Montag, 29. Dezember 2014

Echtzeit - Zwischen den Jahren.

Heute nur ein paar kurze Gedanken, bevor ich schlafen werde.

Der Tag brachte keine Antworten, keine Erleichterung, keinen wirklichen Moment des Aufatmens. Und doch bin ich nicht zerschlagen.

Ich schreibe und lese und finde die Normalität. So viel Normalität, wie nach diesem Jahr eben möglich ist. 

Doch nach alledem stehe ich hier und sage: es hat mich verwundet, aber nicht umgebracht. Dinge sind mühseliger geworden - aber macht Erkenntnis nicht alles mühseliger?

Also sortiere ich mich, innen und aussen. Lösche Bilder, sortiere kommoden. Erledige Papierkram und schreibe Menschen, dass ich an sie denke und mich bald wieder melden werde. Sortieren. Aussortieren. Alles auf Anfang.

Ich wünschte, ich könnte mein Herz mehr beeinflussen. Ich wünschte, ich könnte Friederike weniger vermissen und die Männer, die mich nicht wollen, weniger mögen. Ich wünschte, ich hätte nicht verstanden, dass es keine unendliche Zeit gibt, die uns zur Verfügung steht. 

Ich habe nicht mal Fragen. Keine. Es gibt nichts unausgesprochenes, was mir auf der Seele brennt. Es gibt keinen gemeinsamen weg und irgendwann wird es mir als das beste erscheinen.  

Irgendwann wird das alles verblassen, so wie die Dinge alle verblasst sind. Wie dramatisch war Mister Start up, als er mich vor genau einem Jahr verließ? Und wie egal ist er zwölf Monate später.

Was bleibt schon übrig von Verbundenheit, wenn sie nur von einer Seite stattfindet? Nichts. Und vielleicht ist das ganz gut. Denn so hilft es loszulassen. 

Menschen und ihre Geschichten sind austauschbar. Doch einige wenige nicht. 

Baby, zieh dich warm an, wir gehen ne Runde!

Also laufen Lars und ich durch den Schnee. Ohne ein Wort. Einfach laufen und tief einatmen. 

Nimm meinen Arm, sonst fällst du noch.

Und so gehen wir nebeneinander her und ich beginne leise zu weinen. Und ich muss gar nichts sagen, weil Lars eh alles weiß. Weil er mich kennt, so kennt und viel zu oft so erlebte im letzten Jahr.

Ich hoffe, ich kann dir ein guter Freund sein.

Ich schaue müde. Lehne mich an und denke nur: seit bald zwei Jahren. 

Ich kann dich heute noch nicht bei mir zuhause haben. Sage ich leise.

Ich weiß.

Also laufen wird langsam zurück durch den Schnee. 

Mach dir nen Film an oder so, geh früh schlafen, meld dich, wenn was ist. 

So endete mein Tag. Mit Film und neuem Mut. Es braucht gar keine neuen Menschen, wenn wir unsere Augen für jene öffnen, die da sind. Die uns guttun. Die anrufen, wenn wir selbst keine kraft haben zum Hörer zu greifen.
 
Und die uns lieben. So wie wir sind.






Sonntag, 28. Dezember 2014

Echtzeit - Mut es zu wagen

Das war also Weihnachten. Wieder mal.

Dieses Jahr hatte ich das Glück, das Fest mit jemandem zu verbringen, der mir sehr am Herzen liegt.

Frau K, suchen Sie sich wen, der Sie auch aushält! Würde mein Psychiater sagen.

Baby, du weißt, das führt zu nichts! Habe ich Lars noch in Ohr.

Es ist die Art, wie er Dich ansieht! Sagt meine wunderbare Freundin.

Sie alle drei haben Recht und Unrecht zugleich. 

Diese Geschichte werde ich nicht näher erzählen. Vielleicht auch nur NOCH nicht. Wer weiß. Fest steht, wir kennen uns recht lange. Nach der Trauerfeier wurde unser Kontakt enger. Irgendwann war er ein Teil von mir geworden. Still und heimlich. Dafür nachhaltig. 

Eine klassische Verliebtheit hatte ich übersprungen, das mag an der Zeit liegen oder an der engen Freundschaft.

Er war mein Mister Darcy. Ich war Bridget Jones.

Und nachdem er Heiligabend jeden Leberfleck meines Körpers geküsst hatte, die Kommode angefangen hatte zu brennen, weil wir die Kerzen vergessen hatten und er einen Tag später meine liebe Freundin Malwine kennenlernte, da merkte ich klarer und klarer, wie verbunden ich mich fühlte.

Baby, Frauen fühlen sich immer irgendwann verbunden, wenn sie einen nackt kennen! Sagte Lars am Telefon.

Aber das war es nicht. Es war die Art, wie ich mich angeschaut und angenommen fühlte. Es war vollkommen. 

So vergingen fünf Tage voller Küsse. 

An dieser Stelle sollte ich wohl den Gutschein erwähnen. Aus scherz hatten wir abgemacht, ich würde einen Gutschein zu weihnachten über Sex bekommen. Ich bekam ihn nicht schriftlich. Dafür jeden Abend die Gelegenheit, diesen erneut einzulösen.

Er wird wegfahren und es wird kompliziert. Glaub mir! Kläre das vorher! Sagte Jenne. Also versuchte ich mich in Klarheit.

Ich schrieb, dass ich ihn sehr mögen würde, dass es sowas nicht überall gibt, einen Menschen, dem man so sehr vertraut, aber den man auch immerzu küssen möchte. Und ich schrieb, ich würde das Risiko eingehen.

Sagen wir vorab - ohne Details zu nennen - dass er auch kein leichtes Jahr hatte. Dass er innerlich noch unsortiert ist. 

So ist also der Rahmen. Und genau um jenen ging es dann bei ihm. Der sei ja klar gewesen. Natürlich finde man das nicht überall. Ich sei ihm sehr wichtig. Ob die letzten Tage denn alle von mir als Strategie zu sehen sind, ihn in eine Richtung zu beeinflussen.

Nein. Das waren die Tage in keinster Weise. Aber wenn ich eines aus diesem Jahr gelernt habe, dann ist es, dass man aussprechen muss, was man mag. Dass man zeigen muss, wen und was man liebt. Wir bekommen nichts geschenkt, außer die Demut, die wir uns selbst zutrauen, gegenüber Dingen zu entwickeln, die wir nicht ändern können.

Ich kann nicht ändern, dass er sagt, er sei nicht verliebt. Ich kann auch nicht ändern, dass ich nicht verliebt bin - ich bin viel mehr als das. Aber ich habe Dankbarkeit für diese Woche. Dankbarkeit für die Tage, an denen ich mich aufgehoben und geliebt fühlte. Dankbarkeit für die kleinen Momente.

Also verlässt er dieses Jahr ohne mich und ich ohne ihn.

Er wird das hier kaum lesen. Ich habe ihn aus Listen entfernt, Nummern gelöscht, Chats archiviert. Er ist weg. 

Noch immer riecht mein Kopfkissen nach ihm. Sein Geschenk halte ich im schlaf in der Hand. Und sende ihm, von Herzen alles gute und dass er finden möge, wonach er sucht.

Er sagte, ich sei ihm ein großes Geschenk. Er sagte, ich lasse ihn wachsen. Was das alles bedeutet, das kann nur er entscheiden. In den Momenten, in denen er ganz alleine ist mit sich. Zurückgeworfen auf die eigenen Gedanken und Verletzungen. 

Es dauert zehnmal so lange, sich zusammenzufügen, wie es dauert, zerschlagen zu werden. Wir durften einander ein Stück auf dem Weg begleiten, wieder komplett zu werden.

Was bleibt ist die Hoffnung auf jemanden. Denn es gibt ihn. Irgendwo.

Und egal, wo du gerade bist und das liest, ich möchte dir Hoffnung machen! Hoffnung auf das ganz große! Aber auch Hoffnung auf Kurzgeschichten. Hoffnung auf den Mut Mauern fallenzulassen. Denn genau dafür sind wir da.



Freitag, 12. Dezember 2014

Accra - Hier war ich ja noch nie!

Um mal vorweg zu greifen dieses "hier war ich ja noch nie" bezieht sich auf Lichtenberg, was aber viel später auftaucht.. Ok, in Accra war ich auch nie, aber als Berlinerin liegt Lichtenberg doch erstmal näher.

Diesen Mann - ich werde ihm im folgenden Accra nennen - hatte ich von einer bei entdeckten Dating-Seite.

Geh dahin, dort ist weniger Pöbel.

So oder so ungefähr hatte es der beste Freund meiner Schwester gesagt, als wir im Herbst in einer Charlottenburger Kneipe saßen und tranken. Wahrscheinlich Kaffee - an dieser Stelle lasse ich mich auch gerne korrigieren.

Aber das alles führt zu weit. Tatsache ist, dass Rico meinte, da sei die beste Ausbeute und ich solle mal schauen. Außerdem viele, viele fragen zu beantworten, das sei aufschlussreicher.

Mein neuer Account hatte den gleichen Namen, wie auf den anderen Seiten - aus Prinzip heisse ich überall gleich. Bilder waren auch dieselben, es konnte losgehen.

Ich schrieb Accra an, denn er hatte die Frage, ob ein Atomkrieg eine spannende Sache wäre, mit "ja" beantwortet. Da fragte ich nach.

Drei Tage Email Geschreibe später, liefen wir durch Friedrichshain, auf der Suche nach einer Kneipe, die eigentlich nett war, aber wohl nur im betrunkenen Zustand auffindbar. Auf dem weg dahin, erzählten wir uns gegenseitig unsere Schrullen, die schrägsten Angewohnheiten. Wir waren so ungefähr gleichauf, möchte ich mal sagen.

Er hörte mongolische Kehlkopfsänger und hatte auf youtube eine schöne Reportage über Rocker gefunden, die er regelmäßig sah. Ich schaute zum einschlafen entweder Predigten von Salafisten oder Dokumentationen über Ulrike Meinhof. Wir waren uns einig, wir waren da auf Augenhöhe.

Auf dem Weg durch die Straßen lachten wir, redeten gleichzeitig und viel zu schnell. Wir rannen von einem Thema zum nächsten und lachten und stolperten und verliefen uns. Aber es war egal.

Endlich angekommen standen wir vor dem Eingang und es machte sich für einen Moment eine sonderbare Stille breit. Endlich sagte Accra:

Na dann! 

Na dann! 

Antwortete ich und auf dem Weg in die Kneipe legte er mir die Hand auf die Schulter... Na dann... 

Ein paar Bier später fanden wir uns in durchgesessenen Kinositzen wieder, redeten noch immer wirr und merkten, dass wir so unterschiedlich gar nicht waren. Accra hatte Literaturwissenschaft studiert und alleine das machte ihn grandios. Danach noch etwas anderes.. Was mit IT oder so. Er hatte einen Humor, der sowohl Grenzwertig, als auch clever war. Er kannte natürlich meine liebsten Bücher und wir waren uns einig: von Büchern kann man niemals genug haben!

Ich bemerke gerade, ich habe ihn noch nicht beschrieben!!! Das war nämlich noch so eine Sache: ich fand ihn ziemlich gut. Accra hatte hellblondes Haar. Er sah so aus, als müsste er bald zum Friseur, trotzdem konnte ich mir nicht vorstellen, dass eine "gerade vom Friseur"-Frisur bei ihm wirklich gut wäre. Er war kein strich in der Landschaft und kein Quadrat. Er kam aus Wilhelmshaven und das hörte ich.. Er schien teilweise sehr organisiert und gleichzeitig herrlich wirr. Alles war stimmig. Leider hatte er keine Brille, aber der leichte rötliche Stich in seinem blond machte alles wett.

Da saßen wir und überlegten und lachten und dann nahm er meine Hand.
Geht schnell, dachte ich. Es war mir nicht unrecht. Meine Frisur sah desolat aus. Meine Haut war zwar verhältnismäßig gut, aber das war nur eine Frage der Zeit. 
Ich hatte mich in meine Fett-weg-Hemden gezwängt und ansonsten einfach ein tshirt aus dem Schrank gerissen. Leider war es in der Kneipe recht warm und ich gemerkte, wie ich und meine formende Wäsche langsam zu zerfließen begannen. Hot-yoga kann kaum schlimmer sein, dachte ich nur. 

Und ganz auf einmal im reden, irgendwo zwischen mongolischen Kehlkopfsängern und den top 5 unserer Bücher, küsste mich Accra. 

Was das angeht, so lieferte er weitestgehend eine solide Leistung ab. Ich fing nicht an, zu schweben, aber ich wollte auch nicht wegrennen.

Der Abend endete um vier an der Straßenbahnhaltestelle. Ob ich mitkommen wolle, fragte er, stellte dann jedoch fest, dass er die Antwort wisse.. Natürlich würde ich nicht mitkommen. Da hatte er recht. Der Grund war nicht, dass ich es nicht wollte, sondern, dass ich einfach warten wollte und überlegen. Dazu sollte ich Gelegenheit bekommen. 

Ein letzter kuss an der Haltestelle und danach folgte.. Stille. Drei Tage. 

Auch wenn wir so viel geredet hatten, seinen Namen wusste ich nicht. Nicht mal seine Nummer hatte ich. Er war quasi weg.

Krone richten! Weitermachen! Sagte Rico nur. 

Also machte ich weiter.. Ich schrieb ihm kurz eine mail, dass es ein schöner Abend war, aber küssen für mich immer mehr sei, als mal kurz auf den "i like" Knopf zu drücken. Allerdings wäre die Nachricht angekommen. 

Seine Antwort war sehr verwirrend, irgendwas zwischen, er würde nie Signale senden und "was machst du heute abend?". Genau an diesem Abend konnte ich nicht und ich wollte auch nicht springen, wenn es ihm grad gefiel.

Wie auf Knopfdruck war es anstrengend und wie auf Knopfdruck hatte sich mein Interesse in Luft aufgelöst. 

Eine Woche später holte er mich in Lichtenberg von der SBahn ab. Vier schwere Einkaufstüten hatte er mit und sagte nur gleichmütig:

Zucker war so billig! Und Haferflocken! Hast du gewusst, wie preiswert Zucker ist?

Ich konnte kaum antworten, denn ich hatte angeboten, auch zu tragen. Es war die Hölle.

Um das zwischenzeitlich hier mal festzustellen: ich wusste schon nach den drei Tagen Funkstille, dass es zu nichts führen würde. Ein paar Tage und Emails später war ich jedoch zu dem Schluss gekommen, dass es aktuell keinen Magic Lars gab, quasi überhaupt keine verlässliche Affäre. Da dieses Problem nach einer Lösung schrie, musste Abhilfe geschaffen werden.

Bei ihm angekommen fühlte ich mich komplett erschossen vom Geschleppe, der Typ musste denken, dass ich quasi immer nur am schwitzen war. Super. Welche Frau wünscht sich das nicht?

Er wohnte in achten Stock und der Ausblick war atemberaubend. Die Wohnung war nett. Accra hingegen war unsicher, wie ein kleiner Schuljunge.

Wir hörten platten der Kehlkopfsänger und mir wurden Mitbringsel von seinen Reisen nach Ghana und China gezeigt. Es war interessant. Viel interessanter war jedoch, dass Accra mein Gleichmut so sehr verunsicherte, dass er quasi nicht mehr aufhörte zu reden. Er kam mir nicht älter vor und ich merkte, wie er versuchte, mir zu imponieren. 

Irgendwann, so zwischen dem fabelhaften Ausblick und einem Glas Kirschschorle, küsste er mich. Wenigstens hatte die Schlepperei und der weite weg sich gelohnt. 

Alles was danach kam, hat den weg übrigens nicht gelohnt. Ich spare mir an dieser Stelle Einzelheiten. Es war bedauerlich. 

Ich zieh mich langsam mal an. Sagte ich gegen drei in der früh.

Nein! Bleib noch ein wenig. Sagte er verschlafen und so blieb ich noch ein wenig. Nicht lange, aber schlaf konnte nicht schaden.

Oh Gott! OH GOTT! Schrie ich auf einmal, aus dem schlaf hochfahrend und saß kerzengerade im Bett!

Was? Erschrak er sich.

Ich orientierte mich kurz und wusste augenblicklich, weshalb ich so geschrien hatte. Der Mann hatte so laut geschnarcht, dass es mich aus dem schlaf gerissen hatte.

Was denn? Wiederholte er seine Frage.

Ich überlegte und hörte mich einfach nur sagen: was ist die Hauptstadt von Ghana?

Accra!

Ahja! Sagte ich, drehte mich um und schlief weiter.

Ein paar Stunden später war es aber endgültig Zeit zu gehen. 

Bleib noch! Bitte! Murmelte er und rappelte sich hoch.

Ich muss los. Hab nen Termin! So schnell hatte ich mich lange nicht angezogen. 

Als ich draußen war, hatte ich jedoch ein Problem, ein gewaltiges sogar.
Wo zur Hölle wär ich hier? Und wichtiger: wie kam ich wieder weg?

Es brauchte ein wenig und mehrere verzweifelte sms an meinen guten Freund Matteo, bis ich in der richtigen SBahn saß. 

Matteo war furchtbar wütend geworden, als er hörte, was für eine dürftige Leistung Accra abgeliefert hatte. Dann beruhigte er mich, als ich kurzzeitig dachte, ich sei in Osten verloren gegangen. Ohne ihn würde ich vielleicht noch immer zwischen Plattenbauten stehen und den Weg suchen.

Doch es fand sich bekanntlich ein Weg. 

Endlich nach Hause! Ich war beruhigt. Ich war übermüdet. Ich war von der Idee befreit, dort in Lichtenberg eine potentielle Affäre zu finden. Da könnten wir noch so viele Bücher gemeinsam gelesen haben. 

Accra schrieb noch ein paarmal. Was ich so mache. Wann ich zeit habe. Es sei so nett gewesen.

Mir war die Lust vergangen. Und weg war ich.







Freitag, 5. Dezember 2014

Magic Lars the Way You Make me feel

Irgendwie war Lars in diesem ganzen durcheinander abhanden gekommen. Weg war er. 

Aber war Magic wirklich weg? Eigentlich nie richtig, zumindest nicht aus meinem Gesprächen mit den Mädels. Aus meinen Gedanken auch nicht. Immer, wenn es um Männer ging kam ein bei Lars war das alles viel einfacher! Sie liebten ihn und seine unkomplizierte Art. 

Doch genau da hatte es im Sommer ein Problem gegeben. Es war nicht mehr unkompliziert. Im Gegenteil. Es gab keinen Streit, es war auch kein mangelndes Interesse. Wir beide waren einander anstrengend und wertvoll gleichzeitig geworden.

Trotzdem hatte ich einige Zeit nichts von ihm gehört. Das letzte mal, als er schrieb, schien er ziemlich fertig. Kein Job. Keine einzige Frau und das sogar selbst gewählt. Was war nur mit ihm? Ich war noch voll in Trauer und anschließend in Angst, um die Katzen. Wir fanden keinen weg zueinander. So trennten sich erstmal die Wege.

Na Baby, alles schick? Lange nicht gehört.

Sein erstes Lebenszeichen nach diesen Wochen, war typisch für ihn. Es hätte sich genauso um eine Kettenmail handeln können.

Wir schrieben ein paar Stunden hin und her, brachten uns auf den neusten Stand. Machten Witze und ich versuchte zwischen den Zeilen zu lesen. Doch lange musste ich das nicht. 

Wann sehen wir uns?

Ich gebe zu, damit hatte ich gerechnet. Lars war nie NUR Freund. Lars hieß immer auch Sex.  Ich überlegte einen Moment, ich antwortete.  

Bald.

Anschließend ging ich offline. Dachte lange nach und beschloss: sehr bald. Ich brauchte andere Gedanken. Ich brauchte Comics lesen im Bett und Vertrautheit, ohne, dass jemand mich emotional wirklich begreifen wollte.

Ein paar Tage später stand er vor meiner Tür. Es blieb länger als sonst, aber an Worten war es weniger. 

Baby, du musst mit diesem scheiß aufhören!

Mit welchem scheiß?

Mit dem verlieben. 

Ich lag da und überlegte, während Lars Angefangen hatte, zu lesen. Fast unbeteiligt blätterte er wieder hin und her. Runzelte die Stirn. Hielt dann inne und sah zu mir hinüber. Natürlich hatte er recht. Es war Unsinn. Nie hatte es zu etwas geführt, vielleicht zu mittelmäßigen Ablenkungen - manchmal auch über Jahre - dennoch war ich im Herzen immer suchend geblieben. 

Ich weiß. Aber dieses mal war es anders. 

Es ist nie anders.

Doch. Dieses mal verliebte ich mich von innen nach außen.

Das ist noch viel größerer scheiß. Hab ich dir in Sommer schon gesagt und da hast du nicht von innen nach außen geliebt.

Da waren wir nun. Ich überlegte, er blätterte, strich nebenbei über meine Haare. 

Das schlimme war, dass er mich kannte. Das schlimmste war jedoch, dass er mich ansah und wusste, was ich dachte.

Du siehst müde aus. Lass uns schlafen.

Also schliefen wir. Das erste mal, nach bald zwei Jahren, konnte ich einfach schlafen. Vielleicht war das der wirkliche Zauber.