Mittwoch, 7. August 2013

Claus - Lebkuchenhexe sucht Schatzkästlein

Was macht die Einsamkeit?

Ich mag meinen Psychiater. Wirklich. Er ist Super. Manchmal wünschte ich mir nur, die emotionalen Hiebe würden wenigstens so lange warten, bis ich sitze.

Wir haben beschlossen, dass ich mich langsam wieder auf die Suche mache. 

Melden sie sich halt irgendwo im Internet an. Aber bitte keinen meiner Kumpels abschleppen, die sind da auch alle angemeldet!

Für einen Moment überlege ich, ob er es Ernst meint. Er schaut mich eindringlich an. Er meint es ernst. Du meine Güte! Sehe ich so verzweifelt aus? Bin ich es vielleicht wirklich? Das muss alles ein Scherz sein. Einer von der üblen Sorte! 

Die Männer machen sich da alle jünger. Achten sie dadrauf! Aufgabe zum nächsten mal: sie melden sich da irgendwo an.

Auf meine Frage, ob ich mich auch jünger machen soll bekomme ich die Antwort, dass das wenig Sinn mache. Beim ersten Treffen würde jeder sehen, dass ich über dreißig bin. Ja. Haha. Danke, Herr Doktor! Lassen sie mich raten, das war ein Witz! Oh! Doch nicht? Dann war es eine Frechheit. 
Da saß ich nun an meinem Profil und beantwortete brav die Fragen. Ich kam mir lächerlich vor, aber zynisch wollte ich nicht klingen. Es war schwierig. Im Anschluss klickte ich mich durch ein paar Profile. Im Internet werden Frauen nicht gefunden, da suchen sie selbst. Also suchte ich, wenn auch halbherzig.

Als ich das Profil von Claus sah, war er mir gleich sympathisch. Er war Ende dreißig und machte einen soliden Eindruck. Irgendwie suchte er aber Frauen ab Mitte dreißig. Ich schrieb ihm trotzdem. Er antwortete. Wahrscheinlich gibt es schlimmeres, als wenn ein 39 jähriger eine Frau abbekommt, die 31 ist.

Wir schrieben uns hin und her. Das ganze ging sicherlich zwei Wochen. Er schickte mir neue Bilder und ich ihm Hinweise, dass kurzärmlige Hemden bei Männern überhaupt nicht gehen. Da er Chemiker war, sah ich es ihm nach, konnte aber auch nicht aus meiner Haut. 

Irgendwann telefonierten wir. Es war ein lustiges Telefonat. Von Beginn an hatte ich ihm gesagt, dass ich vier Katzen hatte. Er fragte mich, ob ich wie die Katzenfrau bei den Simpsons sei und wir lachten. Zumindest schreckte es ihn nicht total ab. 

Da er beruflich in NRW war, musste ein Treffen noch warten, wurde dann aber zügig vereinbart und ich war aufgeregt. Sehr sogar. Claus war auch aufgeregt. Wir würden das irgendwie zusammen hinbekommen, da waren wir uns sicher. 

Am Tag des Treffens machte ich mich zurecht und in der Bahn kam es mir vor, als würde ich vor Wärme und Aufregung zerfließen. 

Als ich ihn am Treffpunkt stehen sah, freute ich mich. Er sah aus wie auf den Bildern und das Lächeln war auch sympathisch. Nach einer kurzen und unbeholfenen Begrüßung gingen wir an der Spree spazieren. Das Wetter war herrlich und wir hatten genügend Themen, dass uns nicht langweilig wurde.

Claus hatte im letzten Jahr nach neun Jahren Beziehung seine Freundin geheiratet. Sechs Wochen nach der Trauung gestand sie ihm, dass sie jemanden anders hatte. Sie zog sofort aus. Claus hatte sich damit arrangiert, keine Kinder zu haben. Seine Ex konnte anfangs keine bekommen und irgendwann stellte sich die Frage nicht mehr. Für ihn war es ok, wenn auch anfangs schmerzlich.
Nach dem Auszug der Frau und der beiden Katzen wollte er sich neu orientieren und zurück nach Berlin kommen. Da die ex keine zwei Monate nach der Trennung schwanger war, konnte das alles nicht schnell genug gehen. Bloß weg.

Manchmal denke ich, mein Leben ist eine Fernsehsendung.

So richtig widersprechen konnte ich ihm nicht. Diese Erfahrungen waren mehr als sonderbar und ich hasste die Frau. Ich hasste sie von ganzen Herzen, weil ich wusste, dass Männer davon Macken bekommen, die andere ausbaden müssten. 

Das Treffen verlief zurückhaltend. Ich hatte keine Ahnung, wie er mich fand oder ich ihn. Wir verabschiedeten uns. Der Abend war sehr nett verlaufen. Abwarten. 

Er fragte nach keinem weiteren Treffen während seines Besuches in Berlin. Wir schrieben uns zwar hin und her, aber keiner machte den ersten Schritt. Für mich war es in Ordnung. 

Als er dann allerdings im Zug zurück nach NRW saß, da stieg mit jedem Kilometer Abstand zwischen uns sein Mut. Zunächst sagte er, er hätte mich gerne noch mal gesehen, war aber zu schüchtern zum Fragen. Schade. Schüchternheit stellt halt Beine. Dann fragte er, ob er mir ein Kompliment machen dürfe, aber es sei sehr gewagt. Jeder Frau würde ich abraten. Männer kündigen unbesonnene Taten ja doch irgendwie an... Ich stimmte zu. 
Was kam, war ein unbeholfener Spruch über meine Brüste. Die wären wunderbar.

Das ist ein Punkt, den ich an Männern nicht verstehe. Wie können Männer zu schüchtern sein, nach einer weiteren Verabredung zu fragen, aber dann einen Spruch über Brüste machen? Wie funktioniert das? Frauen sind entweder schüchtern oder sie sind es nicht. 

Ich reagierte halbwegs souverän und sagte, wenn er meine Brüste schon gut fand, hätte er mich wenigstens auch küssen können. Claus war verblüfft, aber sehr positiv und sagte, das hätte er gern getan und würde es nachholen. 

Dann kam eine frage, mit der ich nicht gerechnet hätte. Vielleicht, weil ich sie für so abwegig hielt, dass sie einfach nicht in meinem Kopf kam.
Claus wollte gerne ein Bild meines Schatzkästleins, damit die zeit bis zum Wiedersehen nicht so schlimm sei. Ich erinnerte mich nicht, dass er mir jemals zwischen die Beine geschaut hätte und wie er nun darauf kam, ich würde ihm von dort mal ein Bild machen. Ich lehnte ab. Das sei ja keine Tierarztsendung, außerdem dürften einige Dinge doch ein Mysterium bleiben und der Zauber ginge verloren.. Claus sah das anders.

In den nächsten Nachrichten, da zeigte Claus, dass ein zweites Treffen zwar schwer zu erfragen war, er allerdings den Selbstauslöser seiner Camera wunderbar beherrschte. Ich bekam Nacktbilder. 
Nicht, dass ich jemals danach gefragt hätte. Er machte sie einfach und schickte sie mir. Im Umkehrschluss fand Claus, sei nun ein Anrecht auf ein Bild von mir gestiegen. Ich fand das nicht.

Auch das Bild, als Claus nackt auf seinem Bett lag, in der einen Hand seinen Penis, mit der anderen versuchte er mich mit dem Zeigefinger wie die Lebkuchenhexe ins Bett zu locken, verfehlte seine Wirkung. Das einzige, was ich sah, war das Doppelbett mit nur einer Decke und einem Kissen, die unschöne Bettwäsche und die große Biografie auf dem Nachttisch. 

Ich werfe Claus nichts vor. Er war ein guter Mann und wirklich aus der Übung, was Eroberungen angeht. Trotzdem konnte ich mich nicht überwinden. Claus war bei den treffen stets höflich und lustig gewesen, ich fühlte mich nicht unwohl. Mein Bild von ihm hatte allerdings Schaden genommen.

Als er wieder in Berlin war trafen wir uns und knutschten im Regen. Schüchtern war er nun nicht mehr. Eine Beziehung war für mich aber in weite Ferne gerückt. Der Anfang war so abstrus, dass ich gar nicht mehr wusste, welcher der richtige Claus war. 

Es sollte nicht das letzte Penisbild gewesen sein, was ich bis auf den heutigen Tag sammelte. Scheinbar gehören sie dazu. Und scheinbar können auch Penisse tippen, das ist die einzige Erklärung, die ich für das Auseinanderdriften von Treffen und Nachrichten habe. Der Mann trifft sich, der Penis verfasst die Nachrichten.

Vor kurzem schrieb er mir eine SMS. Er warte noch immer auf ein Bild von mir. Nun wohne er in Berlin und könne sich ja auch alles selbst beschauen, würde das Bild auch selbst machen. 
Bis jetzt habe ich nicht geantwortet, auch wenn ich nie Zweifel an meiner Reaktion hatte. Ich möchte solche Bilder von mir weder selbst machen, noch irgendwie überhaupt machen lassen. 

Vielleicht rede ich viel und mache einen sehr offenen Eindruck.. Aber bestimmte Dinge sollen sich nur wenige ansehen. Das Schatzkästlein gehört dazu.





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