Dienstag, 11. Februar 2014

Paul - Das Beste Nicht-Date überhaupt

Finya ist für die Suchenden. Egal, was man gerade sucht, dort ist es zu finden. Manchmal dauert die suche jedoch ziemlich lange und manchmal findet man auch Dinge, nach denen man nicht Ausschau gehalten hat. Ungefähr so, als wenn man seinen Schlüssel sucht, dabei aber einen verloren geglaubten Ohrring findet. 

So war das mit Paul.

Wir schrieben uns anfangs eher sporadisch hin und her. Er war nicht oft online. Aber wenn, dann kam immer eine Antwort. Ich hatte ja auch Zeiten, in denen ich wenig oder gar nicht online war, aber in diesen Zeiten gab es immer den einen Grund: Mister Start up. 

So ging es also bald fünf Wochen, dass wir uns belanglosen Kram schrieben, niemals mit wichtigen oder dramatischen fragen. Es plätscherte so dahin. Nie fragte er nach einem treffen und ich auch nicht. Das war ok. Mit manchen Männern schreibt man sich nur, das ist gar nicht einmal das schlechteste, oft ist sowas die beste Gesellschaft.

Irgendwann war er dann gar nicht mehr online und in seinem Profil stand:

Habe die Schnauze erstmal voll von Frauen und Beziehungen. Werde eine Pause einlegen.

Oh, dachte ich und schrieb ihm eine Mail, was denn passiert sei. Seine Antwort war kryptisch, aber es schien, als hätte er emotional so richtig eine verpasst bekommen. Genauso wie ich.

Er fragte, ob wir Nummern tauschen wollten. Nach fünf Wochen kam er mir herrlich normal vor, also gab ich sie ihm.

Wir telefonierten nicht, sondern machten ein Treffen für den kommenden Sonntag aus. Spazieren in der Sonne.

Aber es ist kein Date!

Betonte er immer wieder und ich beruhigte ihn und sagte, das sei alles andere als das. Wenn er wollte würde ich auch meine Haare nicht kämmen und wie ein alter Besen kommen. 

Und keinen tiefen Ausschnitt! 

Auch das versprach ich ihm, genau wie keine allzu hohen Schuhe. Es war sowas von kein Date. Und da es kein Date war, kam auch keine Aufregung, sondern einfach nur Vorfreude. 

Wir trafen uns in der Friedrichstraße zum spazieren und die Sonne schien herrlich. Wäre es ein Date, hätten wir das perfekte Wetter abbekommen. 

… und dann erzählte er mir seine Geschichte. Eine Story, die sonst wohl nur Frauen passiert.

Paul hing wochenlang in der Warteschleife. Aber so richtig. Eine Frau, die sich nicht festlegen wollte. Eine Frau, die ihn mit zu Familienfeiern nahm. Eine Frau, mit der er Urlaube machte. Eine Frau, die allerdings ihrem Ex immer mal wieder einen runterholte und die halbnackten Bilder nicht nur ihm schickte, sondern noch vier anderen Typen. Er war nicht nur hingehalten, sondern auch hintergangen worden. Die erste zeit ahnte er nichts. Irgendwann wusste er es, aber blieb trotzdem.

Und jetzt wirst du mich für dumm halten!

Wieso denn das?

Weil ich dumm war... 

Konnte diese Geschichte noch schlimmer werden? Reichte das nicht eigentlich? 

Ich habe ihr einen Job in meiner Firma vermittelt, wir sind nun in einem Büro und einen neuen Freund hat sie auch. Mit dem ist sie richtig zusammen, nicht so, wie mit mir.

Ja! Das war schlimmer. Aber für dumm hielt ich ihn nicht. Ich konnte mir nur einfach nicht vorstellen, weshalb er das nötig gehabt hatte. 
Doch so geht es ja vielen. Von außen sieht es klar aus und die Ratschläge sind einfach zu machen. Aber ist man beteiligt, dann ist das mit dem gehen nicht so leicht. Manchmal ist es sogar unmöglich. 

Also saß Paul nun in seinem Büro, mit einer Frau, die ihn so richtig fertig gemacht hatte. Er fühlte sich Elend und ich fühlte mich nach dieser Geschichte auch Elend.

Und was ist dir passiert?

Serielle Monogamie ist mir passiert.

Verdammt! Das klingt ätzend. Ist das sowas wie Mingle?
 
Ja.

Oh man.

Und dann erzählte ich meine Geschichte. Ich konnte sie sogar noch ordnen innerlich während ich sie zum gefühlt hundertsten mal runterrasselte. 

Paul konnte es nicht fassen. Immer wieder sagte er:

Ach du scheisse!

Das einzige, was mir an dieser Geschichte sinnvoll vorkam, war der komplette Kontaktabbruch. Bei allen anderen Sachen hatte ich mich denkbar ungeschickt verhalten. Oder besser: so gut ich konnte, was aber trotzdem bescheuert war.

Nach mehreren Stunden hatten wir einander nun unsere Geschichte erzählt. Es war kalt geworden und wir machten uns auf den Heimweg. Vorher verabredeten wir noch das nächste treffen. 

Nicht mal zwei Stunden nach der Verabschiedung schrieb er schon.

Wäre es ein Date gewesen, würde ich es als nahezu perfekt bezeichnen. Und da es kein Date war, gab es nichts zu deuten. 

Besser hätte der Tag nicht sein können.

Paul war sowas wie mein verlorene gegangener Ohrring. Auf der Suche nach DEM Mann und DEM Freund, fand ich in ihm einen guten Mann und vielleicht einen Freund. Manchmal ist das viel besser.


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