Freitag, 22. November 2013

Mut zur Unehrlichkeit - Kindermund tut Elend kund.

Das tolle am Patentantendasein ist, dass man der Jugend nochmal so richtig beim großwerden zusehen kann - ohne dass es selbst nochmal wehtut. oUnd das beste ist, dass man gefragt wird, wie eine Schwester, sich aber gegenseitig weniger auf die Nerven geht. 

Ich hatte das besondere Glück, dass mein Patenkind zehn Jahre jünger war und wir also nicht ganz so weit weg von der Welt der anderen waren. Zugegeben, viele Patentanten gibt es nicht, die mit 31 noch in rosafarbenen Zweizimmerwohnungen leben, mit vier Katzen und Jahr um Jahr ihre Abschlussarbeit vorausschieben - aber das störte mein Patenkind wenig.

An einen Moment erinnere ich mich besonders, da war Jane ungefähr 13 oder 14. Wir aßen eine Pizza und sie sagte mit einen mal ehrlich entrüstet:

Alle Mädchen in meiner klasse bekommen Brüste! Und ich?! Ich bekomme nur Haare unter den Armen!

Ich sagte ihr, dass alle Haare unter den Armen bekämen und sie sicherlich auch bald Brüste. Ich hoffte inständig, dass sie wirklich genügend Brüste bekommen würde - oder am besten genau so viel, wie sie angemessen fand. Und sie bekam ihre Brüste. In dem Punkt war ich wenigstens ehrlich - oder hatte gut geraten. Gras und Brüste wachsen nicht schneller, nur wenn man dran zieht - oder so ähnlich.

Doch dann kam der Tag, als die sagte:

Wird das mit den Jungs irgendwann einfacher?

Und ich sagte, es würde sicherlich einfacher werden. Blödheit der Jungs wachse sich aus. 

Das war schlichtweg gelogen. Das wusste ich, als ich da sagte. Aber was hätte ich denn auch sagen sollen?

Klar! Die bleiben so! Die werden weiterhin die verzogenen, kleinen, egozentrischen Muttersöhnchen bleiben, wie sie mit sechzehn sind.

Darf man jungen Mädchen diese Wahrheit vor die Füße schmeißen? Darf man das vorwegnehmen und die Hoffnung auf Besserung gleich mit?
Ich fand nein. 
Manche Wahrheiten muss jede Frau selbst erkennen. Manchen Frauen bleibt sie erspart. Genau das wünschte ich meinem Patenkind. 

Viele Jahre später, da hatte sie einen unanstrengenden Mann und selbst ein Patenkind. Und an ihr sehe ich, dass es manchmal wirklich einfacher wird. 

Trotzdem hat sie mittlerweile wohl gemerkt, dass ich ihr damals nur die halbe Wahrheit gesagt habe. Aber diese Erkenntnis sei ihr gegönnt. Möge sie bei ihrem Patenkind auch lauter Mut bringende Lügen anwenden, damit nicht die Hoffnung ausgeht.

Und genauso, wie ich unehrlich zu ihr war, bestachen die Kinder um mich herum mit grenzenloser Ehrlichkeit, erst gestern sagte eine neunjährige zu mir:

Warum versuchst du es eigentlich immer mit anderen Männern und behältst nicht mal einen?

Und da wusste ich auch keine Antwort drauf. 

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