Sonntag, 20. Oktober 2013

Echtzeit - Von der Sicherheit, dass es keine Sicherheit gibt.

Der Vorhang fällt - alle Fragen offen.

So hatte die Diskussion um das Thema Beziehung geendet. Und treffender, als Mister Start up es mit diesem Satz gesagt hatte, wäre es mir nicht gelungen.

Nach ein paar Tagen und zwei treffen später würde ich es um den Satz Und alle Unsicherheiten bekommen eine Zugabe! erweitern.

Zwar waren die Treffen nach dem ersten großen Diskurs um ein Wir ganz wunderbar verlaufen - harmonisch, witzig, spannend - doch nach wie vor sehnte ich etwas herbei.

Es lag nicht an ihm. Mister Start up war inniger geworden. Tage, an denen wir von einander gar nichts hörten gab es nicht mehr. Vielmehr gab es nun Küsse per SMS und aufmunternde Worte, falls mich die Traurigkeit ergriffen hatte.

Denn auch das hatte sich geändert und ich wusste, dass es ihm viel bedeutete: ich war offener mit meinen Gefühlen. Ich wollte mich trösten lassen. Das ganze war wie eine Zusage: er gibt Sicherheit, ich gebe Offenheit. 

Im Halbschlaf hatte ich ihm in die Armbeuge gemurmelt, dass ich mir eventuell vorstellen könnte, mich mehr mitzuteilen. Er blinzelte, verscheuchte alle Müdigkeit aus seinem Gesicht und sagte sehr ernst, mit hochgezogenen Brauen: eventuell?
Ich flüsterte ein: ich werd mich schon dran gewöhnen. 
Die folgende Umarmung ließ mich kurzzeitig mit dem leben abschließen, ich bekam kaum Luft. Mister Start up hingegen war glücklich und schlief mit einem Lächeln ein. 

Doch nicht alles war einfach geworden.

Wenn wir spazieren gingen oder telefonierten oder einfach in der Kneipe saßen und redeten, ich wollte diese Gratwanderung nicht mehr. Dagegen wehren konnte ich mich nicht. Es war einfach da. 
Er brachte mich, wie gewohnt, zum nachdenken und ich trug diese Ideen mit mir herum und suchte nach Schubladen in meinem System der Ansichten und Emotionen, in die sie passen könnten. Manche Dinge passten aber einfach nirgendwo herein und so musste ich meine Schubladen umbauen, neu ordnen. Mich arrangieren, dass manche Dinge nicht passend gemacht werden können.

In manchen Momenten denke ich, wir sind uns sehr ähnlich und in anderen, dass uns Welten trennen.

Mister Start up schaute mich verwundert über sein russisches Bier an und musterte mich. Fast schien er erschrocken. 

Unsere zwanziger waren so unglaublich verschieden. Du hast mit 22 geheiratet, mit 24 bist du Vater geworden. Da habe ich noch im Kaffee Burger ins Waschbecken gekotzt. 

Wir waren unterschiedlich. Keine frage. Nur, ob es etwas trennendes war oder etwas bereicherndes, da gab es (noch) keine Antwort. 

Und dann nimmt Mister Start up meine Hand und sagt:

Ja, wir hatten sehr unterschiedliche zwanziger.

Mehr nicht. Nur das.

Bald ist der Oktober vorbei. Dieser fürchterliche Monat, in dem wir so wenig zeit für einander hatten. Der November wird es bringen, hoffe ich ganz fest. Der November und die zeit. 

Ich hatte einmal eine lange Beziehung, ich denke nicht, dass ich das nochmal haben werde. 

Soso, denke ich und schaue ein wenig an ihm vorbei. Das kann ja ein toller November werden. Die fragen werden zumindest nicht ausgehen, ebensowenig, wie die großen Unsicherheiten. Der Vorhang ist für mich noch längst nicht gefallen. 



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