Donnerstag, 22. August 2013

Marco - Ein besserer Mensch auf einen Schlag

Marco war schon seit einigen Tagen immer wieder auf meinem Profil. Der schreibt, oder er lässt da bleiben, dachte ich mir. 

Irgendwann schrieb er. Sein Profil war wirklich gut. Was er schrieb gefiel mir und seine Bilder waren auch gut. 

Es entspann sich eine eher langweilige und schleppende Abfolge von Mails. Eines abends fragte er dann, ob ich auch Skype hätte. Habe ich. 

Natürlich hatte ich ihn bereits gegoogelt, denn er hatte mir seinen Beruf genannt - dieser kommt aber erst zum Ende der Geschichte hier, als Krönung sozusagen.

Also unterhielten wir uns über Skype. Auch am Bildschirm gefiel er mir und wir fanden sofort Themen. Jedenfalls war es nicht so langweilig wie die Mails. Allerdings waren wir auch nicht aus einer Stadt. 
Mir persönlich kam jemand aus einer anderen Stadt erstmal nicht ins Haus. Chris Norris hatte gereicht. 

Dann wollte er sich mit mir über Gott unterhalten. Kein Problem. Gott kann ich. In dem Thema bin ich gut. Und auch er war in dem Thema gut. Ein Pluspunkt war das allemal. Er las mir auf Spanisch das Vaterunser vor. Irgendwie war das charmant.

Marco schien nicht immer den leichten weg gegangen zu sein. Er sprach das nicht aus, aber irgendwie fühlt ich es. Es umgab ihn eine gewisse Traurigkeit. Ich fragte nicht.

Er überlegte derweil laut, wie unsere Kinder aussehen würden. Soll er mal. Den treffe ich eh nicht. Und das macht auch nichts. 

Da er Latino war ließ er sich irgendwann zu dem Kommentar hinreißen, dass der Arsch einer Frau gar nicht groß genug sein könnte und um mich sei es da ja auch sehr gut bestellt. Soso. Naja. Stimmt schon. Trotzdem besteh ich ja nicht nur aus Arsch.

Also redeten wir wieder über Gott und der sagte, wenn ich ihm das Ave Maria erkläre, würde er mich sofort heiraten. Schon klar.

Ein Ave Maria und ein riesiger Arsch reicht. Das hatte Vorteile. Trotzdem kam mir da alles schon recht merkwürdig vor. Es war wie im Zeitraffer.

Dann begann Marco, während wir telefonierten Mails zu schreiben und dramatische Musik auf Youtube zu hören. Er wusste genau, wonach er suchte und die Lieder wurden immer dramatischer und jammeriger, während Marco immer schweigsamer wurde.
Seine Mails wurden sonderbarer. Es kamen Sätze wie:

Ich habe eine sehr große dunkle Seite.
Jeden Tag kämpft meine Gegenwart mit meiner Vergangenheit.

Es war höchst verstörend.

Ab und an fragte ich nach, ließ ihn überwiegend einfach seine kryptischen Mails verfassen und betrachtete mich selbst auf dem Display. Irgendwann schrieb er allerdings:

Ich habe meine Exfreundin geschlagen.

Das war nun keineswegs kryptisch. Und ignorieren konnte ich's auch nicht. Es war zeit für eine Nachfrage. 

Marco schrieb, er würde es nicht tolerieren, wenn jemand illoyal sei und sie hätte sich den Hieb redlich verdient. Das machte es nicht besser. Ich fragte, ob er es denn bereue, was er getan hätte.

Eigentlich sollte sie mir dankbar sein, so wird sie sich nie wieder Benehmen, sie wurde dadurch ein besserer Mensch.

An dem Punkt wurde es mir zu bunt. Ich fühlte mich, als sei ich Widerwillen in eine Theatervorstellung geraten. Ich fühlte mich benutzt und vollkommen verarscht. Außerdem hielt ich ihn für verrückt. Vergeblich suchte ich den Punkt, an dem das Gespräch gekippt war und fragte, ob er das mit allen Frauen so anstellte, um zu testen.

Dann wurde es mir reichlich zu blöde und ich legte auf. Mehrmals versuchte er mich anzurufen in dieser nacht. ich ging nicht ans Telefon. Er wurde wütend und sagte, ich müsse nun gefälligst und sonst hätte ich ihn für immer verloren. Das war zugegeben eine sehr verlockende Idee. Also ließ ich auch die weiteren Anrufe unbeantwortet. 

Marco tobte. Ich konnte ihn förmlich in den Mails toben hören. Dann sagte ich ihm mit Nachdruck, er möge nun aufhören sich zu melden, das wären alles etwas viele Informationen gewesen. 

Dann passierte etwas sonderbares. Er wurde scheinbar ruhiger. Er sagte, alles würde gut werden und Gott würde mir den weg weisen. Ahja. Na davon ging du ohnehin aus. Aber erstmal wollte ich eh, dass Gott mich an einen Ort weit weit weg von diesem verrückten Mann führen möge.

Mittlerweile war es halb vier. Ich hatte diverse Segensbekundungen und Beschimpfungen unbeantwortet gelassen. Trotzdem fühlte es sich sonderbar an, dass genau Marco dachte, mir den weg weisen zu müssen. Es war hinky - es gibt kein besseres Wort dafür.

Auch die nächsten Tage und Wochen klebte er an meinem Profil. Angeschrieben hat er mich nie wieder. Hoffentlich bleibt es dabei.

Ach ja, von Beruf war er Selbstverteidigungstrainer für Frauen. Sachen gibt's.. 


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen