Samstag, 9. November 2013

Echtzeit - Die Last der plötzlichen Erkenntnis

Es traf mich wie ein Blitz. Vollkommen aus dem nichts kam es, aber dafür umso deutlicher.

Du brauchst mehr. Aber dieses "mehr" wirst du bei Mister Start up nicht finden.

Natürlich gab es hier und da Dinge, die dazu beigetragen haben, dass die Erkenntnis mich einholte, aber wann der Moment des Zuviel mich ereilen würde, das konnte ich nicht Vorhersagen.

Mister Start up hatte es sich zur Aufgabe gemacht, dass ich meine Abschlussarbeit anging. Er wolle, dass es mir besser ging, sagte er. Ich liebte und hasste ihn dafür zugleich. Er hatte zweifelsohne recht, meine Barrieren ließen mich nachts wach liegen und es wurde damit immer schlimmer.
Also heftete ich nun jede Woche eine Aufgabe an die Tür, sowas wie "Literaturliste" oder "Zeitungsartikel besorgen". Kleine Schritte. Ich erledigte die Aufgaben und Mister Start up war voll des Lobes und ich sah Licht am Ende des Tunnels.

Meine innere Anspannung hatte sich durch dieses Projekt allerdings deutlich erhöht. Barrieren wollten überwunden und Ängste beseitigt werden. Es war eine Qual. Es ging mir, wie es alles Menschen geht, die lange liegen Gelassenes endlich angehen - Elend.

Mister Start up tat sein bestes. Er lobte. Er motivierte. Er brachte mich dazu, nicht den hundertstens Schritt vor dem dritten zu gehen.

Doch er war nicht da. Alles wurde nur geschrieben oder per Skype besprochen. Mister Start up wurde nicht müde zu betonen, wie gerne er mich nun in den Arm nehmen würde. Aber er war nicht da. Es gab keine Umarmungen. 

Und die diesem Moment merkte ich sehr deutlich, was ich brauchte: keine Worte über Nähe, sondern wirkliche Nähe. Zeit. Hingabe.

Doch ich kannte unseren Deal, das alles sollte es ja nicht geben, oder nur sehr dosiert. 

Unsere Kalender waren vollgepackt. Wir trafen uns kaum mehr als einmal in der Woche. Es war mir eine Qual. Schon während der treffen hatte ich Angst vor der zeit danach. Ich traute mich kaum nach Verabredungen zu fragen, aus Angst, er könne sich eingeengt fühlen. Dabei kam ich mir unglaublich bescheuert vor und schwach noch dazu.

Als also wieder eine Woche bald herum war, inklusive Dauerarbeiten bei mir und Kinderwochenende bei ihm, stellte ich die frage nach dem nächsten treffen. Es war Freitag und ich fragte nach dem kommenden Montag. Mister Start up hatte keine zeit. Ich versuchte meine Enttäuschung zu verbergen, schnell eine Lösung zu finden. Dann der Montag drauf? 

So weit im voraus möchte ich mich nicht festlegen.

Es traf mich wie ein Schlag. Er wollte sich keine zehn Tage ihm voraus festlegen? Was sollte denn das? Und vor allem: was sollte das heißen? Alles drehte sich.
Alles in mir hatte sich erschrocken zusammengezogen. Verkrampft. 

Einige Stunden und viel Kopfzerbrechen später schrieb ich ihm, ich wolle mich ein wenig sortieren. Vielleicht wäre es gut, wenn wir uns bis zum nächsten Wochenende nicht hören würden. 

Mister Start up war erschrocken. Er entschuldigte sich für seine Worte. Nun hatte ich den Ball zurückgespielt. Sehr unerwartet, wie es schien.

Er wolle mir nicht widersprechen, er sei keine Idealbesetzung für Nähe, dass sei ihm bewusst. Meine Worte würden sich nicht gut anhören. 

Doch an den Worten konnte und wollte ich nichts mehr ändern. Ich brauchte Raum und Ruhe. Und so begann sie nun. Die Woche ohne Mister Start up. Es wird einsam werden. Er fehlt mir schon jetzt. 

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