Donnerstag, 26. September 2013

Umwege erhöhen die Ortskenntnis

Ich habe etwas gefunden. Etwas, wonach ich gar nicht gesucht habe.

Als ich sechzehn war, besuchte ich eine evangelische Fachoberschule. Wir mussten die Lehrer mit dem Vornamen anreden und im Politikunterricht wurde ausnahmslos die Frankfurter Rundschau gelesen. Die 68er hatten es sich als Lehrer bequem gemacht. 

Was natürlich niemals fehlen durfte - um welches Fach es sich auch handelte - war die Selbsterfahrung. Etwas über sich preisgeben gehörte zum guten Ton, vor allem im Psychologie- und Pädagogikunterricht. Und so kam es also, dass wir einen Lebensstrahl malen sollten, mit den Zielen und wünschen, wie es nach dem Abi denn so weitergehen sollte... 

Und genau dieses Bild hielt ich nun in der Hand.

Es mag sein, dass sechzehnjährige nicht unbedingt für ihre Weitsicht bekannt sind, aber mein Bild als optimistisch zu bezeichnen wäre weit untertrieben gewesen.

Ich schaute nach, wie es denn aktuell bei mir aussehen würde, hätte sich das alles so durchgesetzt...

1. wohnen in Hamburg 
Naja.. Ich bin in Berlin geblieben. Wieso eigentlich? Warum bin ich nie weggegangen? Vielleicht hat der Richtige ja ganz woanders gewartet?

2. Studium fertig 
Haha! Da lache ich aber! Mein Studium hat mich nicht nur äußerlich unglaublich altern lassen, ich studiere wirklich bis ich sehr alt bin!

3. toller und wunderbar bezahlter Job 
Das ist wohl der Punkt, an dem ich aufatmen kann. Mein Job ist toll. Auch wenn ich natürlich nicht damit gerechnet habe, Jenseits der zwanziger Marry Poppins Konkurrenz zu machen.

4. drei Kinder 
Kein einziges. Dafür vier Katzen.

5. kein Mann
Sagen wir, ich habe einen halben Mann. Oder sowas. Denn ich habe ja irgendwie schon einen. 

Sicherlich ist das leben, was wir führen immer Weit von dem entfernt, wo wir uns vor dem Abitur gesehen haben. Die wenigsten setzen das alles um, und ob es wirklich ein Vorteil ist, das bleibt dahingestellt.

Warum also, gibt mir das dann doch alles zu denken und wo bin ich vielleicht falsch abgebogen? 

Eines ist sicher, was die Männer angeht, hab ich mir damals nichts vorgemacht. Aber ich dachte, dass es alles einfacher werden würde. Weniger aufwühlend. Trotzdem spannend. 

Ich werde mit Mister Start up mal darüber sprechen. Er findet für sowas immer passende Worte. Wenn er jetzt noch ein passendes Wort für unseren derzeitigen Status einbaut, da dann wäre wohl einiges klarer.

Wahrscheinlich wird er sagen:
Wenn das dein plan war, warum lebst du den dann nicht?

Weil ich dann nicht bei dir wäre, sondern bei jemandem anders. Darum. 




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