Dienstag, 17. September 2013

Echtzeit - Große Liebe Mackendoktor

Könnte ich gegen meine Angst bitte neue Tavor bekommen? Ich habe nur noch eine.

Mein Arzt sieht mich lange an und schweigt. Dann wieder das wippen mit dem Stuhl. Na wunderbar.

Wieso wollen sie denn welche?

Der stellt fragen! Weil ich das total lustig finde, wenn ich Angst bekomme. Haha. Weil ich mich zwar manchmal selbst gut beruhigen kann, aber manchmal auch nicht. Darum. 

Weil ich Ängste habe. Deswegen. Weil ich unruhig bin.

Er sagt erstmal nichts. Dann ein räuspern.

Sie haben keine Ängste. Sie sind verliebt. Sie können ja Ängste gar nicht mehr von Verliebtheit unterscheiden.

Kurz ziehe ich in Erwägung zu protestieren, aber es bleibt wohl nichts. Wenn mein Arzt sich bei mir was vorgenommen hat, dann zieht er das auch durch.

Dann ist die Liebe halt nichts für depressive Menschen wie mich!

Erst sieht er belustigt aus, dann allerdings zögert er und meint nur sehr ruhig:

Sie sind nicht mehr depressiv. Sie sind nicht wie alle anderen, das stimmt, das waren sie mit Sicherheit aber auch vorher nicht. Mein letztes Wort. Sie halten die Verliebtheit aus. Basta.

Ich hatte mit vielem gerechnet, aber damit nicht. Das war wirklich nicht vorhersehbar. Mein plan war anders. 

Leider muss ich ihm recht geben. Ich kenne den Unterschied nicht mehr. Es fühlt sich auch sehr ähnlich an. Die Kontrolle verlieren ist einfach nichts schönes, egal ob es wegen Ängsten oder wegen Schmetterlingen ist. Es liegt mir nicht. Das eine kann man wohl wegtherapieren, das andere nicht.

Also aushalten. Weiteratmen. Loslassen. Wie immer das alles gehen soll.

Ich finde sie heute ausnehmend herzlos!

Mein Mackendoktor lacht. Wenn ich das Spiel schon nicht gewinnen kann, soll es wenigstens nicht so aussehen, als hätte ich nicht gekämpft.

Ich bin nicht herzlos. Ich denke nur, dass sie da durch müssen - und ich somit auch. 

Das stimmt. Ich werde ihm die Ohren volljammern. Da ich ja nun wieder alle zwei Wochen zu ihm muss, wird das wenigstens nicht langweilig. 

Mit einem schwungvollen 

Hoffentlich haben sie sich jemanden ausgesucht, der sie auch aushält!

werde ich für heute verabschiedet. Wie immer trifft er den Nagel auf den Kopf. Genau da sitzt nämlich meine Angst. Dass Mister Start up mich am Ende nicht aushält. Als ob das so schwer wäre.. 

Ein paar Stunden später sitzen Mister Start up und ich beim Abendessen. Zwei Wochen haben wir uns nicht gesehen. Das fand er nicht gut und ich auch nicht. Daher konnte wir nicht gleich essen, sondern mussten uns erstmal durch alle Zimmer der Wohnung knutschen. Ich mache einen Strich auf meiner geistigen "er hält mich aus"-liste. 

Natürlich erzähle ich ihm keine Details, nur dass es keine Tabletten mehr für den Notfall gibt. Die Begründung spare ich weitestgehend aus. Mister Start up sorgt sich. Leider kann ich ihm das nicht ausreden. Ich versuche es, aber es klappt nicht.

Ich entscheide immernoch alleine, um wen ich mir sorgen mache!

Und während ich innerlich einen weiteren Strich auf meiner liste mache, holt er den Nachtisch aus dem Kühlschrank. Und ganz leise steigt in mir Ruhe auf. 

Vielleicht brauche ich mir gar keine sorgen machen. Vielleicht sollte ich einfach hinsehen, was er mit mir lebt und nicht hinsehen, wie er es nennt. 

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