Donnerstag, 8. August 2013

André - ich geh aber gleich wieder!

André schrieb mir eine Email, es ging wohl um Jogginghosen. Viele Männer nahmen mein Statement als Aufhänger für eine Kontaktaufnahme. Vielleicht hatten sie aber auch keinen Bock mehr, weiter zu lesen.

Relativ schnell tauschten wir Nummern. Aber nie rief einer an. Alles ging über SMS. Es war wie eine nie erwähnte Abmachung. Wir kamen auch beide überhaupt nicht drauf.

Mittlerweile war ich geübter. Schüchternheit hatte ich weitestgehend abgelegt. Ich hatte zwar noch keine ausgefeilte Choreografie, aber sowas wie einen roten Faden, der sich durch das erste Kennenlernen zog.

Wenn ich abends spät arbeiten musste, dann wollte er eine SMS, dass ich gut Zuhause angekommen war. Morgens, wenn er aufwachte, dann schrieb er mir als erstes es SMS. Wir kamen miteinander aus. Es war nicht sonderlich dramatisch. Vielleicht hätte ich da erahnen können, dass es uns nicht um den anderen ging, sondern mehr um die Idee, dass da jemand war, der verlässlich schrieb. Dem man irgendwie nicht egal war.
In Wahrheit waren wir uns allerdings herzlich egal. 

Von André wusste ich, dass er aus Magdeburg kam und vorher eine sehr lange Beziehung hatte. Er war bei der Bundeswehr und hatte im letzten Jahr viel abgenommen. Darum machte er bei der Bundeswehr auch meistens Sport, wenn der Schreibtisch überschaubar war. Zuhause kochte er viel und machte irgendwelche Kuchen. Er schien recht häuslich. Seine Bilder waren ok, aber so richtig war er nicht mein Fall. Trotz schöner Haare und Brille. Er machte mich höchstens lauwarm.

Ich hatte ihm angeboten die Stadt zu zeigen. Da er neu war, konnte das nicht schaden. Viel Hoffnung setzte ich nicht in diese Begegnung, aber neue Leute kennenlernen war ja auch gut.

André liebte Ikea. Und weil er natürlich auch neu in seiner Wohnung war, musste er dort oft hin. Also trafen wir uns dort. 

Am Nachmittag war meine Anna bei mir gewesen. Bei Kaffee und Kuchen hatten wir über dies und das gesprochen, Job und Männer, glückliche und weniger glückliche Dinge, die uns dort hingeführt hatten, wo wir gerade waren. Anna war arbeitslos, aber hatte einen Mann, den die sehr liebte. Ich hatte einen wunderbaren Job als Nanny, aber keinen Mann. Es schien, als würde das Leben einem nie alles bieten.

Ich machte mich auf den Weg zu der Verabredung. Während ich von der SBahn zu Ikea lief, begann es zu regnen. Meine Haare machten so richtig Party und als ich in von weitem sah, ärgerte ich mich, dass ich vier Regenschirme hatte, aber nie einen in meiner Tasche.


Und dann sah er mich. Für den Bruchteil einer Sekunde verlor er die Fassung. Schnell bekam er sich wieder ein - aber nicht ganz, denn er begrüsste mich mit folgendem Satz:


Ich geh aber gleich wieder. Also lange bleibe ich nicht!


Es war wirklich nicht so, dass ich ihn gleich hätte heiraten wollen. Sogar sein Name machte es mir unmöglich, mir da irgendwas Ernsteres vorzustellen. Aber mit dieser Begrüßung hatte ich nicht gerechnet. 

Ab da ging eigentlich alles schief. Sehr schief sogar. Andre hatte bereits komplett dicht gemacht und kein Interesse, diese Verabredung auch nur halbwegs würdevoll über die Bühne zu bringen. Teilweise verdrängte er einfach, dass ich da war. Wenn ich ihm etwas zeigte, dann schaute er entweder abfällig oder konnte in zwei Worte so viel Gehässigkeit packen, dass es selbst mir die Sprache verschlug.


Ich wollte nur noch weg. Aber wenigstens höflich wollte ich bleiben.


Andre sagte, wenn ich eine IKEA family Card hätte, dann könnten wir ja einen Kaffee trinken. Da saßen wir nun. Es war unsagbar peinlich und wir beide wunderten uns, dass wir mit jemandem so viel geschrieben hatten, den wir dann so unangenehm fanden. Dabei fand ich in ja gar nicht sofort und komplett blöde. Ich fand sein Benehmen blöde. Seine Art. Seine Arroganz, die sich in meinem Augen durch nichts erklärte.


Tief im Inneren dankte ich meiner Intuition, dass ich nicht seinem ersten Vorschlag für eine Verabredung zugestimmt hatte. Ursprünglich wollte er mit mir joggen gehen und danach kochen. Als er mir da so gegenüber saß, war ich sicher, er wäre mir dann einfach davon gerannt. 


Er brachte mich noch mit dem Auto zur SBahn. Als ich ausstieg wusste ich, dass ich ihn nie wieder sehen oder hören würde.


Hätte ich ihn angeschrieben, dann wäre das alles weniger dramatisch. Für mein Gefühl bestimmt das die Gedanken der Männer. Andre war enttäuscht von seinem eigenen Handeln und warf es mir vor. Er warf mir vor, dass ich anders war, als er es gehofft hatte. Er war richtig böse auf mich.


Folgendes konnte ich an Lehren aus dieser Geschichte ziehen:

1. Innerhalb von einer Woche treffen
2. Ich muss zu niemandem freundlich sein, der nicht freundlich zu mir ist. Ich bin nämlich super. 

Mein Psychiater fand die Geschichte super. Insgeheim freute er sich vielleicht über die ganzen sonderbaren Dinge, die in meinem Leben passierten. Zugeben würde er das nicht.


Wenigstens hatte ich draus gelernt.

Also auf zum nächsten.
Denn es gibt ihn. Ich weiß das.

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