Samstag, 30. November 2013

Echtzeit - wer bekommt was?

Es wird ruhiger. Das erste mal seit langer zeit habe ich das Gefühl, dass es in Ordnung so ist, wie es ist. Es scheint mir, als hätte ich durch die willkommene Ablenkung mit Magic Lars Zeit gewonnen und ein Stück Freiheit gleich dazu. 

Mister Start up sollte mehr Zeit zum Gewöhnen bekommen, sollte er die nicht nutzen, dann bliebe mir wenigstens die Möglichkeit, den Zauber bei Jemandem anders zu suchen - kein verbindlicher Zauber, aber Zauber.

Und je mehr ich diese Idee überdenke, desto mehr Frage ich mich, ob ich eine Hintertür brauche, um endlich ruhig zu werden. Ist das heute so? Haben wir über die ganze Auswahl die Geduld verloren? Oder die Bereitschaft, einfach alles zu riskieren? Ohne Plan B?

Ich brauchte diesen anderen Plan in der Hinterhand, um mich auf meine Geduld zu besinnen, um die kleinen Zeichen zu sehen, die Mister Start up schickte. Und an denen mangelt es ja nicht, es geht mir nur nicht schnell genug.

So vielen Männer war ich begegnet, mal mehr und mal weniger nah. Sie waren sich nicht ähnlich und doch alle gleich. Und was machte ich nun aus diesen Erfahrungen?

Folgende Lehren hatte ich aus meinen Beziehungen gezogen:

1. Männer sind egozentrisch. Alle.
2. Männer senden keine doppeldeutigen Botschaften.
3. Männer wollen ihre Ruhe.

Beziehungen finden für Männer ausschließlich in der Komfortzone statt. Außerhalb schalten sie auf Durchzug und die Sache ist gelaufen. 

Und nachdem ich das eingesehen hatte, würde ich nun endlich versuchen, genau so zu handeln. 

Mister Start up bekommt seine Ruhe - dann kommen die Zeichen - dann kann ich geduldiger sein.

Magic Lars bekommt erstmal weniger, als er gerne hätte, aber er bekommt Zucker und ich dafür Komplimente. 

Und was bekomme ich? Hoffentlich gute Nerven. Hoffentlich Zeichen. Hoffentlich Gelassenheit und Geduld.

Hoffentlich am Ende das Herz von Mister Start up. Und wer weiß, vielleicht hatte ich das ja längst.



Freitag, 29. November 2013

Gut - Schlecht - Anders

Seit dem Gespräch mit Magic Lars dachte ich viel über Umwege nach und darüber, ob es falsche Abbiegungen gibt.

Lars war da eher pragmatisch. Für ihn gab es keine falschen Wege, nur andere.

Mein Leben ist jetzt nicht schlechter. Es ist anders.

Der Satz klang einfach, aber für mich viel zu schwer, ihn so anzunehmen. Was wäre gewesen, hätte ich diese große Liebe geheiratet? Was wäre gewesen, wenn ich mit einem der anderen Männer ein Kind bekommen hätte. Wäre es besser? Schlechter? Oder einfach nur - wie Lars sagen würde - anders?

Warum brauche ich - brauchen viele von uns - diese Kategorieeinteilung, wenn es um getroffene Entscheidungen geht? Warum bewerten wir Dinge, die eigentlich gar nicht bewertet werden können.

Hatte Magic Lars da wohl etwas begriffen, was ich noch nicht verstanden hatte? 

Bei mir stand wieder eine Entscheidung an: Wie lange würde es sich lohnen zu warten, bis Mister Start up endlich dazu bereit war, volles Risiko einzugehen? Wie lange hatte ich zeit, meine Energie in jemanden zu investieren, der keine Kinder wollte? Zeit in der Hoffnung, er würde seine Meinung bald ändern. Mister Start up sagte:

Das, wovon wir alle nur begrenzt haben, ist zeit. Alles andere lässt sich nachholen. 

Einunddreißig Jahre mag nicht alt sein, aber alt genug, um zu wissen, wo es hingehen soll. Es ist nicht nah an der Unfruchtbarkeit, aber in den nächsten Zehn Jahren wird sich einiges entscheiden: Kinder ja/nein, Familie ja/nein. 

Gut - schlecht - anders. Dass es vielleicht am Ende genau Lars war, von dem ich mehr Gelassenheit lernen würde, damit hatte ich nicht gerechnet. Es war eine Herausforderung.

Vielleicht war er es ja gerade deshalb: MAGIC.





Donnerstag, 28. November 2013

Echtzeit - Magic und Freundschaft

Magic Lars und ich hatten trotz Mister Start up Kontakt gehalten. Wir verstanden uns gut und schrieben uns hin und wieder Nachrichten oder telefonierten kurz.

Je mehr ich mich mit ihm unterhielt, desto klarer wurde mir, dass er nicht der unterbelichtete Prolet aus der Provinz war. Ich hatte mich getäuscht. 

Zwischen ihm und mir waren die Fronten klar. Jedenfalls überwiegend - soweit sie bei einem Mann dieser Art klar sein können. 

Irgendwann drehte sich etwas in dem Kontakt. Ich weiß nicht wie oder warum oder wann es genau passiert war, mit einem mal fühlte es sich anders an. 

Der Mann, der immer auf Abstand bedacht war, versuchte mich zu Übernachtungen einzuladen. Der Mann, der alle Frauen zu sich kommen ließ, wollte mich besuchen und mal schauen, wie es so sei bei mir. Beides lehnte ich ab. Mehr noch, ich machte mich lustig und fragte, ob er Fieber habe.

Magic Lars hatte kein Fieber. Er sagte, er würde sonst keine Frauen zur Übernachtung haben und auch zu keiner fahren, aber ich sei die Ausnahme.

Die Ausnahme.

Ich versuchte das alles nicht zu ernst zu nehmen. Sicher war es das Wetter. Vielleicht der Mond? Schlechtes essen? Lars schien mir ein wenig entrückt. 

Abends schickte er nun Küsse und Smileys mit Herzen. Ob sein Handy geklaut worden war?

Er hatte keinen Anlass. Es hatte keine Treffen gegeben und Frauen hatte er ja ohnehin ausreichend. 

Irgendwann schrieben wir uns über das Thema Beziehung. Ich fragte ihn, ob er mal wirklich geliebt habe. Er antwortete ehrlich, dass es schon sehr lange her sei. 

Zwei Tage später saßen wir zusammen und redeten. Lars hatte viel nachgedacht. Er wusste nicht, ob er vielleicht wirklich durch seine Erfahrung von damals verschlossen worden sei. Er wollte die Auswahl nicht aufgeben und doch in einer Beziehung treu sein. Alles oder nichts. 
Lars fragte sich, wie sein leben geworden wäre, hätte er das Studium beendet, würde in keiner WG wohnen oder hätte mehr Geld. 

Dann hätte ich sicherlich auch eine Frau. Oder Kinder. 

Ich war sprachlos. Er wusste, dass er nicht falsch abgebogen war, aber er war anders abgebogen und es hätte für ihnl andere Möglichkeiten gegeben. 

Manchmal erstaunen uns Menschen, weil wir sie unterschätzt haben. Weil wir ihnen Herz und verstand nicht zutrauen wollten. Und dann sind sie plötzlich ganz anders.

Und für einen kurzen Moment überlegte ich, ob ich auch anders hätte abbiegen sollen und ob Umwege wirklich lohnend waren.  

Dienstag, 26. November 2013

Mister Start up - Schatz, essen ist fertig!

Wir geben uns keine Kosenamen. Grundsätzlich nicht. Keine Ahnung weshalb, irgendwie kam es nie dazu. Irgendwie passte es nie.

Da saß ich nun auf dem Boden in Mister Start ups Wohnzimmer und sortierte meinen selbstgemachten Adventskalender. Ich war mit einer riesigen Tüte voller Kram in seine Wohnung marschiert, mit der Ankündigung, es sei Verpflegung aus dem Westen. 

Ich kam mir unglaublich blöde vor. Erst kurze zeit vorher hatte er mir gesagt, ich sei viel zu gut für ihn, würde ihm immer so tolle Sachen mitbringen, er hätte das alles nicht verdient. Aber da hatte ich den Kram längst. Ich wollte den Kalender nicht überbewerten und hoffte, er würde das auch nicht tun.

Doch dann lehnte er in der Tür.

Nicht meckern! Aber ich hatte die Sachen längst!

Mister Start up lächelt und ist sprachlos.

Ich weiß ja, ich sollte nichts mitbringen, aber ich hatte es schon Wochen und ich hab das alles selbst schon..

Doch da hat er seine Sprache schon wiedergefunden 

Das kann ich nie gutmachen sowas!

Aber darum geht es doch gar Nicht, denke ich und sage:

Gutmachen? Seit wann rechnen wir auf? 

Es scheint, als hätte er damit nicht gerechnet. Er lächelt und küsst mich und ich komme mir ein bisschen weniger blöde vor.

Ich koche kurz zuende. 

Weg ist er. Also sortiere ich weiter. Befestige Klammern, ziehe Schleifen zurecht und betrachte mein Werk. Schön ist es. Ein Vitamin B Kalender. Mit Büchern, Badezeug und Bestechungen - also Schokolade. Es ist schön und es ist so WIR. 

Schatz, essen ist fertig. 

Ich wundere mich kurz und sortiere weiter. 

Schatz! Essen ist fertig!

Da lehnt er in der Tür. Immer lehnt er in der Tür! Und dabei hat er immer diesen einen besondern Blick. 

Meinst du mich?

Und da lächelt er nur wieder und nimmt mich bei der Hand und mit in die Küche. Das essen ist fertig. Der Tisch ist gedeckt, Kerzen sind an.

Und ich bin der Schatz. Einfach so.

Samstag, 23. November 2013

Echtzeit - Lass mich dein Samstagabend sein

Da war er nun, der Samstagabend. Und heute fragte ich mich mehr, als sonst:

Was bin ich eigentlich? Single? Vergeben? Serieller Single und seriell vergeben?

Ich fand und finde keine Antwort darauf. Nur fragen und noch mehr fragen: bin ich bereit für Dates? Nein. Fühle ich mich vergeben? Ja. Aber warum verdammt bin ich dann heute alleine? Warum bin ich nicht weg?

Wäre ich Single, dann hätte ich heute sicher ein Date. Zumindest hätte ich mich ordentlich ins Zeug gelegt, eines zu haben. 
Wäre ich vergeben, dann würde ich mich heute mit Mister Start up treffen. Machen das Pärchen nicht so? 

Doch genau da lag das Problem. Wir waren zwischen den Stühlen. Vielmehr war ich zwischen den Stühlen. Denn es lag an mir, was dieser Abend sein sollte, ich konnte es entscheiden. 

Und wofür hatte ich mich entschieden? Eine Staffel Sex and the City, Schokoladeneis und Gesichtsmaske. Ach ja und Traurigkeit. 

Mister Start up hatte keine zeit. Weder am Freitag (wonach ich ursprünglich spontan gefragt hatte), noch für irgendeinen anderen Tag am Wochenende (was ich nicht gefragt hatte). Es war kein Kinderwochenende. 

Hatte ich mit meiner Frage nach mehr Nähe vielleicht genau das Gegenteil bewirkt? Natürlich war ich froh, dass wir nun einen festen Abend hatten, den Montag, aber waren dadurch alle anderen Tage automatisch ausgeschlossen? Sollte nicht der November besser werden? Oder hatte er sich daran gewöhnt, mich wenig zu sehen?

Zur Hälfte meines Eis wurde mir klar:Realistisch betrachtet war ich Single. Doch mein Herz sah das anders. 

Wahrscheinlich würde es mit Mister Start up ewig nett und unverbindlich weitergehen, wenn ich nicht anfangen würde, zu Zetern. Und dann? Ich stellte mir diese frage und vielen anderen auch.

Und von Julia bekam ich die eine Antwort, die mein Kopf schon hatte, die mein Herz aber nicht hören wollte:

Es bringt so gar nichts, Dich zu verbiegen, damit ein Mann bei Dir bleibt.

Nächsten Samstag wird es also weitergehen. Ob mit Mister Start up oder ohne. Nächsten Samstag werde ich ein Date haben, fragt sich nur mit wem.




Freitag, 22. November 2013

Mut zur Unehrlichkeit - Kindermund tut Elend kund.

Das tolle am Patentantendasein ist, dass man der Jugend nochmal so richtig beim großwerden zusehen kann - ohne dass es selbst nochmal wehtut. oUnd das beste ist, dass man gefragt wird, wie eine Schwester, sich aber gegenseitig weniger auf die Nerven geht. 

Ich hatte das besondere Glück, dass mein Patenkind zehn Jahre jünger war und wir also nicht ganz so weit weg von der Welt der anderen waren. Zugegeben, viele Patentanten gibt es nicht, die mit 31 noch in rosafarbenen Zweizimmerwohnungen leben, mit vier Katzen und Jahr um Jahr ihre Abschlussarbeit vorausschieben - aber das störte mein Patenkind wenig.

An einen Moment erinnere ich mich besonders, da war Jane ungefähr 13 oder 14. Wir aßen eine Pizza und sie sagte mit einen mal ehrlich entrüstet:

Alle Mädchen in meiner klasse bekommen Brüste! Und ich?! Ich bekomme nur Haare unter den Armen!

Ich sagte ihr, dass alle Haare unter den Armen bekämen und sie sicherlich auch bald Brüste. Ich hoffte inständig, dass sie wirklich genügend Brüste bekommen würde - oder am besten genau so viel, wie sie angemessen fand. Und sie bekam ihre Brüste. In dem Punkt war ich wenigstens ehrlich - oder hatte gut geraten. Gras und Brüste wachsen nicht schneller, nur wenn man dran zieht - oder so ähnlich.

Doch dann kam der Tag, als die sagte:

Wird das mit den Jungs irgendwann einfacher?

Und ich sagte, es würde sicherlich einfacher werden. Blödheit der Jungs wachse sich aus. 

Das war schlichtweg gelogen. Das wusste ich, als ich da sagte. Aber was hätte ich denn auch sagen sollen?

Klar! Die bleiben so! Die werden weiterhin die verzogenen, kleinen, egozentrischen Muttersöhnchen bleiben, wie sie mit sechzehn sind.

Darf man jungen Mädchen diese Wahrheit vor die Füße schmeißen? Darf man das vorwegnehmen und die Hoffnung auf Besserung gleich mit?
Ich fand nein. 
Manche Wahrheiten muss jede Frau selbst erkennen. Manchen Frauen bleibt sie erspart. Genau das wünschte ich meinem Patenkind. 

Viele Jahre später, da hatte sie einen unanstrengenden Mann und selbst ein Patenkind. Und an ihr sehe ich, dass es manchmal wirklich einfacher wird. 

Trotzdem hat sie mittlerweile wohl gemerkt, dass ich ihr damals nur die halbe Wahrheit gesagt habe. Aber diese Erkenntnis sei ihr gegönnt. Möge sie bei ihrem Patenkind auch lauter Mut bringende Lügen anwenden, damit nicht die Hoffnung ausgeht.

Und genauso, wie ich unehrlich zu ihr war, bestachen die Kinder um mich herum mit grenzenloser Ehrlichkeit, erst gestern sagte eine neunjährige zu mir:

Warum versuchst du es eigentlich immer mit anderen Männern und behältst nicht mal einen?

Und da wusste ich auch keine Antwort drauf. 

Donnerstag, 21. November 2013

Echtzeit - Alte Liebe

Als ich gestern meinen Eintrag über John schrieb, da war es, als würde dieser Abend wieder ganz nah kommen. Auch alles, was folgte war mit einem mal wieder dicht. 

Dieses Gefühl, jemanden bei kennenzulernen. Der Moment, wo der Funke überspringt. Der erste Kuss. 

Es war, als stünde diese große Liebe wieder vor mir, die ich durch John  kennenlernte. Rückblickend bekam das Versetztwerden einen Sinn, ja ich war John fast dankbar. 

Doch beim schreiben wurde mir noch mehr klar. Ich hatte mein Herz aufgeräumt. Denke ich nun an die alte Liebe, so werde ich nicht mehr wütend. Diese ganzen Ungerechtigkeiten, die Schläge der Vergangenheit, sie Schmerzen nicht mehr. Sie sind wie Narben. Ich kann sie betrachten, aber ich fühle sie nicht. Sie erinnern mich, aber sie schränken mich nicht mehr ein. Nach so vielen Jahren kann ich sie annehmen, als eine gemeinsame zeit, die an ihre grenzen kam. 

Kommt Liebe immer irgendwann an eine Grenze? Oder gibt es diese grenzenlosen Gefühle? Und nicht nur als Episode, sondern dauerhaft. 

Und da sitze ich nun und frage mich: Wird die Liebe weniger kostbar, weil wir nicht mehr gemeinsam den weg gehen? Würde ich auch nur einen Tag missen wollen? Das ganze Drama, das weinen, die Tragik, die nur liebe in den Zwanzigern haben kann? 

Nein. 

Nichts würde ich geben. Doch auch nach der Trennung dauerte es Jahre, bis die Information im Herzen ankam. Mein Herz kann ein ja blitzschnell erkennen und für ein nein braucht es Ewigkeiten.

Dabei war das nein keineswegs eine Überraschung. Ich kann nicht mal sagen, dass diese Liebe mich wirklich glücklich machte.

Richtig große liebe bringt meist richtig großen Schmerz. Wir wussten wohl, dass wir einander nie auf ewig würden ertragen können.

Nichts ging unter 200%. Im Streit wurden Rotweinflaschen an die Wand geschmissen, manchmal setzte er sich in den Zug und fuhr 600km zu mir, nur für einen Kaffee. Es gab Heiratsanträge (die immer zurückgenommen wurden), es gab Geschrei, Tränen und unsagbares (kurzweiliges) Glück. Egal wovon, es war immer zuviel.

Irgendwann konnten wir voneinander lassen, aber loslassen nie.

Manchmal, wenn wir heute telefonieren, wenn er sich nachts im Bad oder im Arbeitszimmer einschließt, weil seine Freundin nichts mitbekommen darf, dann erinnere ich mich an die Unbedingtheit. Dann spricht er davon, bald in den Zug zu steigen, mich bald sehen zu wollen.. Dann fährt er den alten Film. Wir beide wissen, auch wenn er es tausendmal sagt, es wird diese treffen nicht geben. 

Die zeit dafür ist vorbei. Es ist zeit für etwas neues.

Nach so vielen Jahren, nach so vielen Kränkungen bin ich nun gespannt, was als nächstes kommt. Wer oder was wird meine Liebe? 

Fest steht nur das eine: Diese alte Liebe begleitet mich weiter. Ohne Schmerzen.

Mittwoch, 20. November 2013

Rückblende - John, ein fast perfektes Date

Es ist Jahre her - vielleicht sieben oder acht? Sicherlich acht! - da hatte ich so etwas wie das perfekte kennenlernen. Seitdem weiß ich, es gibt diese Momente, an die man sich immer und immer erinnern wird.

Ich hatte mit einer Freundin einen ausgiebigen Einkaufsbummel gemacht. Bei H&M hatten wir unser bewährtes Spiel gespielt: jeder muss zwei besonders hässliche Kleider anziehen. Die waren schnell gefunden. Schon damals hatten die Kollektionen dort einen humoristischen Charme.

Da standen wir nun in der Umkleidekabine - wie Mädels das gerne machen zusammen. Als es ans ausziehen dieser fürchterlichen Klamotten  ging, wurde es allerdings schwierig. Ich zog und zerrte an Anikas Kleid, sie gackerte und während sie feststeckte und ich weiter zog, gab sie mir einen Kinnhaken und ich ging zu Boden. Es war wunderbar.

Mit dunkelroten Köpfen und lachend verließen wir mit ein paar neuen Oberteilen den Laden.

Jetzt muss ich mich mit einem Australier treffen und du kommst mit. Alleine ertrag ich den nicht.

Naja gut. Freundinnen sollten sich solche gefallen tun und so konnten wir auch schneller wieder nach Hause. 

Wir trafen uns in der Oranienburger Strasse.

Der Australier war zwar wunderlich, allerdings nicht so sehr, wie befürchtet. Er war auf Geschäftsreise in Berlin. Die beiden hatten sich über das Internet kennengelernt. Es war Anikas zweites treffen mit ihm und wenn es nach ihr gegangen wäre, hätte es dieses weitere treffen nicht gegeben.

Immer wieder fiel mir ein Mann auf, der auch in der Kneipe war. Er sah aus wie mein Exfreund. Aber er war es nicht. Trotzdem schlug mein Herz jedes mal höher. 

Irgendwann wurde es kalt draußen und der Doppelgänger und sein Freund setzten sich nach drinnen an den Tisch neben uns. Ich merkte, wie mein Kopf glühte und bekam kaum noch ein klares Wort raus.

Dann sprach er uns an. Ich weiß gar nicht mehr wieso. Aber wir rückten kurze Zeit später die Tische zusammen und redeten und redeten.

John war aus Köln und gerade erst nach Berlin gekommen. Er und sein Kumpel schauten sich ein wenig in Mitte um, wussten aber noch nicht so recht wohin.
Er fragte, ob ich in Berlin was nettes kennen würde. 

Natürlich. Die 8mm Bar!

Und was muss ich tun, damit du da jetzt mit mir hingehst?

Mich fragen.

Ich wusste gar nicht, wie mir geschah.. So einfach konnte das doch alles gar nicht sein. Was passierte denn hier? 

Kurz darauf machten wir fünf uns auf den weg.

In der Bar angekommen stellten wir uns mit unseren Getränken auf den Bürgersteig. Drinnen war es voll und stickig. Draußen war ein herrlicher Sommerabend und ich war schon ziemlich betrunken. 

Was muss ich machen, damit du mir deine Nummer gibst?

Erst dachte ich, über meinem dritten Whisky die frage nicht richtig gehört zu haben. 

Frag mich einfach.

Und ehe ich mich versah, fragte er. Also schrieb ich John meine Nummer auf den Arm. Dann torkelten Anika und ich nach Hause und überließen die Männer ihrem Schicksal.

Ich fühlte mich wie in einem dieser sonderbaren Filme, wo die leicht verrückten Frauen doch noch ihre liebe finden und alles ganz einfach wird und die Frau ein bisschen weniger verrückt. Allerdings fragte ich mich auch, ob die Hauptdarstellerin (also ich) vielleicht dem Hauptdarsteller (also John) eine falsche Nummer auf den Arm geschrieben hatte.. Der Gedanke bereitete mir sorgen.

Doch wie das in diesen Filmen so ist, meldet sich der Mann und die etwas verrückte Frau freute sich. Freute sich war untertrieben, ich war der Hysterie nahe.

John machte keine großen Umwege, er wollte ein Date. Gleich am nächsten Tag. 

Und da stand ich nun. Ich war unglaublich aufgeregt. Er allerdings weniger. An Selbstbewusstsein mangelte es ihm nicht - mir am Beginn des abends allerdings am Alkoholpegel. Das änderten wir schnell, wie schon am ersten Abend in der 8mmBar. Stundenlang redeten wir und lachten. Ich konnte das alles nicht fassen. 

Sowas passiert mir doch nicht! MIR! Doch es passierte und auf dem weg zur nächsten Bar nahm John meine Hand und in der dritten Bar küsste er mich endlich. Ich weiß nicht, was mich die Sinne verlieren ließ, das trinken oder das Gefühl, es müsse alles ein Traum sein. John war perfekt. Blonde Locken, clever, witzig, studierte Soziologie... Seine Stimme war unglaublich. 
Alles war unglaublich und ich fand alles gut. 
Er spielte Gitarre - ich fand das großartig.
Er wollte in eine Punk-WG ohne Türen ziehen- grandios!
Unsere Väter waren beide Nerds - Zufälle gibt's! 

Hormone lassen einfach alles Super aussehen. Manchmal sind die aber auch ein ziemliches Arschloch.

Wir knutschen uns durch halb Berlin. Wir haben wohl keinen Hauseingang in der Torstraße und der Oranienburger ausgelassen. Ich hatte keine Ahnung, wie spät es eigentlich war... Und mir war nichts egaler. 

Der Abend endete knutschend auf dem Kreuzberg. John wollte mit zu mir nach Hause, aber ich sagte, das könnten wir gerne nach einem weiteren Date machen. Der eigentliche Grund waren aber meine unrasierten Beine. Außerdem sah meine Wohnung aus, wie nach dem Einmarsch der Russen. 

Wie wäre es mit morgen?

Morgen ist gut.

Aber ich merkte, dass John fand, heute wäre besser gewesen. Mit dem morgen wollte ich einfach zeit für meine Beine und meine Wohnung gewinnen - außerdem klingt es besser, wenn man beim ersten Date nur knutscht.

So ging der perfekte Abend fast perfekt zuende.

Ein paar Stunden später kam ich zurechtgemacht am Mehringdamm an, bereit für das nächste Date.

Ich wartete eine Stunde. John kam nicht. Auch sein Handy war aus.

Und weg war er. Weg war mein perfektes kennenlernen und mein fast perfektes erstes Date.

Ein Jahr später traf ich durch sonderbare Umwege einen guten Freund von ihm. 

Und dieser Freund wurde etwas, was die meisten als eine große Liebe bezeichnen würden. 

Dienstag, 19. November 2013

Mister Start up - Bleib noch eine Weile, auch wenn es nicht für immer ist

Da sitzen wir nun. Wir haben ausgemacht, dass wir reden wollen, also müssen wir das dann auch tun. Es ist ein komisches Gefühl.

Lass uns nicht reden! Lass uns einfach nur küssen, küssen, küssen und vergessen, dass wir da ein riesiges Problem haben! Lass uns die Augen zumachen. Das geht beim küssen am besten!

... Das denke ich. Sagen tu ich's natürlich nicht. Und es würde auch nicht klappen. Mister Start up lässt mich nicht raus aus der Nummer. Verdammt!

Natürlich geht es dann erstmal um mich. Ich versuche, meine Krankheit als Sündenbock für mein verhalten zu nutzen, aber das klappt nur begrenzt. Komischerweise liegt das an mir. Denn ich will die Verantwortung gar nicht abgeben an irgendwelche nicht funktionierenden Botenstoffe in meinem Gehirn. Es ist nicht meine Krankheit, es ist mein Herz.

Also versuche ich mich halbherzig rauszureden, alles kleinzureden und komme nicht weiter, denn Mister Start up sitzt da und schaut mich ruhig und aufmerksam an. Verdammt! 

Und dann sage ich, wie es ist. Ich sage, dass ich mich permanent unsicher fühle. Ich sage, dass mir die Spielregeln fehlen und ich gar nicht weiß, woran ich bin. Ich sage, dass ich ja weiß, dass er denkt alles sei nur eine Episode, aber er müsse mir das nicht ständig vor die Füße werfen - auch nicht auf der Metaebene, sondern bitteschön überhaupt nicht. 

Ich möchte das ignorieren! Das kann ich aber nur, wenn es mir nicht ständig gesagt wird. 

Mister Start up hat viel nachgedacht. Über mich. Über meine impulsiven Reaktionen. Über meine Krankheit im allgemeinen und meine Angst im speziellen. Ich solle mal das Bhagwan Buch lesen, was ich ihm geliehen haben.  

Nein danke. Mich bringt da Bhagwan nicht weiter. Es geht mir um dich. Um den Rahmen. Um unsere Spielregeln.

Und da wird er plötzlich ruhig. Ich sehe in seinen Augen alles. Bedauern. Müdigkeit. Zuneigung. Alles und von allem viel. Und dann werde ich mit einem mal auch müde. Ich möchte nicht Bhagwan lesen und ich möchte auch keine weiteren vergleiche hören, dass ich ein Baum sei, dem nichts passieren könne, der nur im Wind hin und herschwingt. Das möchte ich alles nicht. 

Wenn ich es dir zusage, dann machst du dir Hoffnungen und die werde ich enttäuschen.
Warum braucht es denn einen Namen?

Er meint das wirklich so. Und seine Bedingungen kenne ich. Aber er glaubt mir nicht. Er glaubt einfach nicht, dass ich wissend darauf verzichte. Er will die Enttäuschung nicht aushalten müssen. 

Wir kommen auf keine Lösung. Dabei halten wir einander für sehr clever. Trotzdem suchen wir nach Wörtern und in den Wörtern suchen wir, was das eigentlich alles sein soll bei uns.

Drei Stunden später haben wir keine Lösung. Ein wort haben wir auch Nicht. Nur Müdigkeit. Langsam gehen wir zum Ausgang der Bibliothek. 

Und dann, ganz plötzlich, da greift er mich und küsst und küsst und küsst, als ob er nichts anderes möchte und als ob er das den ganzen Abend schon wollte. Und ich stehe da und fühle einfach nur, dass es vielleicht gar keinen Namen braucht, den er dafür ausspricht. Denn egal was wir sind. Ohne einander wollen wir nicht sein. Zumindest bis auf weiteres.

Echtzeit - Mehr Liebe wagen

Heute ist es also soweit. Acht Uhr. Unibibliothek. Mister Start up und ich wollen reden.

Er sagt, er freut sich, mich endlich wieder zu sehen. Er sagt, ich soll mir keine Sorgen machen. Er sagt, wir müssen besprechen, was mich so aufwühlt und was ich mir wünsche.

Das klingt alles einfach. Es klingt nach eindeutigen Antworten - doch genau die gibt es eben nicht.

Was würde denn passieren, wenn du ihm sagst, wie sehr du ihn magst? Fühlt er sich bedrängt? Oder bekommt er ein schlechtes Gewissen?

Friekes Frage war berechtigt: genau da lag nämlich das Problem. Es ging nicht alleine darum, ihm meine Gefühle mitzuteilen (wusste er die nicht längst?!) ich musste sie ihm so mitteilen, dass er nicht die Flucht ergriff. 

Das ist doch verrückt! Jetzt bin ich dreißig und muss mir darüber Gedanken machen, ob der Mann wegrennt, wenn ich ihn sage, wie sehr ich ihn mag. Da war es ja in der 9. klasse einfacher! 

Wir haben alle dazugelernt in den Zwanzigern, aber Klüger hat es uns nicht gemacht. 

Wieviel Offenheit, wieviel liebe hält so eine serielle Monogamie aus? Oder beschränkt diese Situation ohnehin das Ausmaß an Hingabe? Kann Hingabe dort stattfinden, wo sie zeitlich begrenzt ist? Kann Hingabe da wachsen, wo sie nur eine Zwischenstation ist? Als Aufbewahrungsort für den nächsten und den nächsten und den nächsten... ? 

Wer geht mit der Offenheit das größere Risiko ein? Mister Start up oder ich? Er will mich nicht verlieren, doch nicht alle Hoffnungen könne er erfüllen. 
War es vielleicht er, der auch Angst hatte? 

Am Ende zerreißen verlorene Hoffnungen vielleicht mehr, als nie die Hoffnung aufgegeben zu haben.

Vielleicht hält eure Beziehung mehr Offenheit aus, als du denkst.

Und weil Frieke genau damit recht haben könnte, werde ich es versuchen. Keine 100 Prozent, aber 85 ... Oder 90 .. Es ist ein Versuch Wert. Er ist den Versuch Wert. 

Montag, 18. November 2013

Wenigstens dazugelernt

Ich habe eine neue Postkarte gefunden. Der Spruch beschreibt auf erschreckende Weise mein Jahr 2013.

Ich mache keine Fehler.
Ich Date sie.

Nun ist ja auch dieses Jahr bald rum. 
Folgende Lehren habe ich aus dem Dating ziehen können:

1. egal, wie toll der Mann ist, schreibe dir NIEMALS nur mit einem Mann.

2. egal, was er dir für tolle Dinge schreibt, vor dem ersten treffen meint er dich nicht, sondern seinen Wunsch, was es bei euch werden könnte.

3. schaut er mehrmals auf sein Handy, ist er nicht interessiert.

4. fragt er nicht von selbst nach einem Date, ist er nicht interessiert. 

5. meldet er sich nicht zeitnah nach dem Date, ist er nicht interessiert.

6. nur weil er sich zeitnah meldet, ist er noch lange nicht interessiert.

7. hat er über seinem Bett "This is where the Lars Happens" stehen, dann darf Frau sich sicher sein, dass sie bald einen neuen Mann trifft. Lars bereitet einen nur schon mal drauf vor. 

Ich bin trotzdem dankbar für diese Fehler, die ich gedatet habe. Zumindest waren die lustig. Im Nachhinein frage ich mich jedoch, wie ich das durchgehalten habe, ohne vollkommen durchzudrehen oder gar die Hoffnung zu verlieren.

Vielleicht liegt darin ja die Kunst - dieHoffnung behalten. Vielleicht ist das Ziel nicht der Mann, sondern die Erkenntnis, dass es ohne Mann viel schöner ist - oder auch schön sein kann. Ich hatte meine Lektion in Sachen Dating gelernt - auch wenn ich mir die dreißiger anders vorgestellt hatte.


Samstag, 16. November 2013

Echtzeit - Männer, Frauen und der objektive Blick.

Männer und Frauen sind sehr unterschiedlich, oder?

Mein guter Freund Marcus müsste das wissen. Gelegentlich sitzen wir im gleichen Boot. Wir müssen Signale deuten, offene Fragen aushalten und manchmal einfach damit leben, dass wir das gegenüber nie vollständig begreifen werden.

Ich frage mich, liegt es daran, dass Menschen unterschiedlich sind oder daran, dass Männer und Frauen gemeinsam noch viel komplizierter werden, weil sie einander einfach nicht verstehen.

Ist das muss? Muss das so sein? Und warum verstehe ich dann zwar, wenn Marcus mir erklärt, warum Männer so sind, verstehe die Männer um die es geht aber trotzdem nicht? Oder liegt es an de Beziehungen? 

Ist der Beginn der Beziehung von Männern und Frauen sowas wie der Turmbau zu Babel? Verwirrt die Liebe die Sprache?
 
Und wie kommt es, dass wir von anderen die Geschichten besser erklären können, als unsere eigene? Weil wir mittendrin sind. Deshalb. Weil wir es fühlen müssen. Aushalten müssen. Tag für Tag und Nacht für Nacht. Weil es Fragen sind, die in unserem Leben unbeantwortet sind. 

Meine gehen-oder-bleiben-frage in der Beziehung zu Mister Start up hätte ich als Außenstehende vollkommen anders bewertet. Ich hätte mir selbst abgeraten. Geh, bevor es zu spät ist. Bevor du mit vierzig aufwachst, ohne Kinder und er sagt dir, euer Thema sei bearbeitet, er suche nun eine neue Frau und ein neues Thema. Renn! 

Aber es geht um mich. Und die letzten Tage haben mir mehr als deutlich gezeigt, wie wenig gehen eine Option ist. Es kommt nicht in frage. Dafür mag ich ihn zu sehr. Dafür ist er viel zu anders, als alle anderen vorher. Dafür bin ich noch zu verliebt. 

Und diese Zerrissenheit bringt mich wohl dazu, hin und wieder auszuhaken, Mister Start up doch Worte der Zuneigung herauszuquetschen. Doch es ist der falsche weg und das weiß ich.

Marcus kann mir Mister Start up gut erklären, der kommt dabei allerdings nicht sonderlich gut weg. Manchmal kränkt es fast, aber ich bin dankbar dafür. 

Vor zwei Wochen lagen Mister Start up und ich im Bett und er sagte nur, seine Haare wären furchtbar. 

Das sieht wunderschön aus!

Mister Start up hielt meine Meinung dazu anscheinend für sehr abwegig und hob eine Augenbraue.

Nimm es mir nicht übel, aber ich glaube, du hast da keinen objektiven Blick!

Genau das war es. Und vielleicht war das auch besser so. 



Echtzeit - zeit ist Geld

Mein Mackendoktor sagt, zeit ist Geld und Wertschätzung. Darum sei zeit miteinander wichtig.
Ich überlege einen Moment und versuche dem Drang, erneut wütend auf Mister Start up zu werden zu widerstehen. 

Soso, sage ich. Und denke: und was heißt das nun genau?

Ich hatte nie einen Zweifel an der Wertschätzung von Mister Start up. Das war unser kleinstes Problem. Wenn er etwas konnte, dann wertschätzend umgehen, mit allen meinen Macken, meiner wirren Art, meinem Zorn, mit allem. Allerdings oft nur aus der Ferne.

Aber ist räumliche Nähe denn zwangsläufig menschliche Nähe? Ich kenne viele Paare, die zusammen wohnen, viel zeit miteinander verbringen, sich aber dennoch auf erschreckende weise fremd und weit entfernt sind. Das kann also auch nicht die alleinige Lösung sein. Aber es stimmte, ich brauchte mehr, um emotional satt zu werden. 

Mein Mackenarzt findet es gut, das ich endlich mit der Diplomarbeit beginne. Nicht zuletzt deshalb hegt er großes Interesse daran, dass ich es mir mit dem Mann nicht verscherze. Doch dann lässt er durchblicken, dass er mich versteht. Dass er weiß, woher meine Unruhe kommt. 

Bekomme ich bitte Tabletten? Zwei vielleicht?

Der Mackenarzt gibt mir vier, wohl in der Hoffnung, dass ich mich das nächste mal nicht zu Übersprungshandlungen, wie Kontaktsperren, hinreißen lasse. Einen zeitnahen Termin bekomme ich auch. Fürs erste bin ich beruhigt. 

Den restlichen Tag werte ich mit Freunden die Nachrichten von Mister Start up aus. Eine einhellige Meinung kommt nicht zustande. Schade. Aber in mir drin ist die Meinung auch eher gespalten. Der Mann hat ja recht, wenn er nicht sofort springen will, wenn mir grad danach ist. Würde ich selbst jedem von abraten. Trotzdem soll er wieder gut mit mir sein. Nachsicht haben. Alles. Alles. Alles. ALLES!

Ich grübel hin und her, ob er sich wohl über das Wochenende nochmals melden wird. Wohl eher nicht. Das Vermissen geht weiter.

Doch dann bekomme ich eine Nachricht. Ein Katzenbild und Grüße aus Rostock. Ich atme tief durch.

Wir schreiben und hin und her. Wir lachen. Er sagt, dass er sich auf mich freut und ich verspreche ihm, dass er einen Badezusatz von mir bekommt, wenn wir uns treffen, denn im Herbst müsse man viel Baden.

Prima! Schreibt er und ich denke: Prima! 

Und langsam wird mir klar, dass auch er die zeit ohne einander nicht gut fand. Dass wir einander vermisst haben. Und vielleicht ist Nähe ja das, was Menschen daraus machen. Und vielleicht müssen wir da unseren eigenen weg finden. Daran arbeite ich nun. Und an der Idee, wo dieser weg hinführen soll.


Freitag, 15. November 2013

Mister Start up beherrscht das Spiel

Damit war ja zu rechnen. Mister Start up hatte mich vor, meine zurechtgelegte Choreographie zu tanzen. Er tanzte aus der Reihe und ich flippte aus. Aber so richtig.

Er schlug vor, wir sollten uns an einem neutralen Ort treffen und in Ruhe reden. 

Sofort entspann sich ein anstrengender und aufwühlender Wechsel bin Emails. 

Was hatte ich da nur in Gang gesetzt? 

Alles in mir drehte sich und ich merkte, wie ich langsam Wütend wurde. Auf mich, weil ich damit überhaupt begonnen hatte; und auf Mister Start up, der so gar nicht einsah, weshalb es nun einfach weitergehen sollte, wie vorher - oder besser.

Ich möchte doch nur einfach wieder liebgehabt werden. Die letzten Tage sollen vergessen werden und alles wieder gut sein. SOFORT!

Aber da machte er nicht mit. Er wollte reden. An einem neutralen Ort, einer Bibliothek. 

Ich protestierte, machte ihm Vorwürfe, beruhigte mich halbwegs, protestierte wieder. Doch er hatte recht. In einer Sache hatte er recht: ich hatte angefangen. 

Die sorgen könne er mir nicht nehmen, die würden dazu gehörten, sagte er. Ich sah das anders. War es ein Spiel? Mein, sagte er, ein Spiel sei es nicht, aber auch er hätte nachgedacht. Er glaube, dass ich mir Dinge wünsche, die so nicht stattfinden könnten. Auch wieder war.

Dann merkte er, wie verschreckt ich war und er sagte, er würde mir jetzt gerne helfen, wisse aber nicht wie.

Sag einfach, dass es wieder gut wird.

Mehr wollte ich nicht. Nur das. Das wollte ich dafür aber unbedingt.

Es wird wieder gut :-*

Und dann passierte das, was immer passiert, wenn Anspannung abfällt, dann kommen die Tränen. Viele Tränen. 

Es wird wieder gut. ES WIRD WIEDER GUT! 

Wenigstens das. Das treffen wird anstrengend, aber dann ist alles beim alten. Es ist nicht perfekt, aber ein Ausblick. 

Und nun bin ich nur noch eins: müde. So unglaublich müde.


Donnerstag, 14. November 2013

Echtzeit - Es ging nicht mehr

Ich mache keinen großen Bogen drum, ich nehme es vorweg:

Ich habe mich gemeldet.

Es ging einfach nicht mehr. Ich war fertig mit den Nerven und genug nachgedacht hatte ich auch. An meinem Entschluss würde sich ohnehin nichts mehr ändern, soviel war klar. 

Also schrieb ich ihm eine freundliche Mail. Er sollte nicht das Gefühl haben, Ich sei grimmig oder ich würde ein problematisches Beziehungsgespräch anleiern wollen. Alles sollte unbefangen klingen, mit lustigen links. Für jeden Tag der Funkstille einen.

Nur folgt auf die anfänglich Erlösung, dass nicht mehr durchgehalten werden muss etwas noch schlimmeres: warten. Der Ball lag wieder in seinem Feld. Er war dran. Und er machte.... NICHTS.

Es kam nichts. Keine Mail. Kein Anruf (ok, weit hergeholt, wir telefonieren selten). Keine SMS. Nichts.

Da stand ich nun, von den Tagen der Funkstille noch recht mitgenommen und wartete auf Dinge, die nicht kamen und versuchte mich in Geduld zu üben. 

Die Geduld ging so weit, dass ich nur alle fünf Minuten (manchmal sich alle drei) meine Mails abrief und jedesmal enttäuscht war, dass keine Reaktion von ihm kam.

Ich hing in der Luft. Es war furchtbar. Es ist noch immer furchtbar, denn noch habe ich nichts gehört. Sind das Spielchen? Will er nun auch nachdenken? 

Er soll bitte damit aufhören. Ich habe doch die Funkstille beendet. Ich will wieder liebgehabt werden. Recht schnell bitteschön! Die zeit war lang genug.

Doch alles warten hilft nicht. Ich frage mich, ob ich mit der Funkstille die Falsche Tür geöffnet habe, aber auch das kann ich nicht mehr ändern. So ist es nun.

Morgen ist auch noch ein Tag. Er wird besser. Außerdem ist ein Termin beim Mackendoktor fällig. Das kann ja was werden. Da hilft nur eins: Blick nach vorn.

Dienstag, 12. November 2013

Mister Start up - Funkstille Tag 4

An diesem morgen wachte ich auf und fühlte mich traurig. Eine von diesen riesigen Traurigkeiten, die einen fest im griff haben, wie die Ringer aus dem russischen Olympiateam.

Ich wusste ja, dass die Trauer kommen würde, aber dachte, sie wäre bescheidener und würde weniger Raum einnehmen. Es war erst Mittwoch und bis Freitag wollte ich in jedem fall durchhalten. Natürlich war es eine halbwegs willkürliche Festlegung - halbwegs deshalb, da ich jetzt bereits wusste, dass ich es nicht beenden würde, ihm aber eine Funkstille bis "gegen Wochenende" angekündigt hatte.
Ein "bis ich zuende nachgedacht habe" wäre sinnvoller gewesen. So einen Fehler würde ich nicht noch einmal machen.

Obwohl... WÜRDE?! So einen Fehler MACHE ich nicht mehr. Verdammt. Liebe kennt keinen Konjunktiv.. Das sollte ich langsam mal geschnallt haben.

Auf dem weg zur Arbeit laufe ich (morgens um acht) in zwei bummsvolle junge Männer. Die haben Freude, denke ich. Wärend die beiden ihr Bier in sich hineinschütten begnüge ich mich mit Kaffee und zähle die Tage und Nächte, bevor ich mich bei Mister Start up melden kann ohne komplett das Gesicht zu velieren. Vielleicht sollte ich am Wochenende auch tanzen gehen. Oder trinken. Oder beides. Und dann auch bummsvoll durch die Strassen laufen. Aber das passt nicht zu mir. Also werde ich es lieber lassen. Die betrunkenen schunkeln hinter mir her, während ich versuche einen klaren Gedanken zu fassen. Ich könnte die beiden ja nach ihrer Meinung fragen.. Na... Lieber nicht.

Gegen abend ist die Traurigkeit noch immer nicht weniger. Auch die Unruhe wird immer größer - und ich immer Kleiner. Dass der Bus, den ich heute nehmen musste direkt bis zu ihm fährt tat sein Übriges. Abwarten ist doch Scheisse. Eigentlich will ich das gar nicht.

Ich weiß doch genau, was ich will. Und wenn ich das habe, dann wird es besser. Ganz sicher.

Mister Start up - Funkstille Tag 3

Willkommen brennende Wut! 
Endlich bist zu da. Ich fragte mich schon, wann du auch endlich dazu kommst! Hurra! Setz dich doch bitte. Dein weg muss lang gewesen sein, du hast auf dich warten lassen, aber so kennen wir es ja von dir.

Ein paar deiner Freunde sind schon da!

1. die Verzweiflung - sie trägt uns gerade vor, wie aussichtslos alles ist und dass Mister Start up wohl nie zur Vernunft kommen wird. Außerdem hat die Verzweiflung die Ansicht, dass es keinen besseren gibt, dass Funkstille doof ist, er könnte sich nach wem anders umsehen.. Die Verzweiflung plustert sich manchmal furchtbar auf.. Und dann war es das.

2. die Eifersucht. Du hast recht, liebe Wut, mit diesem Gefühl wird niemand gerne gesehen. Macht nämlich kolossal hässlich. Die Eifersucht hat sich aber selbst eingeladen. Die hat bereits erläutert, dass es ja eine Exfrau gibt, die das alles hatte, was ich gerne hätte und dann den Mann verkorkst zurückgelassen hat.

3. das große Gefühl. Es war einfach da. Es war sogar da, bevor die Einladungen zur großen Funkstilleparty verschickt wurden. Das große Gefühl sagt, es wird alles irgendwie, so lange es am Tisch bleiben darf und moderiert. Vermittelt. Das grosse Gefühl hat zwar nicht die größte Klappe, aber alle hören drauf. Leider hat es manchmal komische Ideen.. Sich einfach bei Mister Start up zu melden zum Beispiel. Das grosse Gefühl glaubt, er ist es Wert.

4. die Hoffnung. Die kommt ja eigentlich immer, wenn das große Gefühl da ist. Immer gibt es die im Doppelpack. Aber die Hoffnung ist mal stärker und mal schwächer.. Nachdem ich im Frühjahr so gerupft wurde, ließ auch die Hoffnung Federn. Vielleicht sollte sie mal in die Reha.

5. die Ungeduld. Ja, die ist auch immer da eigentlich. Die Gehört bei mir dazu. Die redet und schreit und tobt, dass Mister Start up ihr fehlt. Schnell soll alles vorbei gehen. Die Ungeduld will die Wut und die Eifersucht in den griff bekommen, denn nur so kann sich auch wieder liebgehabt werden. Reißt euch zusammen! Schreit die Ungeduld. Aber Ruf endlich an! Schreit die Ungeduld hinterher. Um zu bekommen, was sie will ist ihr jedes mittel recht.

Nun sitzen wir alle beisammen.

Bestimmt kommt die nächsten Tage noch der ein oder andere Gast. Trauer zum Beispiel oder auch die Müdigkeit.. Oder der Stolz und die Sturheit. Genau deshalb kann ich noch nicht anrufen. Ich habe noch nicht alle Besucher empfangen, noch nicht alle Standpunkte gehört. Wenn ich mich jetzt schon melde, dann erfahre ich nie, was die mir sagen wollten.. Dann werden sie immer und immer wieder an die Tür meines Herzens klopfen, in den blödesten Momenten. Dann lieber jetzt alle auf einmal und eine Lösung finden. 

Leider setzte sich auch noch eine schlimme Eigenschaft dazu.. Sie heißt:"höre traurige und schmalzige Musik!" .. Vielleicht sollte ich mir Freitag als Deadline setzen, sonst raunt sie mir noch zu, ich solle mal R'n'B anmachen und das geht nun wirklich zu weit, da sind sich alle einig.

Und dann einigen sich die Gefühle auf ein Lied. Und es passt.

Montag, 11. November 2013

Mister Start up - Funkstille Tag 2

Bis jetzt habe ich durchgehalten. Die ersten Tage sind das schwerste, aber von Lob für meine Sturheit fühle ich mich noch weit entfernt.

Also vertreibe ich mir die Zeit. Bereits dreimal hörte ich das Nirvana Unplugged Album und erstelle dabei Pro- und Kontralisten.

Schnell wird mir klar, dass es mehr Pro als Kontra gibt. Das ist schon einmal ein guter Anfang. Allerdings merke ich auch, dass viele Dinge die ich brauche auf der Kontraseite wichtig sind, damit ich gut schlafen kann.

Mister Start up sagt, Beziehungen zwischen Menschen wäre kein Tauschhandel. Da hat er recht. Aber sind Kompromisse auch ein Handel? Ich traue mich kaum nach Kompromissen zu fragen, ohne in diese Falle zu tappen.

Auf der Proseite sind viele Dinge, bei manchen bin ich mir allerdings nicht sicher, ob ich die einfach nur schön finde und sie eigentlich keinen Einfluss drauf haben, dass wir es miteinander aushalten.

1. schöne Betthaare

2. ich kann mit den Fingern zwischen seinen Leberflecken auf dem Arm hin- und herspringen, als würde ich Klavier spielen

3. er kann über Hitler lachen 

Zählt sowas? Also die kleinen Dinge? Zählt, dass er seine eine Augenbraue heben kann und dass er noch dazu unglaublich stark ist?
Bringt mir das Klavier spielen auf Leberflecken wirklich so viel, dass ich es gegen eine feste Bindung (die Mister Start up nicht will) eintauschen kann?

Und kommen seine Kinder nun auf die Seite für positives, weil er glaube ich ein toller Vater ist, oder zum negativen, weil sie zu der ganzen Struktur gehören, die ihm Nähe unmöglich macht? Hebt sich das vielleicht gegenseitig auf und die kommen nirgendwohin? Darf man zu Kindern aus der ersten Ehe überhaupt so eine Meinung haben? Fallen Kinder womöglich, wie die Exfrau, unter Altlasten? Aber nicht mal gegen die Exfrau habe ich etwas.

Und was würde er auf die Liste über mich schreiben? Der Gedanke erschrickt mich. Schnell schiebe ich ihn beiseite. Ich habe noch nicht vor in seinen Schuhen zu laufen. Das hat bis Mittwoch Zeit.

Langsam weicht die kraft aus mir und ich will, dass diese Woche rasch zuende ist. Hauptsache bald Freitag. Aber was mache ich dann eigentlich?

Meine Mama sagt: Katharina, so ein Katz und Maus Spiel wollt ihr doch gar nicht. Sie kennt mich gut. Sie hat recht, es passt nicht. Es soll ja auch kein Spiel sein. Ich will ihn ja nicht brechen, ich möchte wirklich nachdenken. Durchatmen. Und versuchen zu schauen, ob ich ihn so sehr vermisse, dass es alles andere aufwiegt.

Stand der Dinge heute Abend, am zweiten Tag des Elends: ich will ihn zurück. So schnell es geht.

So ist wohl die liebe in den Dreißigern. Anstrengend

Sonntag, 10. November 2013

Mister Start up - Funkstille Tag 1

Ich hatte es so gewollt. Es war meine Idee. Zurückrudern war also unmöglich.

Oder wusste ich die Antwort bereits? Es war kaum vorstellbar, dass sich meine Meinung ändern würde.

Ich wollte ihn behalten. Mit allen Ecken und Kanten. Ich wollte, dass er bleibt.

Aber weshalb nun auch die nächsten sechs Tage mit dieser Erkenntnis rumrennen? Ich könnte ihn einfach anrufen. Ich könnte sagen, dass es ein Fehler war. Mein Fehler. Dass ich kein Drama wollte, sondern einfach nur ihn, wenn es nicht anders zu machen war, dann eben nur alle zwei Wochen. Hauptsache er.

Aber noch etwas anderes war mir klar und daher wusste ich, dass ich diese zeit durchhalten musste, ohne mich vorher zu melden: Auch er sollte Gelegenheit zum nachdenken bekommen.

Um diese zeit der Ruhe wollte ich uns beide nicht bringen. 

Was er wohl gerade macht? Denkt er an mich? Kommt er überhaupt dazu, an mich zu denken, wo er doch Kinderwochenende hat. Ist es ihm egal? 

Meine Schwester sagt immer: egal wie viele Ideen man hat, was der Grund für das verhalten der Männer sein könnte, es ist immer die eine Möglichkeit, auf die man nicht kommt - außer er steht einfach nicht auf einen. 

Also verbrachte ich meinen Nachmittag auf dem Sofa mit Wärmflasche und sah dreimal Bridget Jones und einmal SatC. Es war trostlos. 

So würden also auch die nächsten Tage werden. Am Rande des Wahnsinns..

Samstag, 9. November 2013

Echtzeit - Der erste Abend

Als ich mich um halb zwei vom babysitten auf den weg nach Hause mache Strahlen die Sterne mich an. 

Sofort denke ich an Mister Start up. Gestern erzählte er noch, wie er mit seinem Sohn am Küchentisch sass und sie sich über den Mond und dieSterne  unterhielten. Richtige Männergespräche. 

Weil ich einen freien Kopf bekommen will und es nur drei Stationen mit der ubahn sind, entscheide ich mich zu laufen.

Die Nacht ist klar und wunderbar.

So gerne würde ich ihm nun schreiben. Ich würde ihm schreiben, wie wunderschön diese Nacht und der Himmel ist. Ich würde ihm schreiben, dass ich Wunderbare neue Bücher im Antiquariat gefunden habe. So viel gibt es, was ich ihm sagen möchte.

Aber ich schreibe nicht. Ich möchte ja nachdenken. Es war meine Idee und die muss nun auch durchgezogen werden, auch wenn es weh tut. 

Und so spaziere ich nach Hause. Stelle mir vor, wie es wäre, wenn wir eine Lösung finden. Und während ich das tue laufen mir langsam die ersten Tränen herunter und ich beginne bitterlich zu weinen. 



Echtzeit - Die Last der plötzlichen Erkenntnis

Es traf mich wie ein Blitz. Vollkommen aus dem nichts kam es, aber dafür umso deutlicher.

Du brauchst mehr. Aber dieses "mehr" wirst du bei Mister Start up nicht finden.

Natürlich gab es hier und da Dinge, die dazu beigetragen haben, dass die Erkenntnis mich einholte, aber wann der Moment des Zuviel mich ereilen würde, das konnte ich nicht Vorhersagen.

Mister Start up hatte es sich zur Aufgabe gemacht, dass ich meine Abschlussarbeit anging. Er wolle, dass es mir besser ging, sagte er. Ich liebte und hasste ihn dafür zugleich. Er hatte zweifelsohne recht, meine Barrieren ließen mich nachts wach liegen und es wurde damit immer schlimmer.
Also heftete ich nun jede Woche eine Aufgabe an die Tür, sowas wie "Literaturliste" oder "Zeitungsartikel besorgen". Kleine Schritte. Ich erledigte die Aufgaben und Mister Start up war voll des Lobes und ich sah Licht am Ende des Tunnels.

Meine innere Anspannung hatte sich durch dieses Projekt allerdings deutlich erhöht. Barrieren wollten überwunden und Ängste beseitigt werden. Es war eine Qual. Es ging mir, wie es alles Menschen geht, die lange liegen Gelassenes endlich angehen - Elend.

Mister Start up tat sein bestes. Er lobte. Er motivierte. Er brachte mich dazu, nicht den hundertstens Schritt vor dem dritten zu gehen.

Doch er war nicht da. Alles wurde nur geschrieben oder per Skype besprochen. Mister Start up wurde nicht müde zu betonen, wie gerne er mich nun in den Arm nehmen würde. Aber er war nicht da. Es gab keine Umarmungen. 

Und die diesem Moment merkte ich sehr deutlich, was ich brauchte: keine Worte über Nähe, sondern wirkliche Nähe. Zeit. Hingabe.

Doch ich kannte unseren Deal, das alles sollte es ja nicht geben, oder nur sehr dosiert. 

Unsere Kalender waren vollgepackt. Wir trafen uns kaum mehr als einmal in der Woche. Es war mir eine Qual. Schon während der treffen hatte ich Angst vor der zeit danach. Ich traute mich kaum nach Verabredungen zu fragen, aus Angst, er könne sich eingeengt fühlen. Dabei kam ich mir unglaublich bescheuert vor und schwach noch dazu.

Als also wieder eine Woche bald herum war, inklusive Dauerarbeiten bei mir und Kinderwochenende bei ihm, stellte ich die frage nach dem nächsten treffen. Es war Freitag und ich fragte nach dem kommenden Montag. Mister Start up hatte keine zeit. Ich versuchte meine Enttäuschung zu verbergen, schnell eine Lösung zu finden. Dann der Montag drauf? 

So weit im voraus möchte ich mich nicht festlegen.

Es traf mich wie ein Schlag. Er wollte sich keine zehn Tage ihm voraus festlegen? Was sollte denn das? Und vor allem: was sollte das heißen? Alles drehte sich.
Alles in mir hatte sich erschrocken zusammengezogen. Verkrampft. 

Einige Stunden und viel Kopfzerbrechen später schrieb ich ihm, ich wolle mich ein wenig sortieren. Vielleicht wäre es gut, wenn wir uns bis zum nächsten Wochenende nicht hören würden. 

Mister Start up war erschrocken. Er entschuldigte sich für seine Worte. Nun hatte ich den Ball zurückgespielt. Sehr unerwartet, wie es schien.

Er wolle mir nicht widersprechen, er sei keine Idealbesetzung für Nähe, dass sei ihm bewusst. Meine Worte würden sich nicht gut anhören. 

Doch an den Worten konnte und wollte ich nichts mehr ändern. Ich brauchte Raum und Ruhe. Und so begann sie nun. Die Woche ohne Mister Start up. Es wird einsam werden. Er fehlt mir schon jetzt.