Montag, 29. Dezember 2014

Echtzeit - Zwischen den Jahren.

Heute nur ein paar kurze Gedanken, bevor ich schlafen werde.

Der Tag brachte keine Antworten, keine Erleichterung, keinen wirklichen Moment des Aufatmens. Und doch bin ich nicht zerschlagen.

Ich schreibe und lese und finde die Normalität. So viel Normalität, wie nach diesem Jahr eben möglich ist. 

Doch nach alledem stehe ich hier und sage: es hat mich verwundet, aber nicht umgebracht. Dinge sind mühseliger geworden - aber macht Erkenntnis nicht alles mühseliger?

Also sortiere ich mich, innen und aussen. Lösche Bilder, sortiere kommoden. Erledige Papierkram und schreibe Menschen, dass ich an sie denke und mich bald wieder melden werde. Sortieren. Aussortieren. Alles auf Anfang.

Ich wünschte, ich könnte mein Herz mehr beeinflussen. Ich wünschte, ich könnte Friederike weniger vermissen und die Männer, die mich nicht wollen, weniger mögen. Ich wünschte, ich hätte nicht verstanden, dass es keine unendliche Zeit gibt, die uns zur Verfügung steht. 

Ich habe nicht mal Fragen. Keine. Es gibt nichts unausgesprochenes, was mir auf der Seele brennt. Es gibt keinen gemeinsamen weg und irgendwann wird es mir als das beste erscheinen.  

Irgendwann wird das alles verblassen, so wie die Dinge alle verblasst sind. Wie dramatisch war Mister Start up, als er mich vor genau einem Jahr verließ? Und wie egal ist er zwölf Monate später.

Was bleibt schon übrig von Verbundenheit, wenn sie nur von einer Seite stattfindet? Nichts. Und vielleicht ist das ganz gut. Denn so hilft es loszulassen. 

Menschen und ihre Geschichten sind austauschbar. Doch einige wenige nicht. 

Baby, zieh dich warm an, wir gehen ne Runde!

Also laufen Lars und ich durch den Schnee. Ohne ein Wort. Einfach laufen und tief einatmen. 

Nimm meinen Arm, sonst fällst du noch.

Und so gehen wir nebeneinander her und ich beginne leise zu weinen. Und ich muss gar nichts sagen, weil Lars eh alles weiß. Weil er mich kennt, so kennt und viel zu oft so erlebte im letzten Jahr.

Ich hoffe, ich kann dir ein guter Freund sein.

Ich schaue müde. Lehne mich an und denke nur: seit bald zwei Jahren. 

Ich kann dich heute noch nicht bei mir zuhause haben. Sage ich leise.

Ich weiß.

Also laufen wird langsam zurück durch den Schnee. 

Mach dir nen Film an oder so, geh früh schlafen, meld dich, wenn was ist. 

So endete mein Tag. Mit Film und neuem Mut. Es braucht gar keine neuen Menschen, wenn wir unsere Augen für jene öffnen, die da sind. Die uns guttun. Die anrufen, wenn wir selbst keine kraft haben zum Hörer zu greifen.
 
Und die uns lieben. So wie wir sind.






Sonntag, 28. Dezember 2014

Echtzeit - Mut es zu wagen

Das war also Weihnachten. Wieder mal.

Dieses Jahr hatte ich das Glück, das Fest mit jemandem zu verbringen, der mir sehr am Herzen liegt.

Frau K, suchen Sie sich wen, der Sie auch aushält! Würde mein Psychiater sagen.

Baby, du weißt, das führt zu nichts! Habe ich Lars noch in Ohr.

Es ist die Art, wie er Dich ansieht! Sagt meine wunderbare Freundin.

Sie alle drei haben Recht und Unrecht zugleich. 

Diese Geschichte werde ich nicht näher erzählen. Vielleicht auch nur NOCH nicht. Wer weiß. Fest steht, wir kennen uns recht lange. Nach der Trauerfeier wurde unser Kontakt enger. Irgendwann war er ein Teil von mir geworden. Still und heimlich. Dafür nachhaltig. 

Eine klassische Verliebtheit hatte ich übersprungen, das mag an der Zeit liegen oder an der engen Freundschaft.

Er war mein Mister Darcy. Ich war Bridget Jones.

Und nachdem er Heiligabend jeden Leberfleck meines Körpers geküsst hatte, die Kommode angefangen hatte zu brennen, weil wir die Kerzen vergessen hatten und er einen Tag später meine liebe Freundin Malwine kennenlernte, da merkte ich klarer und klarer, wie verbunden ich mich fühlte.

Baby, Frauen fühlen sich immer irgendwann verbunden, wenn sie einen nackt kennen! Sagte Lars am Telefon.

Aber das war es nicht. Es war die Art, wie ich mich angeschaut und angenommen fühlte. Es war vollkommen. 

So vergingen fünf Tage voller Küsse. 

An dieser Stelle sollte ich wohl den Gutschein erwähnen. Aus scherz hatten wir abgemacht, ich würde einen Gutschein zu weihnachten über Sex bekommen. Ich bekam ihn nicht schriftlich. Dafür jeden Abend die Gelegenheit, diesen erneut einzulösen.

Er wird wegfahren und es wird kompliziert. Glaub mir! Kläre das vorher! Sagte Jenne. Also versuchte ich mich in Klarheit.

Ich schrieb, dass ich ihn sehr mögen würde, dass es sowas nicht überall gibt, einen Menschen, dem man so sehr vertraut, aber den man auch immerzu küssen möchte. Und ich schrieb, ich würde das Risiko eingehen.

Sagen wir vorab - ohne Details zu nennen - dass er auch kein leichtes Jahr hatte. Dass er innerlich noch unsortiert ist. 

So ist also der Rahmen. Und genau um jenen ging es dann bei ihm. Der sei ja klar gewesen. Natürlich finde man das nicht überall. Ich sei ihm sehr wichtig. Ob die letzten Tage denn alle von mir als Strategie zu sehen sind, ihn in eine Richtung zu beeinflussen.

Nein. Das waren die Tage in keinster Weise. Aber wenn ich eines aus diesem Jahr gelernt habe, dann ist es, dass man aussprechen muss, was man mag. Dass man zeigen muss, wen und was man liebt. Wir bekommen nichts geschenkt, außer die Demut, die wir uns selbst zutrauen, gegenüber Dingen zu entwickeln, die wir nicht ändern können.

Ich kann nicht ändern, dass er sagt, er sei nicht verliebt. Ich kann auch nicht ändern, dass ich nicht verliebt bin - ich bin viel mehr als das. Aber ich habe Dankbarkeit für diese Woche. Dankbarkeit für die Tage, an denen ich mich aufgehoben und geliebt fühlte. Dankbarkeit für die kleinen Momente.

Also verlässt er dieses Jahr ohne mich und ich ohne ihn.

Er wird das hier kaum lesen. Ich habe ihn aus Listen entfernt, Nummern gelöscht, Chats archiviert. Er ist weg. 

Noch immer riecht mein Kopfkissen nach ihm. Sein Geschenk halte ich im schlaf in der Hand. Und sende ihm, von Herzen alles gute und dass er finden möge, wonach er sucht.

Er sagte, ich sei ihm ein großes Geschenk. Er sagte, ich lasse ihn wachsen. Was das alles bedeutet, das kann nur er entscheiden. In den Momenten, in denen er ganz alleine ist mit sich. Zurückgeworfen auf die eigenen Gedanken und Verletzungen. 

Es dauert zehnmal so lange, sich zusammenzufügen, wie es dauert, zerschlagen zu werden. Wir durften einander ein Stück auf dem Weg begleiten, wieder komplett zu werden.

Was bleibt ist die Hoffnung auf jemanden. Denn es gibt ihn. Irgendwo.

Und egal, wo du gerade bist und das liest, ich möchte dir Hoffnung machen! Hoffnung auf das ganz große! Aber auch Hoffnung auf Kurzgeschichten. Hoffnung auf den Mut Mauern fallenzulassen. Denn genau dafür sind wir da.



Freitag, 12. Dezember 2014

Accra - Hier war ich ja noch nie!

Um mal vorweg zu greifen dieses "hier war ich ja noch nie" bezieht sich auf Lichtenberg, was aber viel später auftaucht.. Ok, in Accra war ich auch nie, aber als Berlinerin liegt Lichtenberg doch erstmal näher.

Diesen Mann - ich werde ihm im folgenden Accra nennen - hatte ich von einer bei entdeckten Dating-Seite.

Geh dahin, dort ist weniger Pöbel.

So oder so ungefähr hatte es der beste Freund meiner Schwester gesagt, als wir im Herbst in einer Charlottenburger Kneipe saßen und tranken. Wahrscheinlich Kaffee - an dieser Stelle lasse ich mich auch gerne korrigieren.

Aber das alles führt zu weit. Tatsache ist, dass Rico meinte, da sei die beste Ausbeute und ich solle mal schauen. Außerdem viele, viele fragen zu beantworten, das sei aufschlussreicher.

Mein neuer Account hatte den gleichen Namen, wie auf den anderen Seiten - aus Prinzip heisse ich überall gleich. Bilder waren auch dieselben, es konnte losgehen.

Ich schrieb Accra an, denn er hatte die Frage, ob ein Atomkrieg eine spannende Sache wäre, mit "ja" beantwortet. Da fragte ich nach.

Drei Tage Email Geschreibe später, liefen wir durch Friedrichshain, auf der Suche nach einer Kneipe, die eigentlich nett war, aber wohl nur im betrunkenen Zustand auffindbar. Auf dem weg dahin, erzählten wir uns gegenseitig unsere Schrullen, die schrägsten Angewohnheiten. Wir waren so ungefähr gleichauf, möchte ich mal sagen.

Er hörte mongolische Kehlkopfsänger und hatte auf youtube eine schöne Reportage über Rocker gefunden, die er regelmäßig sah. Ich schaute zum einschlafen entweder Predigten von Salafisten oder Dokumentationen über Ulrike Meinhof. Wir waren uns einig, wir waren da auf Augenhöhe.

Auf dem Weg durch die Straßen lachten wir, redeten gleichzeitig und viel zu schnell. Wir rannen von einem Thema zum nächsten und lachten und stolperten und verliefen uns. Aber es war egal.

Endlich angekommen standen wir vor dem Eingang und es machte sich für einen Moment eine sonderbare Stille breit. Endlich sagte Accra:

Na dann! 

Na dann! 

Antwortete ich und auf dem Weg in die Kneipe legte er mir die Hand auf die Schulter... Na dann... 

Ein paar Bier später fanden wir uns in durchgesessenen Kinositzen wieder, redeten noch immer wirr und merkten, dass wir so unterschiedlich gar nicht waren. Accra hatte Literaturwissenschaft studiert und alleine das machte ihn grandios. Danach noch etwas anderes.. Was mit IT oder so. Er hatte einen Humor, der sowohl Grenzwertig, als auch clever war. Er kannte natürlich meine liebsten Bücher und wir waren uns einig: von Büchern kann man niemals genug haben!

Ich bemerke gerade, ich habe ihn noch nicht beschrieben!!! Das war nämlich noch so eine Sache: ich fand ihn ziemlich gut. Accra hatte hellblondes Haar. Er sah so aus, als müsste er bald zum Friseur, trotzdem konnte ich mir nicht vorstellen, dass eine "gerade vom Friseur"-Frisur bei ihm wirklich gut wäre. Er war kein strich in der Landschaft und kein Quadrat. Er kam aus Wilhelmshaven und das hörte ich.. Er schien teilweise sehr organisiert und gleichzeitig herrlich wirr. Alles war stimmig. Leider hatte er keine Brille, aber der leichte rötliche Stich in seinem blond machte alles wett.

Da saßen wir und überlegten und lachten und dann nahm er meine Hand.
Geht schnell, dachte ich. Es war mir nicht unrecht. Meine Frisur sah desolat aus. Meine Haut war zwar verhältnismäßig gut, aber das war nur eine Frage der Zeit. 
Ich hatte mich in meine Fett-weg-Hemden gezwängt und ansonsten einfach ein tshirt aus dem Schrank gerissen. Leider war es in der Kneipe recht warm und ich gemerkte, wie ich und meine formende Wäsche langsam zu zerfließen begannen. Hot-yoga kann kaum schlimmer sein, dachte ich nur. 

Und ganz auf einmal im reden, irgendwo zwischen mongolischen Kehlkopfsängern und den top 5 unserer Bücher, küsste mich Accra. 

Was das angeht, so lieferte er weitestgehend eine solide Leistung ab. Ich fing nicht an, zu schweben, aber ich wollte auch nicht wegrennen.

Der Abend endete um vier an der Straßenbahnhaltestelle. Ob ich mitkommen wolle, fragte er, stellte dann jedoch fest, dass er die Antwort wisse.. Natürlich würde ich nicht mitkommen. Da hatte er recht. Der Grund war nicht, dass ich es nicht wollte, sondern, dass ich einfach warten wollte und überlegen. Dazu sollte ich Gelegenheit bekommen. 

Ein letzter kuss an der Haltestelle und danach folgte.. Stille. Drei Tage. 

Auch wenn wir so viel geredet hatten, seinen Namen wusste ich nicht. Nicht mal seine Nummer hatte ich. Er war quasi weg.

Krone richten! Weitermachen! Sagte Rico nur. 

Also machte ich weiter.. Ich schrieb ihm kurz eine mail, dass es ein schöner Abend war, aber küssen für mich immer mehr sei, als mal kurz auf den "i like" Knopf zu drücken. Allerdings wäre die Nachricht angekommen. 

Seine Antwort war sehr verwirrend, irgendwas zwischen, er würde nie Signale senden und "was machst du heute abend?". Genau an diesem Abend konnte ich nicht und ich wollte auch nicht springen, wenn es ihm grad gefiel.

Wie auf Knopfdruck war es anstrengend und wie auf Knopfdruck hatte sich mein Interesse in Luft aufgelöst. 

Eine Woche später holte er mich in Lichtenberg von der SBahn ab. Vier schwere Einkaufstüten hatte er mit und sagte nur gleichmütig:

Zucker war so billig! Und Haferflocken! Hast du gewusst, wie preiswert Zucker ist?

Ich konnte kaum antworten, denn ich hatte angeboten, auch zu tragen. Es war die Hölle.

Um das zwischenzeitlich hier mal festzustellen: ich wusste schon nach den drei Tagen Funkstille, dass es zu nichts führen würde. Ein paar Tage und Emails später war ich jedoch zu dem Schluss gekommen, dass es aktuell keinen Magic Lars gab, quasi überhaupt keine verlässliche Affäre. Da dieses Problem nach einer Lösung schrie, musste Abhilfe geschaffen werden.

Bei ihm angekommen fühlte ich mich komplett erschossen vom Geschleppe, der Typ musste denken, dass ich quasi immer nur am schwitzen war. Super. Welche Frau wünscht sich das nicht?

Er wohnte in achten Stock und der Ausblick war atemberaubend. Die Wohnung war nett. Accra hingegen war unsicher, wie ein kleiner Schuljunge.

Wir hörten platten der Kehlkopfsänger und mir wurden Mitbringsel von seinen Reisen nach Ghana und China gezeigt. Es war interessant. Viel interessanter war jedoch, dass Accra mein Gleichmut so sehr verunsicherte, dass er quasi nicht mehr aufhörte zu reden. Er kam mir nicht älter vor und ich merkte, wie er versuchte, mir zu imponieren. 

Irgendwann, so zwischen dem fabelhaften Ausblick und einem Glas Kirschschorle, küsste er mich. Wenigstens hatte die Schlepperei und der weite weg sich gelohnt. 

Alles was danach kam, hat den weg übrigens nicht gelohnt. Ich spare mir an dieser Stelle Einzelheiten. Es war bedauerlich. 

Ich zieh mich langsam mal an. Sagte ich gegen drei in der früh.

Nein! Bleib noch ein wenig. Sagte er verschlafen und so blieb ich noch ein wenig. Nicht lange, aber schlaf konnte nicht schaden.

Oh Gott! OH GOTT! Schrie ich auf einmal, aus dem schlaf hochfahrend und saß kerzengerade im Bett!

Was? Erschrak er sich.

Ich orientierte mich kurz und wusste augenblicklich, weshalb ich so geschrien hatte. Der Mann hatte so laut geschnarcht, dass es mich aus dem schlaf gerissen hatte.

Was denn? Wiederholte er seine Frage.

Ich überlegte und hörte mich einfach nur sagen: was ist die Hauptstadt von Ghana?

Accra!

Ahja! Sagte ich, drehte mich um und schlief weiter.

Ein paar Stunden später war es aber endgültig Zeit zu gehen. 

Bleib noch! Bitte! Murmelte er und rappelte sich hoch.

Ich muss los. Hab nen Termin! So schnell hatte ich mich lange nicht angezogen. 

Als ich draußen war, hatte ich jedoch ein Problem, ein gewaltiges sogar.
Wo zur Hölle wär ich hier? Und wichtiger: wie kam ich wieder weg?

Es brauchte ein wenig und mehrere verzweifelte sms an meinen guten Freund Matteo, bis ich in der richtigen SBahn saß. 

Matteo war furchtbar wütend geworden, als er hörte, was für eine dürftige Leistung Accra abgeliefert hatte. Dann beruhigte er mich, als ich kurzzeitig dachte, ich sei in Osten verloren gegangen. Ohne ihn würde ich vielleicht noch immer zwischen Plattenbauten stehen und den Weg suchen.

Doch es fand sich bekanntlich ein Weg. 

Endlich nach Hause! Ich war beruhigt. Ich war übermüdet. Ich war von der Idee befreit, dort in Lichtenberg eine potentielle Affäre zu finden. Da könnten wir noch so viele Bücher gemeinsam gelesen haben. 

Accra schrieb noch ein paarmal. Was ich so mache. Wann ich zeit habe. Es sei so nett gewesen.

Mir war die Lust vergangen. Und weg war ich.







Freitag, 5. Dezember 2014

Magic Lars the Way You Make me feel

Irgendwie war Lars in diesem ganzen durcheinander abhanden gekommen. Weg war er. 

Aber war Magic wirklich weg? Eigentlich nie richtig, zumindest nicht aus meinem Gesprächen mit den Mädels. Aus meinen Gedanken auch nicht. Immer, wenn es um Männer ging kam ein bei Lars war das alles viel einfacher! Sie liebten ihn und seine unkomplizierte Art. 

Doch genau da hatte es im Sommer ein Problem gegeben. Es war nicht mehr unkompliziert. Im Gegenteil. Es gab keinen Streit, es war auch kein mangelndes Interesse. Wir beide waren einander anstrengend und wertvoll gleichzeitig geworden.

Trotzdem hatte ich einige Zeit nichts von ihm gehört. Das letzte mal, als er schrieb, schien er ziemlich fertig. Kein Job. Keine einzige Frau und das sogar selbst gewählt. Was war nur mit ihm? Ich war noch voll in Trauer und anschließend in Angst, um die Katzen. Wir fanden keinen weg zueinander. So trennten sich erstmal die Wege.

Na Baby, alles schick? Lange nicht gehört.

Sein erstes Lebenszeichen nach diesen Wochen, war typisch für ihn. Es hätte sich genauso um eine Kettenmail handeln können.

Wir schrieben ein paar Stunden hin und her, brachten uns auf den neusten Stand. Machten Witze und ich versuchte zwischen den Zeilen zu lesen. Doch lange musste ich das nicht. 

Wann sehen wir uns?

Ich gebe zu, damit hatte ich gerechnet. Lars war nie NUR Freund. Lars hieß immer auch Sex.  Ich überlegte einen Moment, ich antwortete.  

Bald.

Anschließend ging ich offline. Dachte lange nach und beschloss: sehr bald. Ich brauchte andere Gedanken. Ich brauchte Comics lesen im Bett und Vertrautheit, ohne, dass jemand mich emotional wirklich begreifen wollte.

Ein paar Tage später stand er vor meiner Tür. Es blieb länger als sonst, aber an Worten war es weniger. 

Baby, du musst mit diesem scheiß aufhören!

Mit welchem scheiß?

Mit dem verlieben. 

Ich lag da und überlegte, während Lars Angefangen hatte, zu lesen. Fast unbeteiligt blätterte er wieder hin und her. Runzelte die Stirn. Hielt dann inne und sah zu mir hinüber. Natürlich hatte er recht. Es war Unsinn. Nie hatte es zu etwas geführt, vielleicht zu mittelmäßigen Ablenkungen - manchmal auch über Jahre - dennoch war ich im Herzen immer suchend geblieben. 

Ich weiß. Aber dieses mal war es anders. 

Es ist nie anders.

Doch. Dieses mal verliebte ich mich von innen nach außen.

Das ist noch viel größerer scheiß. Hab ich dir in Sommer schon gesagt und da hast du nicht von innen nach außen geliebt.

Da waren wir nun. Ich überlegte, er blätterte, strich nebenbei über meine Haare. 

Das schlimme war, dass er mich kannte. Das schlimmste war jedoch, dass er mich ansah und wusste, was ich dachte.

Du siehst müde aus. Lass uns schlafen.

Also schliefen wir. Das erste mal, nach bald zwei Jahren, konnte ich einfach schlafen. Vielleicht war das der wirkliche Zauber.




Samstag, 29. November 2014

Echtzeit - Mach schon oder worauf warten wir?

In all den vielen Monaten des Datings habe ich eines gelernt: worum man sich nicht selbst kümmert, das passiert nicht.

Nirgendwo war dieses "du musst was dafür tun!" So deutlich, wie in Sachen Liebe .. Oder erstmal Verliebtsein meinetwegen. Denn dieses verlieben bedarf Gelegenheiten, für die man als Single leider selbst sorgen muss. 

Doch genauso stark wiegt das "egal, wieviel du tust, am Ende gehts um zwei". Wir können alle Gelegenheiten der Welt nutzen, können in allen Singlebörsen aktiv sein, Menschen die wir spannend finden einfach ansprechen - ob unser gegenüber das auch so sieht, bleibt das unberechenbare Risiko. Immer.

Dieses Risiko hat mich sehr müde gemacht. Müde im Herzen. Es machte mich so müde, dass ich sogar bei Leuten, die ich gerne getroffen hätte, am Ende keine zeit hatte.. Keine kraft.. Keine Lust. Einfach nur eine Mutlosigkeit und eine Leere blieb zurück.

Und dann sind da die Überbleibsel der Vergangenheit. Menschen, die wir sehr geliebt haben, die tauchen aus dem nichts wieder auf.

Plötzlich scheint alles möglich.

Dabei ist nichts möglicher oder unmöglicher, als damals, als die Liebe noch neu war. Doch mit vorhersehbarer Präzision wird es gegen die Wand gefahren. Und übrig bleibt Ratlosigkeit.

Wieder mal versucht. Wieder mal gescheitert. Wieder von vorne. Oder einfach mal stehenbleiben und innehalten.

Und da stehe ich nun und mir fehlen manchmal die Worte für Dinge, die ich sagen muss. Mir fehlt die kraft und der Mut, zu zeigen, wie es mir wirklich geht. 

Mit dir. Ohne dich.

Sonntag, 7. September 2014

.. Bis es am Abend weitergeht

Es ist keine schöne Zeit. Die Momente zum erholen werden immer kürzer. Erst starb Friedrike, dann wurden meine Katzen krank. Zwei sind in der Tierklinik und einem fällt das gesundwerden sehr schwer.

Immer zwischen hoffen und bangen. Nicht schlafen können vor Aufregung und totaler Erschöpfung. Und ich wünsche mir den Mittelweg vorbei und ärgere mich darüber, die Zeiten, in denen alles ruhiger war nicht zu schätzen gewusst zu haben. 

Und da die Kraft für Dates fehlt, schreibe ich über die alten Verabredungen, die hier noch keine Erwähnung gefunden haben. Ab und an denke ich dabei an Mister Start up, auf dessen Leberflecken ich vor einem Jahr Klavier spielte. Unendlich lang scheint es mir her. 

Also krame ich aus meinem Kopf und meinem Herzen Erinnerungen und Gefühle hervor von diesen alten Begegnungen, die alle zu nichts führten.

Heut abend kommt ein kennenlernen, was vierzehn Jahre zurückliegt. Aber es war wohl eines der sonderbarsten Dinge, die mir je passierte. 

Bis dahin ordne ich Gefühle, sammle Kraft und tanke Sonne.

Und ihr in meinem Herzen: danke, für alles❤️


Sonntag, 17. August 2014

Der Tag, als er ging.

Alles fing gut an - und vielleicht war genau da das Problem.

Er war lange nicht auf seinem Profil gewesen, aber ich schrieb ihm trotzdem. Ob es denn ein Grund zum freuen sei - zumindest für ihn - oder ob er desillusioniert das Feld bei Finya geräumt hätte.

Seine Antwort kam recht schnell. Ja, er habe jemanden gefunden. Ja, er dei glücklich und zugleich sicher, dass auch ich jemanden finden würde. 

Weshalb auch immer, es entspann sich ein Emailkontakt und wir wurden sowas wie Freunde. Sowas wie.. 

Doch mit einem mal wurden seine Mails weniger fröhlich. Weniger zuversichtlich. Und irgendwann, da sagte er, die Frau und er wären nun getrennt. Aus. Vorbei.

Also schrieben wir noch mehr. Immer wieder. Immer häufiger.

Und dann starb Friedrike und meine Welt blieb stehen. Und in dieser Starre, war er da. Tröstete. Kümmerte. Er war einer der wenigen Menschen, die ich - wenn auch nur durch die sichere Entfernung meines Handys - ertrug. Und so verstrickte ich mich emotional immer mehr. 

Als dann das erste Treffen kam, waren wir ratlos. Die Erwartungen waren hoch. Wir lachten, wie alberten, erzählten, schwiegen und warteten auf einen Funken.

Doch da war kein Funken.

Auch das konnten wir ein paar Tage später klären. Wir würden mal schauen wo es hinführe, küssen - so scherzten wir - ginge ja auch so.

Es folgten arbeitsreiche Wochen. Der Kontakt wurde weniger. Reise. Arbeit. Kind. Er fehlte. 

Als wir uns dann endlich sahen, waren wir wohl gefangen in alledem, was wir uns durch das sichere Internet waghalsig geschrieben hatten. 

Und so saßen wir da, schauten über Berlin. Lachten. Redeten. Schwiegen. Und wussten nicht weiter. Nicht mal Champagner half. 

Doch dann, als ich schon dachte, nichts würde mehr passieren, da küssten wir uns. Nahmen uns an die Hände, im dunklen Park drehte ich Pirouetten an seiner Hand. Stolperten zum Auto. Lachten und waren verlegen zugleich.

An jeder Ampel küssten wir uns und aus den Boxen kam Staubsaugermusik. Das Lied ging mir tagelang nicht aus dem Ohr. Es würde das lies dieses abends für mich. Das Gefühl dieses abends.

Als er neben mir schlief raste mein Herz. Es war kein Funken da. Aber eine Zuneigung, die mich aus der Haut fahren ließ. Mir förmlich den Atem nahm. 

Er blieb über Nacht und bekam eine Zahnbürste. Alles passte nicht zusammen und doch fühlte es sich für mich gut an.

Mittlerweile frage ich mich, ob es ihm auch so ging. An welcher Stelle der Geschichte waren wir nicht mehr offen. Nicht mehr auf einer Wellenlänge.

Es war nicht dramatisch. Es waren abgesagte Verabredungen seinerseits und zornige sms meinerseits. Aber konnte das eine Erklärung sein?

Denn nun ist es zuende. Sehr plötzlich und still und leise. 

Außer in mir. Da ist es nicht leise. Da schreit alles, weil ich keine Erklärung finde. Da dreht sich alles, weil mein Inneres keinen Platz findet, wo es zur ruhe kommt.

Wir hatten die Abmachung, einander ehrlich zu sagen, wenn es ein Problem gibt. 

Irgendwie hatten wir diesen Punkt verpasst. Hatten irgendwo aufgehört Freunde zu sein. Aber weshalb? Ich suchte und fand keinen Grund. 

An welchem Punkt bist du gegangen?


Freitag, 8. August 2014

Marius - Viel zu weit

Es war eine dieser perfekten Kreuzberger Nächte. Und das große Glück ist es, wenn man einen Menschen trifft, der diese Nächte noch perfekter, noch wunderbarer, noch glitzernder macht. 

Wir trafen uns vor einem Café. Er war für ein paar Tage bei einer Freundin in Berlin und lebte eigentlich in Köln. Da ich anfangs schon ausgeschlossen hatte, dass es was werden könnte, kam ich ganz entspannt zum Treffpunkt. Und er war da. 

In meiner Tasche klapperten Limonade und Bier als Verpflegung. Er nahm mich in den Arm und ich dachte nur: oh! 

Er hatte ein superhelden tshirt an und ich war kurz davor mich sofort zu verlieben.. Wäre in meinem Kopf nicht immer dieses Köln Köln Köln Köln Köln gewesen. 

Marius nahm mir meine Tasche ab und trug sie heldenhaft in den Park. Den Berg hinauf. Bis ganz nach oben auf den Kreuzberg. Immerzu lachend, Witze erzählend und über Comics fachsimpelnd. Wäre ich nicht so nervös gewesen, er hätte mich sprachlos gemacht.

Die Aussicht über die Stadt war wunderschön und so saßen wir da und sprachen manchmal ganz viel und manchmal gar nicht. Als wollten wir uns alles sofort erzählen und als würde niemals auch nur im entferntesten diese Zeit ausreichen können. Und dann schwiegen wir wieder. 

Er lehnte sich an meine Beine. Strich ab und an über meinen Arm. Lächelte. Ärgerte. Manchmal schaute er mich einfach nur an. Lange hatte es keiner mehr geschafft, dass ich mich so angenommen fühlte. Dafür musste er gar nicht mal etwas sagen. 

Es war dunkel geworden. Nicht oben auf dem Kreuzberg, da sah man die leuchtende Stadt, aber der Park war pechschwarz.

Lass uns spazieren! 

Sagte er und wir machten uns auf den Weg. Stolperten im Dunkeln die Wege hinunter. Wir hatten nicht mal ein Ziel. Für meinen teil fand ich es ausreichend, mir keine zähne auszuschlagen, auf dem Weg nach unten.

Kannst meinen Arm nehmen, dann fallen wir wenigstens gemeinsam.

Ich war verwundert, griff nach dem Arm..stolperte allerdings nicht weniger.. Im Gegenteil.

Keine drei Minuten später war ich bis über die Knöchel mit einem großen Schrei in einem Schlagloch verschwunden.

Wir lachten und lachten und lachten. Und während wir das taten, da nahm er meine Hand, Sah mich an und küsste mich. 

Es war ein perfekter erster Kuss und mein Herz raste. Köln Köln Köln Köln hämmerte es wild in meinem Kopf. Doch dann machte er etwas, was diesen Kuss, diesen ganzen moment, noch viel besser werden ließ. Er nahm mich in den Arm. Küsste meinen Scheitel und flüsterte:

Schlaglöcher sind großartig.

Wir verbrachten die Nacht lachend, küssend, redend in den Straßen von Kreuzberg. Bis früh um vier. 

Wir hatten keinen weiteren Tag. Es war der Abend vor seiner Abreise. Und als wir uns verabschiedeten, blieben wir ratlos und wortlos über alles weitere. Auch die besten Nächte enden. Und wäre er in Berlin, wahrscheinlich wäre alles kein Thema gewesen. Kein Problem. Überhaupt wäre alles klar.

Aber nichts war klar. Nur dass es nicht ging.

Wir blieben in Kontakt. Schrieben. Telefonierten. Lachten. Aber verloren kein Wort darüber, dass wir uns nochmal Wiedersehen würden. 

Zurück blieb nur das Gefühl, dass ich nun wusste, wonach ich suchte, denn ich hatte es gefunden und konnte es doch nicht haben.

Und da war er. Und auch schon wieder weg. Der Mann mit den Superhelden TShirts, mit Vollbart und asozialen Witzen, vollkommen harmlos und doch spannend.



Donnerstag, 3. Juli 2014

Plötzlicher Abschied.

Du bist an einem sonnigen Mittwoch 
verstorben. 

Als ich es erfuhr, da war es, als würde ein Teil von mir sterben. Etwas unersetzbares war gegangen.

Es gab so viele Dinge, die wir einander hätten sagen sollen und auch müssen. So wenig hatten wir in den letzten Wochen aufeinander acht gegeben.

Nun bist du weg.

Als ich von deinem Tod hörte konnte ich nicht mach Haus fahren. Ich saß an der Straßenbahnhaltestelle, an der wir uns immer getroffen haben. Eine Bahn nach der anderen hielt. Doch du warst nicht da. 

Wie unwichtig wird angesichts dieses Verlustes alles andere auf der Welt. Wie unwichtig eine Auseinandersetzung, wie unwichtig ein Missverständnis, wie unwichtig wird, wer am Ende recht hatte.

Wir hatten beide Recht und Unrecht. Und vielleicht, wenn wir uns das am Ende noch hätten sagen können, dann wäre es ein anderer Abschied gewesen, wenn sich kein geringerer Verlust. 

Du wirst mir jeden Tag meines Lebens fehlen. Für immer.

Geliebte Mopse, du bleibst in meinem Herzen. Immerdar.


Montag, 23. Juni 2014

Alles in Allem

Nach sehr langer Zeit schaute ich mal wieder auf mein Onlinedating-Profil.
Zwei Nachrichten von buckligen Typen, die mich sofort erschaudern ließen später, fragte ich mich, ob das eine gute Idee war.

Warum war ich wieder hier?

Abwechslung brauchte ich nicht. Es gab Ferdinand und Magic würde es auch jederzeit geben. Ich war froh nicht mehr verliebt zu sein und wollte mich auch erstmal nicht verlieben. Wahrscheinlich konnte ich das auch nicht. 

Meine Zeit verbrachte ich lieber mit meinen Katzen, dem ziemlich besten Freund, meiner liebsten Klassenkameradin von damals oder damit, endlich mal meine Therapeutin zu erreichen. 

Draußen brüllte die Sonne aber in mir brüllten andere Dinge. Ich brauchte endlich meine weiteren Termine, die nötige Verlängerung, mehr Mackenarzt sowieso. Irgendwas. Bloß nicht wieder krank werden. 

Es war eigentlich alles wie immer und doch fühlte es sich schwerer an, als sonst. Vor Kummer und Anstregung waren mir in den letzten Wochen Haare ausgefallen, Augenbrauen ausgegangen, und nachts biss ich so stark die Zähne zusammen, dass mir morgens ein halber Zahn fehlte. Kurz: ich war irgendwas zwischen Kay One, Bridget Jones und einer Vogelscheuche. Die Welt war schon mal schöner. 

Es war, als hätte mir etwas wieder den Schutzmantel abgerissen, den ich mir nach der Trennung mühsam angelegt hatte.

Da saß ich nun. Vor mir mein Profil, die Nachrichten, die Bilder. Ich hatte mir so viel erhofft und so wenig bekommen. Aber zugegebenermaßen hatte ich am Ende auch emotional nichts mehr imvestiert.

Viele meiner Dates waren mittlerweile gelöscht, hatten wohl jemanden gefunden, mehr Glück gehabt als ich. Sich vielleicht auch einfach mit weniger zufrieden gegeben oder vielleicht auch mit nichts und hatten das Kapitel erfolglos abgeschlossen.

Und mittendrin ich.

War das überhaupt noch meins? Wollte ich so jemanden finden? Hatte ich womöglich gar keine Wahl? Oder redete ich mir ein, keine Wahl zu haben und hatte die aber sehr wohl?

Fest stand: als ich das Profil ansah und die Mails, der Hinweis auf gelöschte Profile, die neuen Leute, da war es ein bisschen von allem. Es war die Möglichkeit nach dieser Pause neu zu beginnen. Es war die Möglichkeit das alles hinter mir zu lassen und das Profil zu löschen. Und als letztes die Idee so weiter zu machen.

Letztendlich war es fast egal, wofür ich mich entscheiden würde. Anstregend wäre alles. Und am Ende bleibt doch die Ungewissheit. 

Ich klappte den Laptop zu. Die Entscheidung musste nicht heute getroffen werden. Aber fürs erste war ich wieder da. Bereit für neues. 

Alles in allem mit Hoffnung.. Aber auch ein bisschen kaputt gegangen. 


Mittwoch, 11. Juni 2014

Ziemlich beste Freunde

Auf der Suche nach dem richtigen trifft man manchmal auf Männer, die auch ohne nackig zu sein das Leben bereichern.

Und genau so traf ich Andreas. Er war auf einmal einfach da. Das komische war eigentlich, dass es sich anfühlte, als sei er immer da gewesen. 

Erst schrieben wir und merkten dann: oh! Wir sind einander ähnlich!

Mit einem mal las ich:

Ich möchte deine Stimme hören. 

Er klang vertraut und an diesem Tag, an dem ich nur weinen wollte, da schaffte es Andreas mich zum Lachen zu bringen. Es sollten noch viele dieser Tage folgen.

Sich im anderen erkannt fühlen, wenn es um gar nichts geht. Sich einfach so zeigen können, wie man ist - war das vielleicht die wahre Erfüllung in den Dreissigern? Konnte das nicht so viel mehr bieten? Mehr Ehrlichkeit? 

Die anderen verstehen uns einfach nicht! Sie sind nicht wie wir.

Nicht.Wie.Wir. Genau darum ging es. Andreas war zu einem Zeitpunkt da, als ich mich in diesem ganzen Datingsumpf, mit Männern wie Mann mit Katze, Ferdinand und Magic Lars einfach nur unverstanden fühlte von allem und jedem.

Und als das unsagbare passierte und ich mich in einen Mann Mal so wirklich verliebt hatte, da war Andreas da. Stunden. Tagelang. Tröstete. Heiterte auf. Schaffte es, dass mich nicht alleine fühlte.

Nicht. Wie. Wir. Darum ging es immer wieder. Und vielleicht konnte ich ihm deshalb so viele Dinge erzählen, die sonst keiner wusste. Vielleicht auch, weil ich ihm zu moppelig war und er mir zu dünn. Dieses andere WIR war ausgeschlossen.

Er hatte eine Frau, mit der er zusammen war und eine, die er liebte - oder zu lieben begann. Auch er war zerrissen von Selbstzweifeln, Müdigkeit und dem Gefühl eine andere Sprache als der Rest der Menschen zu sprechen. Ich hatte zwar keinen Freund und lieben tat ich auch niemandem, dennoch kannte ich das Gefühl. 

Andreas wollte alles. Wollte niemanden aufgeben. Niemanden ausnutzen und keiner Frau etwas vormachen. 

Wieso ist denn nicht alles möglich?

Ist es doch.

Das war unsere fest Überzeugung, mit der wir jedoch alleine dastanden. In jedem Gespräch. Zwei Stunden. Vier Stunden. Sechs Stunden. Immer das gleiche: warum geht nicht alles? Warum muss man sich für alles rechtfertigen?

Und dann fragte er eines nachts:

Kann es sein, dass wir uns durch diese Herangehensweise alles verbaut haben?

Und diese Frage konnten wir ausnahmsweise mal nicht zusammen beantworten. Sondern jeder im Stillen. Für sich selbst.


Montag, 2. Juni 2014

Simon - Ich kann dir einfach alles verkaufen!

Simon war toll. Anders kann ich es auch jetzt nicht beschreiben. Er war lustig, clever, blond und mochte Fußball. Wir lasen die gleichen Bücher und auch die gleichen Zeitungen. 

Kurz: eigentlich gibt es so nen Mann nicht.

Nachdem wir fleißig hin und her geschrieben hatten, verabredeten wir uns in einer Kneipe. Er kannte die Kneipe, ich kannte die Kneipe, gutes Zeichen.

Wir erkannten uns sofort und er schien mir auch so zu sein, wie ich in den Mails den Eindruck bekommen hatte.

Also sass ich da, wir tranken Bier, wir lachten. Überhaupt hatten wir eine große Schnittmenge. Wir fanden die gleichen Kindernamen gut und die gleichen Kindernamen scheisse. Wir mochten beide Humor, der immer eine Schublade zu tief Griff. Wir beide mochten blonde Haare - und wir beide hatten blonde Haare! Ich mochte Polohemden und bei ihm gehörten sie zur Grundausstattung. 

Könnte man es sich im Leben aussuchen und wären wir nicht alle so auf Dopamin getrimmt, er wäre genau der Mann gewesen, mit dem es gut gepasst hätte. 
Es war ja nicht mal so, dass ich die Idee sonderbar fand, ihn nackt zu sehen - ich hätte nur einfach nicht gewusst, was ich dann mit ihm hätte machen sollen.

Simon erzählte von seinem Job - so richtig verstand ich ihn nicht, aber es erinnerte mich an "Lord of war" .. Simon war irgendwo da tätig, wo man Akzeptanz für Dinge schaffte, wo die Gesellschaft eigentlich besser dran war, wenn sie sich davon verabschiedete. Simon konnte ungefähr alles schön reden. Zigaretten (er selbst war Nichtraucher). Waffen (er war nicht mal beim Bund gewesen). Einfach alles. 

Würde jemand in Deutschland die Scharia einführen wollen, er hätte Simon engagieren müssen und sofort wäre der Zuspruch grandios gewesen. Wahrscheinlich hätten sich alle Diebe selbst die Hände abgehakt, weil Simon die Idee so gut hätte verkaufen können.

Ich glaub, ich kann den Leuten alles verkaufen.

Das sagte er mit einer Mischung aus Gleichmut und absurderweise auch Bescheidenheit. Er beherrschte seinen Job. Und damit sei Job nicht ihn beherrschte wollte er so schnell es ging bei gleicher Bezahlung in einer Viertagewoche. Kurz überlegte ich, wie in so einer Firma wohl Verhandlungen stattfinden. Wenn alle alles verkaufen können, wenn alle den anderen überzeugen können, wo war dann der Ausgleich? 

Also tranken wir und lachten. Er erzählte von seiner Liebe zu Schalke, seinem angegilbten Duschvorhang in Blau weiß (mittlerweile Blau gelblich)  und dem Wunsch nach Kindern. 

Hätte. Hätte. Hätte. 

Auch Wochen später kommt er mir wie eine sehr gute Idee vor. Er war die Idee davon, wie ich wollte, dass mein Mann wird. Aber er war nicht dieser Mann.

Als wir uns verabschiedeten, da sagte er, es sei ihm eine große Freude gewesen und ich glaubte ihm. 

Doch so ist es mit diesen Dingen. Diese Dinge ohne "Muss ich haben"-Effekt. Wie Kleider die am Haken unglaublich schön aussehen. Kleider, die in der Theorie wie ein Frühlingstraum wirken und angezogen wie Omas Blümchenvorhänge.

Er war es nicht für mich und ich nicht für ihn. Er meldete sich nie wieder. Es war ok. Mittlerweile hat er sein Profil gelöscht.

Und ich bin von herzen überzeugt, dass er eine Frau gefunden hat und für dieses neue Abenteuer wünsche ich ihm das beste. 

... Und warte auf mein eigenes Abenteuer. Irgendwann wird es so schon da sein. Mein ganz wunderbares geblümtes Frühlingskleid. Und es wird passen.

Samstag, 17. Mai 2014

Alex - Mann mit Katze bringt die Welt in Ordnung

Das schlimmste, was einer Singlefrau Mitte dreissig passieren kann ist, sich in einer 2000er Teenager Liebeskomödie wiederzufinden. 

Doch da ich die Frau bin, die nie eine Peinlichkeit auslässt, musste auch das mal dran sein.

Ich sah Alex bei Finya und dachte nur: auweia! So schön, dass es wehtut.

Also schrieb ich eine Mail, fragte nach der Katze auf dem Bild und was die dafür bekommen hätte, die sehe sehr unzufrieden auf seinem Arm aus.

Die Antwort kam prompt, dabei hatte ich  nicht mal mit einer gerechnet.

Alles war lustig. Wir lachten gemeinsam über kurzärmelige Hemden und schwärmten von Katzen. Wie sprachen darüber, wie unnötig Penisbilder wären und wie unhöflich, solche ungefragt zu verschicken. Alles in allem lieferte der Mann mit Katze eine grandiose Vorstellung ab, die nur eine frage offen ließ:

Warum hat der niemanden?

Diese fragte drehte und drehte sich in mir, je mehr der Kontakt wurde. Er wollte meine Nummer und ich fand keinen Grund, die ihm nach fünf Wochen vorzuenthalten. 

Alex war von der Sorte Mann, die zwar um ihr aussehen wussten, aber keinen Aufriss draus machten. Dafür mochte ich ihn. Ich selbst wurde immer unsicherer, denn er überschüttete mich nach jedem Bild mit Komplimenten. Die Welt war ein Mysterium. 

Dann stellte ich ihm die Arsch-Hupen-Frage. Ein wichtiger Baustein der Kommunikation zwischen Suchenden. Die Arschmänner kann ich nämlich gleich aussortieren. Ein Nachmittag im No-Boobie-Park waren die letzte Bestätigung. Keine Arschmänner! 

Also ich stehe wirklich total auf Ärsche!

Und RAUS aus dem rennen war er. Ich war fast glücklich drüber. Er hatte in kurzer zeit für so viel Verwunderung gesorgt, da musste es einen Haken geben.

Sorry, Baby, dann solltest du nach einer anderen Ausschau halten. Ich bin mehr eine Frau für Brustmänner.

Nach einer anderen? Hab ich nicht vor.

Erneut Ratlosigkeit. Es ging hin und er, er wollte nun so schnell es ging ein Date und mal selbst Schauen. Jeden morgen bekam ich SMS, in denen er nicht mit Kosenamen, Bekundungen des Interesses und Witz geizte. 

Komm Sweety, wir gehen essen! Ich hol dich ab!

Sweety hatte wenig Lust auf ein treffen. Mann mit Katze war einfach ZU SCHÖN. Es war zum Augenschmerzen bekommen. Und es war, als würde der Captain der Football Mannschaft die Vorsitzende des Chemieclubs Daten wollen. Sowas endet in Chaos. Ich habe ALLE dieser Filme gesehen. Es endet im Desaster! IMMER!

Doch er ließ sich nicht abbringen. Also vereinbaren wir einen Termin. 

Fünf Minuten vorher klingelte mein Telefon. Wo ich denn nun wohne, die Hausnummer und so... Das alles passe nicht. Er stand im falschen Bezirk. 
Langsam dämmerte mir, wo bei diesem Mann der Haken war..

Bei uns auf dem Dorf brauchte ich nie ne Postleitzahl!

Tja.. Schön sein alleine reicht nicht.

Nun hältst du mich sicher für dumm!

Nein Schatz, du bist sogar sehr sehr schön!

Mann mit Katze war traurig, ich war genervt. Das erste treffen wurde verschoben.

Nachts... 3:47h das Telefon klingelt.

Ich bin in Kreuzberg. Wie muss ich fahren?

Nimm die U6 bis Tempelhof, dann den Ring Richtung Ostkreuz .. Und schon bist du Zuhause.

Aber ich will doch zu dir!

Du träumst wohl..

Telefonat beendet... Langsam festigte sich die Idee, weshalb ich einen Magic Lars hatte und er niemanden. Er war einfach ungeschickt. Das war bedauerlich.

Die nächsten Tage verbrachte er mit entschuldigenden Nachrichten, aber er wolle mich sehen. Er schlug ein Frühdate vor. Morgens um 7:30 .. Vor der Arbeit in der Mitte von seinem Büro und meiner Nannystelle.

Wenn ich ihn aber nie treffe.. Dann kann ich meinen Enkeln erzählen, dass mal ein schöner Mann auf die Oma stand... 

Doch alex ließ nicht locker und ich sagte zu. Dann hätte das endlich ein Ende. ENDLICH. Es sägte an meinen Nerven.

Die ganze Nacht schrieb er und auch den morgen. Dieses mal sollte nichts schief gehn. Der Captain der Footballmannschaft wollte keinen weiteren Fehler riskieren. Er wollte die absolute Teenieidylle. 

Und dann stand er vor mir.. Er war wirklich so schön und er hatte in seinen Augen den Blick, den nur solche Männer haben, die die Welt um sich herum geistig nicht zu fassen bekommen.

Mann mit Katze war dumm. 

Aber auf eine sehr friedfertige und putzige weise. Beinahe unschuldig. Beinahe.. Ausserdem  strahlte er. Nur ich strahlte nicht. 

Also ich schlage vor: erst Kaffee und dann knutschen?

Kaffee hatte ich schon.

Und ehe ich es mich versah, da küsste er mich. Danach schaute er mich an und sagte nur:

Wieso nicht eher?

Darauf hatte ich keine Antwort, denn so gut wie er aussah, so gut konnte er auch küssen. Und morgens um halb acht, küssten wir uns durch alle Hauseingänge, bis es Zeit war, zur Arbeit zu gehen.

Ich saß in der Ubahn. Etwas zerwühlt sah ich aus. Müde noch dazu. Es war ein guter Start in den Tag gewesen.

Am nächsten Tag meldete sich Mann mit  Katze. Doch als ich in mich reinhorchte, da kam kein aufgeregtes rufen, kein Herzklopfen, es kam nur ein:

Wo soll das hinführen?

Er schickte keine Penisbilder. Er schickte ganze Videos. Es gibt Gründe, weshalb in Frauenzeitschriften keine Poster mit Penissen sind, aber in Männerzeitschriften Bilder mit Brüsten. Männer werden das nie verstehen. 

Mann mit Katze blieb mehrere Wochen und auch jetzt ist er noch da. Immer mal wieder. Und er strahlt, während ich meine Verliebtheit suche. 

Morgen gehen wir frühstücken. Nach längerer zeit sehen wir uns.

Wo warst du denn die vier Wochen?

Verreist.

Oh! Alleine?

Nein. Nur mein Herz.

Ich bring dein Herz in Ordnung, meine Hübsche. Lass uns morgen einen ruhigen Tag machen. 

Und auch wenn er nicht der Hellste war und auch wenn es keine Verliebtheit gab. Mann mit Katze würde mich zurückholen, nachdem ich mich vier Wochen verloren hatte. 

Er würde meine Welt in Ordnung bringen. Zumindest für einen Tag. 


Freitag, 16. Mai 2014

Echtzeit - Hin und Weg

Es gibt Zeiten, da gabelt man Menschen an den sonderbarsten Orten auf. Und genau dort, wo wir uns sicher fühlen vor Verletzung, da lassen wir die Mauern fallen.

Am besten lernt man Frauen auf Schwulenparties kennen. Da zeigen sie, wie sie wirklich sind, weil sie keine anmache erwarten.

Das hörte ich mal von einem Arbeitskollegen. Noch andere bestätigten das. 

Dort, wo man am wenigsten damit rechnet, dort lauert es. Als ultimativer Supergau quasi. Und dann packt es einen und ehe man sich versieht, da hat das Herz einen schon fest im Griff. Dieses verfluchte Herz, was bei Dates seit Monaten Zuhause blieb, was vorsorglich daheim bleiben musste.

Aber wozu Dinge aussortieren, wenn man gar nicht weiß, dass man emotional auf der Flucht sein muss? Immer zum Absprung bereit. Im Krieg sozusagen. Leichtes Gepäck!

Ich war unbewaffnet losgezogen, weil ich nicht wusste, dass es ein Kampf werden würde. Das Herz, der lahmste und unentspannteste Kamerad von allen war einfach mitgekommen.

Und so ist es. Wenn man den Buckligen Kameraden auf nen Feldzug mitnimmt, dann verliert man. Ganz automatisch. Dann fällt das wegrennen schwerer.

Ich hatte verpasst zu flüchten. So stand ich da. Komplett unbewaffnet und das Herz dreht sich um und sagt:

Ist das der Grund, weshalb ich so lange Zuhause bleiben musste? Habt ihr ohne mich echt alle Schlachten gewonnen?

Ja. Haben wir. Und kaum schließt du dich wieder an, da geht alles schief. Demnächst wirst du überall und immer Zuhause bleiben. So kann dir auch nichts passieren. Uns allem nicht.

Und das ist schließlich besser so. 


Dienstag, 29. April 2014

Echtzeit - Es gibt so diese Tage ODER: von der großen Sprachlosigkeit

Im Moment fällt mir das schreiben schwer. Es ist nicht so, dass ich nichts erlebe - ganz im Gegenteil! Es ist nicht so, dass ich nicht date - ein halbes Dutzend Männer warten darauf, niedergeschrieben zu werden. 

Was ist es dann?

Wahrscheinlich ist es die Mischung aus Ernüchterung und Müdigkeit, aus schwindender Hoffnung und Frustration. 

Kurzum:
Ich bin an dem Ort, wo ich nie sein wollte. 

Nun ist die Suche ja nichts neues. Auch das Nicht-Finden kein schockierendes Ereignis mehr. Ich kenne das alles. Ich war hier schon mal. Oder war ich vielleicht niemals weg?

An Abenden wie diesem denke ich daran, dass es den Einen nur für sehr wenige Menschen gibt. Die meisten Menschen geben sich mit einem "irgendEINER" zufrieden. Und sie wundern sich, weshalb sie gemeinsam einsam enden.

Was ist also schlimmer: Ein Zuhause, wo nur Katzen warten oder ein Zuhause, wo dieser irgendEINER wartet? ..Der da ist, damit überhaupt jemand da ist. 

Es gibt darauf keine Antwort, denn jeder muss seine Einsamkeit am Ende ja doch ganz im Stillen wählen.

Ich bin mit dir, weil du es bist!
Und nicht
Ich bin mit dir, weil ich nicht alleine sein kann.

Ostern kamen sie alle wieder. Es war wohl dass erste Ostern, dass ich keine Eier suchen musste, sie kamen von selbst.

Hast du jemanden getroffen? Fragte Ferdinand.

Wann seh ich dich wieder, Baby? Schrieb Magic Lars.

Hallo Hübsche, wann wachen wir zusammen auf?
Fragte ein Dritter, den ihr bald kennengelernt.

Ich hatte keine Antwort. Für keinen. Ich traf ja andere, aber es berührte mich nicht. Ich küsste andere, aber es kribbelte nicht. Etwas in mir war weg, doch ich wollte es wiederfinden. Ich musste es wiederfinden.

Nur Ferdinand  schrieb ich zurück:

Es gibt keinen neuen Mann. Aber es gibt die Hoffnung darauf. 






Freitag, 4. April 2014

Welcome to NBP!

Er war halb Inder und halb Grieche. Er bestand also zu einem großem Teil aus Haaren ... Und er gefiel mir sofort. Vor ein paar Monaten war er von London nach Berlin gezogen. 

Nach ein paar missglückten versuchen Mails zu schreiben, fragte er gleich nach einem Treffen und ich war einverstanden. Es war kein Zauber bei mir, mehr die Neugierde, die Idee, jemanden zu treffen, der so ganz anders war - und damit meine ich nicht die Haare!

Vor dem treffen wollte er jedoch wissen, ob wir vielleicht knutschen könnten, dass wäre ihm wichtig, um zu schauen, ob unsere Energie gleich wäre, ob die Schwingungen im Einklang wären oder irgendwie sowas. 

Ich bügelte das zunächst mal ab. Solche Zusagen wollte ich nicht machen. Auch wenn ich mittlerweile Männer geküsst hatte, die mich nur lauwarm gemacht hatten. 

Allerdings war ich so gelangweilt von dieser Datingsache als solches, dass ich wohl unbewusst das "Hard to get" Spiel angefangen hatte. Und wie es immer ist: es funktionierte. 

Männer sagen dann Sachen, die sie 1. für sich behalten 2. versichern immer wieder ihr Interesse und 3. sind nicht abzuwimmeln.

Ich stehe total auf Ärsche!

Aha

Wirklich. Das ist das wichtigste überhaupt.

Na ganz toll! Ein Arsch-Mann! Das machte es komplett. Auf mich fahren nie die Arsch-Männer ab. Nie. Auf mich fahren die Brust-Männer ab. Aber Arsch? Nein. 

Ich glaube, dann passt es nicht.

Warum?

Weil ich keinen Arsch-Mann suche, sondern einen Hupen-Typ.

Egal! Ich will dich trotzdem küssen! Können wir vielleicht auch Sex haben?

Nein.

Schade.

So schnell geht es. Von Brust zu Po zu Sex und zurück zu schon wieder alleine. Der Plan war anders und die zeit war knapp. Also sagte ich ihm, dass er nicht bekommen würde, was er wollte. Und er sagte umgehend, wie es nun weitergehen könnte..

Dann bleiben wir lieber nur whatsapp und Facebookfreunde.

Ist wohl besser.

Ich war beruhigt, dass der Indische Grieche (oder Griechische Inder?) selbst einen Rückzieher gemacht hatte.

Der dauerte allerdings nur drei Stunden.

Egal! Ich will dich trotzdem treffen!

Also trafen wir uns. Wir lachten und tranken und gingen spazieren. Wir sprachen über Musik - er war Musiker - und über das leben in Berlin. Ich wurde aus ihm nicht schlau und er nicht aus mir. Ich konnte förmlich sehen, wie es in seinem Kopf ratterte. 

Wir schlenderten umher, schauten uns Zwinkernd von der Seite an und sagten manchmal auch einfach gar nichts. 

Lass uns in den Park gehen.

Da drüben ist einer. Ich zeig ihn dir.

Kaum im Park nahm er meine Hand, schaute mich an und sagte:

Bekomme ich nun meinen Kuss?

Und er bekam seinen Kuss. Und noch viele Küsse mehr.

Und nun zeig mir deine Brüste!

Was?

Zeig mir deine Brüste!

Nein. Wieso sollte ich?

Weil ich sie sehen will.. Ok.. Wenigstens eine. Zeig mir eine deiner Brüste.

?!

Es war früher Abend im Park, es war hell und meine Brüste wollte ich ihm eh nicht zeigen. Wieso sollte ich die denn zeigen? Das war hier ja kein Viehmarkt! Würde er als nächstes mein Gebiss prüfen?

Na dann knutschen wir halt einfach weiter.

Doch ab dem Moment war das knutschen anders. Es war wie der Tanz mir einem Kraken. Überall waren Hände, wo ich keine Hände haben wollte. 

Du darfst nicht immer nein rufen! Wie sieht das denn aus? Eine blonde Frau mit einem dunklen Mann und die Frau schreit immer nein.

Ich Schreie gar nicht! 

Doch tust du!

Was machst du da eigentlich?!

Er war gerade dabei sich die Hose aufzumachen.

Ach... Nicht?

Nein! Nicht! Bestimmt nicht.

Er versuchte es weiter und ich versuchte ohne schreien klarzumachen, dass es keine Brüste und keinen Po geben würde. Nicht heute. Nicht so. 

Ich werde einen Antrag stellen, dieser Park soll benannt werden, in No-boobie-Park 

Hier gibt es für alles einen Antrag.. Ich schreibe schon mal die BVG an. Der UBahnhof muss dann ja auch umbenannt werden.

Kaum waren wir aus dem Park, behielt er seine Hände wieder bei sich. Es begann sogar wieder ein normales Gespräch. 

Trotzdem war es zeit sich zu verabschieden. Dieses ganze Gerede im Brüste und Hintern, diese vielen Hände und eine im Park aufgeknöpfte Hose. Ich wollte auf mein Sofa. Ich wollte den einen Mann suchen, der anders war. Zur Not auch alleine bleiben. 

Wir schrieben uns noch. Doch ein zweites treffen hatte keinen Sinn. 

Manche Leute suchen nach Liebe und manche nach Ärschen. 





Samstag, 29. März 2014

Ferdinand - die nackte Wahrheit

Da liegt er nun. Schon wieder. Seit er sich der Erwartung von Beziehung entbunden fühlt, glänzt er mit Zuverlässigkeit. Männer. 

Ich kreise immer mehr um diese komische Sache, die wir da haben - oder eben auch nicht haben. 

Wenn ich ehrlich bin, dann kam mir das ganz recht. Eine Beziehung so mit allem und alles hätte ich mir nicht vorstellen können. Nicht mit ihm. Nicht mehr. Aber befreundet will ich mit Ferdinand auch nicht sein.

Aber er will mit mir befreundet sein. Unbedingt.

Zwar hatte ich das von Anfang an klar gestellt, aber Plan und Realität gehen da echt auseinander. Plan war, dass er mitmacht, meine Vorstellung teilt. Realität ist, dass er nicht mitmacht. 

Da liegt er also und weil er ausgezogen immer so ins Reden kommt, redet er und redet. Genau wie Lars. 
Hat Mister Start up im Bett auch so viel geredet? Kann ich mich gar nicht erinnern. Doch mit dem Abstand schärft sich der Blick und mir wird deutlich, dass auch der nur einer von vielen war. Weitaus nicht so besonders.

Jedenfalls kann ich so aktuell keine Partnerin haben. Ich komm ja mit mir selbst nicht klar… und … Hörst du mir eigentlich zu?

Was? Ich? Ja. Natürlich. Wieso?

Ich werde unsanft zurück in eine Unterhaltung gerissen, die ich so gar nicht führen will. Aber seit er da ist, macht er sich auch emotional nackt. Er will sich wieder mitteilen und erklären. Er will nicht der böse sein und dass ich ihn mag. Dass er sich wie Sau benommen hat und die Abmachung anders war - alles egal. 

Da ist kein Platz in meinem Leben. So wie ich jetzt bin, so bin ich nicht wirklich. Ich bin anders.

Sind wir doch alle.

Ich gähne und krieche unter die dritte Decke. Einfach so das innerste eines anderen übergeholfen zu bekommen - schön ist das nicht. Vielleicht sollte ich mich wegträumen. Einschlafen. Innerlich ausklinken. 

So wie meine Großeltern das hatten. Liebe bis zum Ende. Immer da sein.

Das kannst du doch gar nicht. Dafür bist du zu abgestumpft.

Murmle ich mit halb geschlossenen Augen. Bleibt mir ja auch nichts anderes. Wenn Männer einen auf Toni Braxton machen, dann hat das immer auch was armseliges.

Wie?

Du kannst das nicht. Du erstickst ja alles im Keim. 

Stimmt nicht! Jetzt im Moment kann ich das nicht! Eigentlich kann ich das.

Schon klar.

Und weiter geht's. Im Job gefällt es ihm nicht. Er will mehr Musik machen. Er will mehr Freizeit haben. Er will wieder unbeschwert sein. Er will mehr feiern und weniger nachdenken. 

Dein Leben kotzt dich an? Dann ändere es. Kündige. Such dir was anderes. Glaubst du, irgendwann klingelt einer an der Tür und regelt das für dich?

Ferdinand schaut mich an. Eine Mischung aus Schreck und Erstaunen. 

Ich werde bald vierzig!

Genau. Du wirst vierzig. Also wann willst du es ändern? Außerdem bist du in der Midlifecrisis. 

Bin ich? 

Die Frage muss ich gar nicht beantworten. Scheinbar hat er sie selbst für sich beantworten können. 

Und während er überlegt und ich müde werde, da kehren meine Gedanken dahin zurück, was ich eigentlich suche: Liebe. Keinen jammernden Mann. Keinen kaputten Mann. Keinen Mann mit Kindern. Keinen Mann der Alimente zahlt. Keinen Mann der Beziehungen blöde findet. Einfach Liebe.

Wie laufen die Dates?

Gut, kann mich kaum retten. War aber monatelang schon nichts brauchbares mehr dabei.

Oh. Rumms.. Klingt ausgesprochen viel schlimmer. Klingt auch armselig. Aber es ist die Wahrheit. Die wird mir ja auch seit einiger Zeit hier geboten. Ungefragt. Die nackte Wahrheit.

Und da wird mir die Tragik bewusst. Zwei Leute, die eigentlich ganz woanders sein wollen und trotzdem beieinander sind. 

Wie auf einen Schlag fehlt mir Lars. Dieser wunderbare Magic Lars, der nie einen Zweifel daran lässt, dass ich in den gemeinsamen Augenblicken genau das bin, was er will. 

Wenn ich mich jetzt in Lars verliebe.. Dann ist das Drama perfekt.


Montag, 24. März 2014

Malte - wie alt ist zu alt?

Dirk hatte mich überredet, dass auch ich mal Männer anschreiben solle bei Finya. Eigentlich hatte ich darauf überhaupt keine Lust. Führt ja zu nichts. Will ich grundsätzlich nicht. Trotzdem tat ich es.

Malte hatte geschrieben, dass er viele Schuhe im Schrank habe. Sympathisch, dachte ich, Schuhe sind immer gut. Zumindest kann ich dann mit Verständnis für meine sechzig paar Schuhe rechnen. 

Er antwortete und schließlich schrieben wir uns täglich Mails. Der ist aber schön, dachte ich, wenn ich das Bild ansah. Der ist aber schön, sagten Leute, denen ich das Bild zeigte. War er vielleicht zu schön?

Vierzig und kinderlos und schön? Wo war der Haken? Ich überlegte hin und her und das schreiben ging weiter. Es war lustig, aber nicht zu nah, es war vor allem nicht so unter der Gürtellinie. 

Wenn ich wüsste, dass am Wochenende gutes Wetter ist, dann würde ich ja fragen, ob man ein Eis essen könnte.

Oh. Ein Typ, der Anfragen im Konjunktiv formulierte. Also fragte er nun? Oder fragte er nicht? Ich was unsicher. Natürlich wollte ich Zusagen, aber eben auch nur, wenn ich überhaupt gefragt wurde.

Da mit gutem Wetter zu rechnen ist würde wohl niemand nein sagen, wenn er gefragt würde.

Mehr umständlich ging nicht. Aber mehr Wischiwaschi hätte er auch nicht fragen können. 

Dann freue ich mich auf ein Eis am Wochenende mir dir!

So einfach. Endlich mal eine klare Ansage! Wurde auch Zeit. Endlich. Ein Date! 

Und dann war der Tag da. Ich war aufgeregt - war ich lange schon nicht mehr gewesen. Ich sah aus wie eine Vogelscheuche, als ich früh in den Spiegel schaute. Es hagelt! Dachte ich, als ich aus dem Fenster blickte.. Alles kam zusammen und ich wurde noch dazu mutlos. Würde es keinen Zauber geben, so dachte ich, dann wäre ein weiterer normaler und vielleicht sogar vernünftiger Mann von der Liste. Viele blieben nicht übrig.

Um kurz vor vier machte ich mich auf den Weg. Das Wetter war furchtbar und sah so gar nicht nach Eis aus. Wir hatten uns den ganzen morgen schon geschrieben, Mails und SMS und dann stand er mit einem mal da.

Gut sah er aus, das stimmte. Die Haare waren auch schön. Eigentlich war alles stimmig. Außer mein Gefühl. Das wusste gar nicht mehr, wie es sich ordnen sollte.

Wir gingen in ein Café und redeten, lasen gemeinsam Zeitung, lachten, zwinkerten. In mir war noch immer alles durcheinander. Das wurde nicht besser.

Lass uns auf den xberg gehen!

Sagte er nach zwei Stunden, also gingen wir spazieren. In mir arbeitete der Gedanke, ob ich jemals von diesem Mann geküsst werden wollte, ob ich ihn küssen wollte und warum ich nun eigentlich mitten im Viktoriapark stand, wo ich schon viele Männer geküsst hatte.

Und jetzt gehen wir essen!

Also gingen wir essen und Malte hatte wunderbare Geschichten. Er hatte wirklich keine Kinder, aber auch kein Studium.. Bei keinen stimmen alle Angaben, dachte ich nur. Es machte nichts. 

Dann redeten wir über sein alter. Ich hatte gelernt, bei Männern irgendwas rauszusuchen und sie damit zu necken. Angeblich war das eine gute Sache. Es klappte auch und Malte mochte es. Vielleicht mochte er aber auch einfach die Idee, dass ich so viel jünger war.

So viel jünger... Es ratterte in meinem Kopf. Waren acht Jahre viel? Der sah gar nicht alt aus. Oder verbraucht oder irgendwie abgerockt. Im Gegenteil. 

Manchmal rückte er näher und ich rückte nicht weg. Niemals machte er weitere Anstalten und mir war das recht. 

War mein Körper, mein Herz vielleicht komplett verrückt geworden? Ein toller und witziger Mann, wo bleibt denn nun der innere Jubel?

Wir lasen die gleichen Bücher, die gleichen Zeitungen, fanden die gleiche Musik gut und konnten uns für dieselben Witze begeistern. Wir hatten sogar fast die selbe Haarfarbe! Wo also war mein verdammtes Problem?!?!

Es wurde später und später und wieder einmal hielt ich mich nicht daran, Männer zeitlich möglichst knapp zu halten, das soll man wohl machen. Ich kann das aber einfach nicht.

Er umarmte mich zum Abschied und rannte in seine Bahn. Bereits dort schrieb er mir die erste SMS. Es ging bis spät so weiter. Am nächsten morgen folgten Emails.

Doch in mir drehte sich alles.

Mit einem mal hörten die Emails auf. Da verstand ich, dass ich nicht die einzige war, die nicht weiter wusste. Manchmal bleiben wohl auch Männer auf der Strecke. 

Ich stellte bei Finya meinen Altersfilter um. Denn wenn Malte mir eine Sache gezeigt hatte, dann, dass Alter doch unwichtiger war, als ich dachte. Und eines hatte er noch gezeigt: Alles kann passen. Der Funke bleibt manchmal trotzdem aus.

Wenigstens dazugelernt.


Freitag, 21. März 2014

Echtzeit - Mut zur Auswahl

Ich habe noch ungefähr vier Dates auf Lager, von denen ich noch berichten werde. Bis jetzt fehlten mir dazu ein wenig die Worte.

Wahrscheinlich, weil ich mittlerweile wie ein Mann funktioniere, was Dates angeht. 

Keine Aufregung. Keine Erwartung. Keine Illusionen.

Alles weg. Damit hätte ich bei mir nie gerechnet. Ich war ja, wie Mister Start up sagte, immer "nah an meinem Emotionen" … doch genau die fehlen mir aktuell beim Dating. Sie sind weg. Ich rechne gar nicht mehr damit, dass etwas bei rumkommt.

Die Männer sind nett? Wunderbar. Wenigstens keine verschenkte zeit.

Die Männer sind nicht nett? Auch nicht schlimm. Der nächste bitte.

Es ist zu einer festen Choreografie geworden. Etwas, was ich niemals wollte. 

Durch die Abwesenheit dieser Aufregung kam ich ins nachdenken. Was suchte ich genau? Einen Mann? Oder einen Mann für ein Kind? Wollte ich dieses Traumgerüst aus ewiger Treue, Vater Mutter Kind, gemeinsame Wohnung. Wollte ich das? 

Oder wollte ich das, weil alles um uns herum uns glauben macht, wir würden das wollen? Es gab so viele Möglichkeiten, wie Familie funktionieren konnte.

Wissen Sie, Sie befinden sich in einem Dilemma. Die Männer verstehen Sie nicht. Einerseits sind Sie konservativ, andererseits suchen Sie Strukturen fernab der gängigen Familienbilder. Das verwirrt Männer.

Das war wohl die absolute Wahrheit, die mein Mackenarzt da verkündete. Männer kamen damit einfach nicht zurecht. 

Möchte ich einen Mann in einer Wohnung haben? Nein. Ich möchte meine Wohnung gar nicht mehr teilen. Nun werden alle Pärchen milde Lächeln und sagen, wenn erst der richtige da sei, dann ginge es nicht anders. 
So kann man das sehen. Oder man kann darüber nachdenken, was man wirklich sucht und möchte und ob alle gleich sind. 

Daher stört mich diese Pärchenaussagr kaum. Vor allem rechtfertigt sie ja, dass es quasi keine Wahl gibt, die Situation also so sein muss, in diesen Pärchenwohnungen. Kein Rückzügsraum. Frau macht weiterhin dem Haushalt. Mann dreht sich um sich selbst. Frau wird frei jeglichen Zaubers und spätestens nach drei Wochen, schallen alle möglichen Badetimmergeräusche durch die Wohnung. Unangenehm? Unsinn! Das muss so! Je näher, desto besser! 

Das kam für mich nicht in frage.

Was ich möchte? Ein Kind.
Was möchte ich nicht? Eine halbherzige Beziehung.

Nachher kommt Ferdinand vorbei. Aktuell verstehen wir uns gut. Ich mit meinem Kinderwunsch und er mit seiner Midlifecrisis. Dass er die hat ist ihm selbst aufgefallen. Blitzmerker. 

Fest steht, dass es so viele Möglichkeiten gibt. Fest steht, dass räumliche Nähe nicht über emotionale Nähe entscheidet. Fest steht, dass nicht alle gleich funktionieren. 

Und wenn es dort draußen jemanden gibt, mit dem ich ein tolles Kind haben kann, der sich kümmern würde, mit dem ich ein Team sein kann und der dann noch seinen Zauber behält - wäre das nicht Beweis genug, dass es eben nicht nur Disney gibt?

  

Montag, 17. März 2014

Hannes - Kreuzberger Nächte

Das passt nicht. Ein bisschen merkte ich das ab der ersten Mail. Sofort im ersten Kontakt und nach Betrachtung seines Profils wurde mir das klar. 

Mehrere Kinder. Keine weiteren Kinder vorstellbar.

Rumms. Start up Revival. Furchtbar. Der nächste bitte! 

Dennoch schrieben wir weiter, auch wenn alles aussichtslos schien. Zumindest war er clever, hatte eine tolle Brille und schöne Haare.

Nach mehreren Wochen Geschreibe machten wir ein treffen aus und verschoben es gleich wieder. 

Dann war der Abend da. Keine Aufregung. Kein Lampenfieber. Nix. 

Ich sah ihn und dachte: Haare schön. Brille schön. Mann schön. Aber ich strahlte nicht. Es war nicht, wie bei diesen magischen treffen, bei denen ich begann zu leuchten, ab dem Moment der Begrüßung. Es war nur ein kleines glimmen.

In der Kneipe suchten wir einen wunderbaren Tisch nahe am Tresen. Unsere Woche war anstrengend gewesen, wir brauchten Alkohol und das mit stetigem Nachschub. Keine zeit vergeuden.

Doch da, mit jeder Minute, mit jeder Stunde, veränderte sich etwas. Ganz langsam und anfangs merkte ich das gar nicht.. Ich begann zu Strahlen. Mehr und mehr, mit jedem Witz den er erzählte, mit jedem mal, dass ich ihn zum lachen bringen konnte. 

Ich fühlte mich wie ein Frosch im Kochtopf, der erst merkte, dass er kochte, als es bereits zu spät war. 

Hannes war 38 und trotz seiner Kinder und seiner gescheiterten Beziehungen nicht desillusioniert. Und erwachsen war er auch nicht. 

Was sind für dich die drei wichtigsten Politiker?

1… Adolf Hitler
2… Hmm... Schwer!!! Stalin!
3. das ist leichter! Guttenberg!

Wir tranken das sechste Bier des abends und lachten. Wir erzählten von damals, als er Metal hörte und lange Haare hatte und als ich HipHop hörte und weite Hosen trug. 

Zwischendurch, fast unbemerkt suchte er  Körperkontakt. Erst wenig, dann immer mehr. Es war nicht unangenehm. Er war mir ja auch nicht unangenehm. Im Gegenteil! Hannes hatte diesem Humor, der immer einen Schritt zu weit ging und den ich ihm trotzdem nicht übel nehmen konnte. 

Mein leben ist eine Mischung aus Mad Men und Breaking Bad. Und deins?

Bridget Jones. 

Stimmt. Du bist Bridget Jones.

Nächstes Bier, bitte. Und gleich einen Schnaps dazu. Es gab nichts zu verlieren, weil es nichts zu gewinnen gab. So einfach.

Es war bereits zwei Uhr in der früh. Die Kneipe war noch immer voll, nur die Gäste hatten gewechselt. Die mitfünfziger Berufstrinker waren den jungen Männern ohne Bartwuchs gewichen. Nur wir waren mich über und irgendwas dazwischen. 

Wir waren beide unglaublich müde, aber gehen schien keine Option. Uns war beiden wohl klar, dass wir zu unterschiedlich waren, aber wir hatten auch beide bemerkt, dass wir einander spannend fanden. 

Nächstes Bier. Nächste nebensächliche Berührung. Nächster grenzwertiger Spruch. Lachen. Gähnen. Bleiben.

Da saßen wir nun und sprachen darüber, wie wir unsere Eltern geärgert hatten und über Geschwister. Wir sprachen nicht über Beziehungen und auch nicht über seine Kinder. 

Einer der Berufstrinker war über und schleuderte auf unseren Tisch vor. Lallend blieb er stehen. Betrachtete uns. Grinste. 

Junge! Knöpf die dir vor! Tolles Mädel hast du da! Wirklich! Sex haben werdet ihr! Sex! 

[sprachlosigkeit bei uns... Betretenes schweigen ... Der Berufstrinker wechselt seinem Blick in Zeitlupe zu mir

Mädchen! .... Mädchen ... Ein Prachtexemplar! Der besorgt es dir richtig! Aber das weißte ja! Sieht man! Viel Spaß euch! Als ich noch so Jung war... Verdammt, was hatte ich für guten Sex!

Er stolperte davon... Drehte sich um.. Kam wieder.. Klopfte Hannes auf die Schulter und lachte. Und weg war er. 

Nach ein paar Minuten schweigen mussten wir so sehr lachen, dass es uns in dem ganzen Qualm den Atem raubte.  Am Ende hatte Hannes vom Lachen solche Schmerzen, dass er sagte, das könne auch ein Herzinfarkt sein. 

Nächstes Bier. Nächster Witz. Blick auf die Uhr... Oh!

Wir waren hungrig und schlenderten Burger essen. Wie selbstverständlich legte er den Arm um mich. Ich war verwirrt und müde und betrunken und ließ das einfach geschehen. 

Als er mich zur Bahn brachte war ich so neben der Spur, dass ich nicht wusste, wie das nun weitergehen sollte. Kurze Umarmung zum Abschied. Wir bleiben in Kontakt! Tschüss! Weg.

Als ich Zuhause war fiel ich ins Bett. Einfach nur schlafen. Nachdenken. Nie wieder trinken.

Der morgen danach fühlte sich so an, wie erwartet. Schmerzhaft.

Hannes Mail kam nachmittags. Es war ein toller Abend. Er bedankte sich und sagte, er fände mich spannend. Aber da sei leider kein Funke.

Ich war erleichtert.

Schnell antwortete ich ihm. Es ginge mir auch so. Und wir wunderten uns beide und waren trotzdem froh über den Abend. 

Dann eben ein anderer. Trotzdem haben Hannes und ich Kontakt. Und bald gehen wir wieder trinken bis morgens um vier. Ohne Funken. Wer braucht den schon?






Samstag, 15. März 2014

Ferdinand - Keine Freunde.

Er würde zurückkommen. Es war eine Frage der Zeit und diese war am Ende sogar viel kürzer, als vorher angenommen.

Darf ich nochmal vorbeikommen?

Ich überlegte. Auch wenn ich zugeben muss, dass ich das schon vorher durchdacht hatte. Warmhalten oder abschieben? Reicht Magic Lars oder brauche ich noch jemanden anders? Und das wichtigste: 

Würde ich mich am Ende verlieben?

Leider kam die SMS von Ferdinand, bevor ich es mir so richtig bis zum Ende überlegt hatte. 

Naja, die Packung aufbrauchen kann wohl nicht Schaden.

Super! Sag Bescheid, wenn du Zeit und Lust hast! Ich freu mich auf dich!

Du freust dich nicht auf mich. Du freust dich auf Sex! Wenn schon, dann sollten wir das auseinanderhalten.

Ich freue mich auf beides.

Was wollte er denn nun!? Dachte er, alles könne einfach weiterlaufen! Reden, lachen, kochen, essen, Sex, lachen, reden... War der noch ganz dicht?

Hör zu, du möchtest nicht das Gesamtpaket. Das ist ok. Dann gibt es aber auch nicht von allem die Vorteile. Wir sind keine Freunde, also sollten wir auch nicht so tun. Außerdem werden wir auch keine Freunde mehr.

Ok, wir machen das so, wie du es willst. 

Es gibt vorher keinen großen Austausch, kein essen, nichts. So will ich das.

Wie du magst. Aber es ist schade.

Ja. Wie ich es wollte. Aber was zum Teufel wollte ich denn? Wollte ich das, was ich gerade zugesagt hatte? Und wollte ich das mit diesem Mann? Und wieso wusste ich das alles nicht, wo doch eigentlich solche Sachen sehr einfach sein sollten… 

Ich will mich nicht durch unsere Geschichte für Sachen blockieren, die mir das geben können, was ich wirklich will.

Das war es. Genau dieser Punkt und ich hatte ihn geschrieben. Abgeschickt. Nun war er wahr. 

Ich sehe das entspannter, als du. Aber es ist ok. 

Entspannter? Ja, er sieht einfach, wo er Vorteile haben kann. Das sehen Männer immer, bei Arbeit und Verantwortung haben sie nen blinden Fleck und bei Vorteilen und Sex sind sie mit einem mal sehr aufmerksam. Typisch.

Ich brauchte einen Plan. Einen guten Plan, der damit begann, dass ich Ferdinand mal zeigen würde, wer am längeren Hebel sitzt und damit enden würde, dass er umdenkt und doch nach dem Gesamtpaket verlangt. Guter Plan. Irgendwie. Etwas abwegig, aber gut. Wird angefangen. Wird umgesetzt. Wird funktionieren.

Da waren es also zwei. Lars und Ferdinand. So unterschiedlich Männer nur sein konnten. Dabei war es keiner von beiden, der mich Richtung feste Beziehung bringen würde. 

Ich hatte mir selbst ein Bein gestellt. Wieder einmal. Nur mit dem Unterschied, dass mir jemand wie Mister Start up NIEMALS WIEDER passieren könnte. 

Ich hatte dazu gelernt und den Knopf gefunden, bei dem ich manches ausknipsen konnte. Aber vielleicht war es ja gar kein Knopf, der das abstellte. Vielleicht war etwas mir kaputt gegangen, was nicht zu reparieren war. Einfach so.




Freitag, 14. März 2014

YourSize - MyMother

Männer sind nie um eine Ausrede verlegen, wenn es um Verhütung geht. Genauso war es auch bei Ferdinand.

Ach, wir rechnen das alles aus!

Sprachs und schaute mich siegessicher an.

Nein! Hier wird nicht gerechnet.

Es folgte Genörgel und Diskussionen, weshalb Kondome sehr blöd wären und rechnen sehr gut, weshalb dazu sogar eine App verfügbar sei. Blablabla. Und von vorne die alte Leier. Und dann kam das Argument, wofür sich noch nie ein Mann zu Schade war:

Mir passt einfach nichts!

Zugegeben, ich kann das nicht beurteilen. Allerdings kann ich als Frau, Die fettzurückdrängende Wäsche trägt nur sagen: anfangs sieht es immer so aus, als würde man nicht reinpassen, am Ende sitzt es wunderbar!

Ok, Kondome sind keine Spanx und Bäuche sind bestimmt anders als Penisse. Trotzdem gerät jede Frau immer an den Mann, dessen Genitalien angeblich nirgendwo reinpassen. NIRGENDWO! 

Also schlug ich ihm MySize vor. Sitzt wunderbar. Sieben Größen. Da müsste ja für jeden was dabei sein. Ausmessen. Bestellen. Fertig.

Darauf ließ Ferdinand sich ein. Allerdings wollte er, dass die Sache zu mir geliefert wird. Naja. Dann halt zu mir.

Kannst du das ausmessen?

Wieso?

Nur so.

Mir wäre es ganz lieb wenn jeder seinen eigenen Penis ausmisst.

Auch die Diskussion war vom Tisch. Ich wäre mir auch sehr lächerlich vorgekommen.

Täglich wurde ich von ihm über den Lieferstatus informiert. Er war so aufgeregt und voller Vorfreude, dass ihm bereits da mehrere Adern im Auge platzten. Zumindest Klang er so.

Es ist geliefert. 

Wunderbar, dachte ich und schrieb:

Wunderbar!

Da klingelte das Telefon. Meine Mutter.

Hier war eben der Postbote. Du warst ja nicht da. Jetzt hat er das Paket hier abgegeben.

Super. Ich hole es nachher mal ab

Du, das klingt komisch. Ich habe das schon mehrmals geschüttelt. Was ist es denn? Darf ich aufmachen?

Nein. Darfst du nicht. Ich hole es nachher.

Anziehsachen sind es nicht. Ein Buch ist es auch nicht. Warte.. Ich schüttel noch mal

[rumpel rumpel, Klapper Klapper]

Danke Mama, geht schon. Ich hole es.

Als ich die Treppen hochsteige ist meine Mama schon in der Tür. Scheinbar freuen sich alle über die Lieferung. Sogar meine Mutter freut sich, dabei weiß sie gar nicht, worum es geht.

Willste gleich aufmachen?

Nein. Ist für Ferdinand. Lass mal zu.

Ich nahm die Packung und stapfte davon. Meine Mutter war sichtlich enttäuscht. Manchmal glaube ich, es arbeitet nochmal in ihrem Kopf, was da drin gewesen ist in dem Paket. Aber meine Mutter muss wirklich nicht alles wissen.

Ungefähr genau bei diesem Paket verläuft die Grenze.

Ferdinand fand das Paket Super. Die Diskussionen waren beendet. Doch da hatte sich ja die neue Diskussion eröffnet:

Warum sollte der Kram zu mir geschickt werden?

Und genau auf diese frage, hatte er keine richtige Antwort.

Und weg war er.