Mittwoch, 20. November 2013

Rückblende - John, ein fast perfektes Date

Es ist Jahre her - vielleicht sieben oder acht? Sicherlich acht! - da hatte ich so etwas wie das perfekte kennenlernen. Seitdem weiß ich, es gibt diese Momente, an die man sich immer und immer erinnern wird.

Ich hatte mit einer Freundin einen ausgiebigen Einkaufsbummel gemacht. Bei H&M hatten wir unser bewährtes Spiel gespielt: jeder muss zwei besonders hässliche Kleider anziehen. Die waren schnell gefunden. Schon damals hatten die Kollektionen dort einen humoristischen Charme.

Da standen wir nun in der Umkleidekabine - wie Mädels das gerne machen zusammen. Als es ans ausziehen dieser fürchterlichen Klamotten  ging, wurde es allerdings schwierig. Ich zog und zerrte an Anikas Kleid, sie gackerte und während sie feststeckte und ich weiter zog, gab sie mir einen Kinnhaken und ich ging zu Boden. Es war wunderbar.

Mit dunkelroten Köpfen und lachend verließen wir mit ein paar neuen Oberteilen den Laden.

Jetzt muss ich mich mit einem Australier treffen und du kommst mit. Alleine ertrag ich den nicht.

Naja gut. Freundinnen sollten sich solche gefallen tun und so konnten wir auch schneller wieder nach Hause. 

Wir trafen uns in der Oranienburger Strasse.

Der Australier war zwar wunderlich, allerdings nicht so sehr, wie befürchtet. Er war auf Geschäftsreise in Berlin. Die beiden hatten sich über das Internet kennengelernt. Es war Anikas zweites treffen mit ihm und wenn es nach ihr gegangen wäre, hätte es dieses weitere treffen nicht gegeben.

Immer wieder fiel mir ein Mann auf, der auch in der Kneipe war. Er sah aus wie mein Exfreund. Aber er war es nicht. Trotzdem schlug mein Herz jedes mal höher. 

Irgendwann wurde es kalt draußen und der Doppelgänger und sein Freund setzten sich nach drinnen an den Tisch neben uns. Ich merkte, wie mein Kopf glühte und bekam kaum noch ein klares Wort raus.

Dann sprach er uns an. Ich weiß gar nicht mehr wieso. Aber wir rückten kurze Zeit später die Tische zusammen und redeten und redeten.

John war aus Köln und gerade erst nach Berlin gekommen. Er und sein Kumpel schauten sich ein wenig in Mitte um, wussten aber noch nicht so recht wohin.
Er fragte, ob ich in Berlin was nettes kennen würde. 

Natürlich. Die 8mm Bar!

Und was muss ich tun, damit du da jetzt mit mir hingehst?

Mich fragen.

Ich wusste gar nicht, wie mir geschah.. So einfach konnte das doch alles gar nicht sein. Was passierte denn hier? 

Kurz darauf machten wir fünf uns auf den weg.

In der Bar angekommen stellten wir uns mit unseren Getränken auf den Bürgersteig. Drinnen war es voll und stickig. Draußen war ein herrlicher Sommerabend und ich war schon ziemlich betrunken. 

Was muss ich machen, damit du mir deine Nummer gibst?

Erst dachte ich, über meinem dritten Whisky die frage nicht richtig gehört zu haben. 

Frag mich einfach.

Und ehe ich mich versah, fragte er. Also schrieb ich John meine Nummer auf den Arm. Dann torkelten Anika und ich nach Hause und überließen die Männer ihrem Schicksal.

Ich fühlte mich wie in einem dieser sonderbaren Filme, wo die leicht verrückten Frauen doch noch ihre liebe finden und alles ganz einfach wird und die Frau ein bisschen weniger verrückt. Allerdings fragte ich mich auch, ob die Hauptdarstellerin (also ich) vielleicht dem Hauptdarsteller (also John) eine falsche Nummer auf den Arm geschrieben hatte.. Der Gedanke bereitete mir sorgen.

Doch wie das in diesen Filmen so ist, meldet sich der Mann und die etwas verrückte Frau freute sich. Freute sich war untertrieben, ich war der Hysterie nahe.

John machte keine großen Umwege, er wollte ein Date. Gleich am nächsten Tag. 

Und da stand ich nun. Ich war unglaublich aufgeregt. Er allerdings weniger. An Selbstbewusstsein mangelte es ihm nicht - mir am Beginn des abends allerdings am Alkoholpegel. Das änderten wir schnell, wie schon am ersten Abend in der 8mmBar. Stundenlang redeten wir und lachten. Ich konnte das alles nicht fassen. 

Sowas passiert mir doch nicht! MIR! Doch es passierte und auf dem weg zur nächsten Bar nahm John meine Hand und in der dritten Bar küsste er mich endlich. Ich weiß nicht, was mich die Sinne verlieren ließ, das trinken oder das Gefühl, es müsse alles ein Traum sein. John war perfekt. Blonde Locken, clever, witzig, studierte Soziologie... Seine Stimme war unglaublich. 
Alles war unglaublich und ich fand alles gut. 
Er spielte Gitarre - ich fand das großartig.
Er wollte in eine Punk-WG ohne Türen ziehen- grandios!
Unsere Väter waren beide Nerds - Zufälle gibt's! 

Hormone lassen einfach alles Super aussehen. Manchmal sind die aber auch ein ziemliches Arschloch.

Wir knutschen uns durch halb Berlin. Wir haben wohl keinen Hauseingang in der Torstraße und der Oranienburger ausgelassen. Ich hatte keine Ahnung, wie spät es eigentlich war... Und mir war nichts egaler. 

Der Abend endete knutschend auf dem Kreuzberg. John wollte mit zu mir nach Hause, aber ich sagte, das könnten wir gerne nach einem weiteren Date machen. Der eigentliche Grund waren aber meine unrasierten Beine. Außerdem sah meine Wohnung aus, wie nach dem Einmarsch der Russen. 

Wie wäre es mit morgen?

Morgen ist gut.

Aber ich merkte, dass John fand, heute wäre besser gewesen. Mit dem morgen wollte ich einfach zeit für meine Beine und meine Wohnung gewinnen - außerdem klingt es besser, wenn man beim ersten Date nur knutscht.

So ging der perfekte Abend fast perfekt zuende.

Ein paar Stunden später kam ich zurechtgemacht am Mehringdamm an, bereit für das nächste Date.

Ich wartete eine Stunde. John kam nicht. Auch sein Handy war aus.

Und weg war er. Weg war mein perfektes kennenlernen und mein fast perfektes erstes Date.

Ein Jahr später traf ich durch sonderbare Umwege einen guten Freund von ihm. 

Und dieser Freund wurde etwas, was die meisten als eine große Liebe bezeichnen würden. 

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