kein Funken.

Auch das konnten wir ein paar Tage später klären. Wir würden mal schauen wo es hinführe, küssen - so scherzten wir - ginge ja auch so.

Es folgten arbeitsreiche Wochen. Der Kontakt wurde weniger. Reise. Arbeit. Kind. Er fehlte. 

Als wir uns dann endlich sahen, waren wir wohl gefangen in alledem, was wir uns durch das sichere Internet waghalsig geschrieben hatten. 

Und so saßen wir da, schauten über Berlin. Lachten. Redeten. Schwiegen. Und wussten nicht weiter. Nicht mal Champagner half. 

Doch dann, als ich schon dachte, nichts würde mehr passieren, da küssten wir uns. Nahmen uns an die Hände, im dunklen Park drehte ich Pirouetten an seiner Hand. Stolperten zum Auto. Lachten und waren verlegen zugleich.

An jeder Ampel küssten wir uns und aus den Boxen kam Staubsaugermusik. Das Lied ging mir tagelang nicht aus dem Ohr. Es würde das lies dieses abends für mich. Das Gefühl dieses abends.

Als er neben mir schlief raste mein Herz. Es war kein Funken da. Aber eine Zuneigung, die mich aus der Haut fahren ließ. Mir förmlich den Atem nahm. 

Er blieb über Nacht und bekam eine Zahnbürste. Alles passte nicht zusammen und doch fühlte es sich für mich gut an.

Mittlerweile frage ich mich, ob es ihm auch so ging. An welcher Stelle der Geschichte waren wir nicht mehr offen. Nicht mehr auf einer Wellenlänge.

Es war nicht dramatisch. Es waren abgesagte Verabredungen seinerseits und zornige sms meinerseits. Aber konnte das eine Erklärung sein?

Denn nun ist es zuende. Sehr plötzlich und still und leise. 

Außer in mir. Da ist es nicht leise. Da schreit alles, weil ich keine Erklärung finde. Da dreht sich alles, weil mein Inneres keinen Platz findet, wo es zur ruhe kommt.

Wir hatten die Abmachung, einander ehrlich zu sagen, wenn es ein Problem gibt. 

Irgendwie hatten wir diesen Punkt verpasst. Hatten irgendwo aufgehört Freunde zu sein. Aber weshalb? Ich suchte und fand keinen Grund. 

An welchem Punkt bist du gegangen?


Freitag, 8. August 2014

Marius - Viel zu weit

Es war eine dieser perfekten Kreuzberger Nächte. Und das große Glück ist es, wenn man einen Menschen trifft, der diese Nächte noch perfekter, noch wunderbarer, noch glitzernder macht. 

Wir trafen uns vor einem Café. Er war für ein paar Tage bei einer Freundin in Berlin und lebte eigentlich in Köln. Da ich anfangs schon ausgeschlossen hatte, dass es was werden könnte, kam ich ganz entspannt zum Treffpunkt. Und er war da. 

In meiner Tasche klapperten Limonade und Bier als Verpflegung. Er nahm mich in den Arm und ich dachte nur: oh! 

Er hatte ein superhelden tshirt an und ich war kurz davor mich sofort zu verlieben.. Wäre in meinem Kopf nicht immer dieses Köln Köln Köln Köln Köln gewesen. 

Marius nahm mir meine Tasche ab und trug sie heldenhaft in den Park. Den Berg hinauf. Bis ganz nach oben auf den Kreuzberg. Immerzu lachend, Witze erzählend und über Comics fachsimpelnd. Wäre ich nicht so nervös gewesen, er hätte mich sprachlos gemacht.

Die Aussicht über die Stadt war wunderschön und so saßen wir da und sprachen manchmal ganz viel und manchmal gar nicht. Als wollten wir uns alles sofort erzählen und als würde niemals auch nur im entferntesten diese Zeit ausreichen können. Und dann schwiegen wir wieder. 

Er lehnte sich an meine Beine. Strich ab und an über meinen Arm. Lächelte. Ärgerte. Manchmal schaute er mich einfach nur an. Lange hatte es keiner mehr geschafft, dass ich mich so angenommen fühlte. Dafür musste er gar nicht mal etwas sagen. 

Es war dunkel geworden. Nicht oben auf dem Kreuzberg, da sah man die leuchtende Stadt, aber der Park war pechschwarz.

Lass uns spazieren! 

Sagte er und wir machten uns auf den Weg. Stolperten im Dunkeln die Wege hinunter. Wir hatten nicht mal ein Ziel. Für meinen teil fand ich es ausreichend, mir keine zähne auszuschlagen, auf dem Weg nach unten.

Kannst meinen Arm nehmen, dann fallen wir wenigstens gemeinsam.

Ich war verwundert, griff nach dem Arm..stolperte allerdings nicht weniger.. Im Gegenteil.

Keine drei Minuten später war ich bis über die Knöchel mit einem großen Schrei in einem Schlagloch verschwunden.

Wir lachten und lachten und lachten. Und während wir das taten, da nahm er meine Hand, Sah mich an und küsste mich. 

Es war ein perfekter erster Kuss und mein Herz raste. Köln Köln Köln Köln hämmerte es wild in meinem Kopf. Doch dann machte er etwas, was diesen Kuss, diesen ganzen moment, noch viel besser werden ließ. Er nahm mich in den Arm. Küsste meinen Scheitel und flüsterte:

Schlaglöcher sind großartig.

Wir verbrachten die Nacht lachend, küssend, redend in den Straßen von Kreuzberg. Bis früh um vier. 

Wir hatten keinen weiteren Tag. Es war der Abend vor seiner Abreise. Und als wir uns verabschiedeten, blieben wir ratlos und wortlos über alles weitere. Auch die besten Nächte enden. Und wäre er in Berlin, wahrscheinlich wäre alles kein Thema gewesen. Kein Problem. Überhaupt wäre alles klar.

Aber nichts war klar. Nur dass es nicht ging.

Wir blieben in Kontakt. Schrieben. Telefonierten. Lachten. Aber verloren kein Wort darüber, dass wir uns nochmal Wiedersehen würden. 

Zurück blieb nur das Gefühl, dass ich nun wusste, wonach ich suchte, denn ich hatte es gefunden und konnte es doch nicht haben.

Und da war er. Und auch schon wieder weg. Der Mann mit den Superhelden TShirts, mit Vollbart und asozialen Witzen, vollkommen harmlos und doch spannend.