Samstag, 20. Februar 2016

Mädchen und Rabauke

Angeblich soll ja die Sonne helfen. Mir hilft die Sonne nicht. Mir hilft Schokolade. Und Lesen. Und die Katzen.

Vor allem hilft mir Grübeln. Aktuell bin ich wieder Königin der Tagträume. In der Bahn schaue ich wehmütig aus dem Fenster und denke daran, wie ich letztes Jahr auf das Wiedersehen mit Mister Darcy hoffte und das Jahr davor, dass Mister Start up wiederkommt. Keiner kam wieder. Dies Jahr ist das gar nicht mein Thema. 

Hörst du mir zu? Fragt Lars

Hm. Sage ich und habe nicht zugehört. Muss er ja nicht wissen. Außer, es war ne Frage. Dann hätte ich ein Problem.

Wir sitzen in der Sonne, teilen emotionalen Kleinkram und Tee. 

Bekomm ich ne Antwort, Baby? 

Ja. 

Lars seufzt. Dabei passt "ja" doch meistens. Dies mal scheint es nicht zu passen, aber es ist ok. 

Wir sind unterschiedlich. Eigentlich in allem. Lars ist meistens unbeschwert, gradeheraus. Ich grüble viel und denke um fünf Ecken und stelle mir hinter der sechsten Ecke selbst ein Bein. 
Lars hat wenige langfristige Ziele, außer auch noch seine Arme komplett tätowieren zu lassen. Zumindest ist es ein nachhaltiges Ziel.
Bei mir war die Schmerzgrenze nach dem Ohrlochstechen hinlänglich erreicht. Mehr geht nicht. 
Lars mag bei Frauen Spießigkeit und ich mag bei Lars einfach Lars. Den Gegenpol. 

Komisch, dass ich mich nie in dich verliebt habe. 

Wie meinst du das denn jetzt?

Na, es hätte ja sein können. Dass es einfach passiert irgendwann. Dass es mit der Zeit passiert.

Kathi, du verliebst dich eh nie! 

Stimmt auch wieder. Trotzdem. Drei Jahre sind lang.

Ja, Baby!

Lars und ich sind damit erstaunlich im Reinen. Und mit den Jahren sind wir sowas, wie Freunde geworden. Auch wenn ich eine treulose Tomate bin. Nicht immer, aber oft. 

Ich träume mich in Arme zurück und in Gespräche. Ich spiele vieles nochmal durch. Wo hätte ich nein sagen müssen, wo fehlte ein ja. Wann hätte ich durchhalten müssen, wo hätte ich mal eher die Segel streichen können.
Auf viele Fragen gibt es keine Antworten. Und vielleicht würden die Antworten auch gar nicht helfen - helfen würde nur, dass diese Arme, diese fernen Stunden, wieder da sind, greifbar, nachholbar.

Wo hätte ich bei Männern besser hinhören müssen? Wo habe ich versucht, aus einer Kröte den Prinzen zu machen? Wo habe ich zu wenig ernst genommen? Was habe ich überbewertet.

Krieg ich deinen Keks?

Du hattest zwei und ich keinen.

Lars, willst du mir wirklich diesen letzten Keks wegessen? 

Ob ich.. Wie bitte?! .. Na nimm halt. Was bekomme ich dafür?  

Mich. Aber nicht jetzt. Ich muss los, sage ich und rapple mich auf. Entgehe dem Impuls, Lars stundenlang am Arm zu hängen und flüchte mich in die Arbeit.

Pass auf dich auf, Baby und schreib nach der Arbeit, wenn du zuhause bist.

Mach ich. Ein schneller Kuss, nochmal umdrehen und lächeln und dann vorwärts. 

Was heißt denn dieses Aufpassen eigentlich? Was wäre die Konsequenz? Soll ich nicht mehr Sehnsucht haben oder nicht mehr neugierig sein? Denn beides bedeutet Schrammen. Sol ich mich überall abmelden? Keine Dates mehr? Keine Männer? 
Was bedeutet das? 
Ich finde keine Antwort und komme nicht mal auf eine ungefähre Idee, die wirklich zu mir passt.

Ich werde nicht resignieren. Ich werde weitermachen. Ich werde auch künftig zu viel grübeln. Werde auch ab und an blöde Dates haben. Aber ich weiß, wo ich hingehöre, auch ohne Mann. Ich habe einen Platz und an den kann ich zurück. Ich halte mich selbst aus- nicht immer gerne, aber ich kann es.

Was soll das aufpassen denn heißen? Schreibe ich Lars aus der Bahn und bekomme erstmal keine Antwort. Vielleicht hat der ja keine. Möglich wäre das.

Vielleicht ist das auch ein Wunsch, den andere an mich haben, ohne dass der zu mir passt. Der etwas aus mir macht, was ich gar nicht bin.

Und ich kann nicht anders, als mich zu fragen, warum wir den anderen nicht einfach so lassen können, wie er ist. Mit seinen Erfahrungen und Schrammen. Mit seinen Eitelkeiten und Lehren, die das Leben ihm bescherte. Und wären wir die selben, wenn wir immer klug und vorsichtig gewesen wären? Wenn wir immer aufgepasst hätten? Wie viele Momente wären uns entgangen. Wie viele Küsse und wie viel Lachen. Und sind wir nicht alle irgendwie in Ordnung so und vor allem - wären wir es nicht, was würde die Erkenntnis bringen? Nichts. 

Ich werde weitere Schrammen sammeln und Küsse. Werde weiter nach dem Mann suchen, der das alles aushält und der mich herausfordert. Der bleibt oder vielleicht wieder geht.

Und egal wie es ist und wer es ist, Lars wird da sein. Wird mich zum Lachen bringen und mich zur Weißglut auch.

Auf all das will ich neugierig bleiben. Denn das macht den Unterschied. 

Und dann kommt doch eine Antwort.

Setz dich endlich an die erste Stelle. Die meisten Dinge im Leben sind so egal. Du nicht, Baby.


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