Samstag, 6. Februar 2016

Herz im Takt.

Na Baby, wie hieß er dieses Mal? 
Lars schaut mich an und grinst.
Wieso habe ich denn genau den eigentlich angerufen? Lars scheint die Situation mit einer gewissen Belustigung zu ertragen. 
Er drängelt sich an mir vorbei, greift an meinen Po, holt sich ein Bier aus dem Kühlschrank, tätschelt beiläufig eine der Katzen am Kopf, die dies mit einem Schnappen quittiert. Manche Dinge ändern sich nie. Wir ändern uns nie. Dieses einzige WIR was mich nun drei Jahre begleitet.

Wann haben wir uns eigentlich das letzte Mal gesehen, Baby?

Hör bitte auf, mich so zu nennen! Ich fühle mich in einer drittklassigen Soap!

Er läuft den Flur entlang, stellt nebenbei, wie blind, seine Schuhe ins Regal. Ich schlurfe hinterher. 

Drittklassig! Du überschätzt mein Niveau wieder mal gewaltig! Er zwinkert und setzt sich ins Bett und fängt an Bier zu trinken. Dabei lässt er mich nicht aus den Augen. 

Was machen wir hier eigentlich seit drei Jahren, Lars? Ich setzte mich ans Fußende und suche meine  Kuschelsocken. Zwischendurch versuche ich meine Haare in den Griff zu bekommen. Die Zeiten des Herrichtens für Lars sind vorbei. Lars bekommt mich eh nur noch in Jogginghose zu sehen. Trotzdem liegt er da und lächelt selig, wie nur er das kann. 

Leg los! Sagt er und bietet mir seinen Arm als Kopfkissen an.

Mühsam robbe ich an das Kopfende. Ich wühle mich zurecht. Verkrieche mich unter Decken. Wärme meine kalten Hände an seinem Bauch. Lars ist immer warm. Und immer genau richtig warm. 

Lass mich doch erstmal ankommen! Murmele ich in seinen Nacken. 

Äh?! Du wohnst hier, Baby! 

Maul! Sage ich sehr leise und wir müssen lachen. Die Situation ist dafür einfach zu absurd. Zu oft hatten wir das schon. Magic Lars, der Retter in der Not! 

Also erzähle ich. Wie so oft schon. Und wie so oft ist Lars da und hört zu. Wundert sich nicht. Fragt nichts. Verurteilt nichts. Er liegt einfach da und in mir breitet sich auf Knopfdruck Wärme aus. 

Ich erzähle von nächtlichen Telefonaten und dem Austauschbarsein. Ich erzähle davon, dass Männer andere Frauen finden, aber ich nur weitere Idioten. Von verpassten Möglichkeiten. Und davon einzusehen, dass es manchmal nicht mal Möglichkeiten gab.

Ich erzähle von anderen Männern, die ich kennenlerne. Von älteren Männern, die sich durch die Zeit mit einer unbeschwerten 33 Jährigen jung fühlen. Unbeschwert. Wenn die wüssten. Es ist, als würden mich Menschen Sonnenschein nennen. Mich, mit meiner chronischen Depression.

Doch trotz all dieser Männer,  nach all diesen Begegnungen, sind Lars und ich noch immer hier. Bonny und Clyde. Immer auf der Jagd nach irgendwas. Immer auf der Flucht. Zumindest gemeinsam. Wir. Wir. Wir. 

Ich hasse dich! Sage ich leise.

Und du bist die anstrengendste Frau, die ich trotzdem behalte.

Maul! Sage ich wieder und versuche endlich zu greifen, wie sonderbar das ist. Das alles hier. Lars. Die Männer. Ich.

Und dann lachen wir wieder. Lachen, bis ich mir Tränen aus den Augen wischen muss.

Älter sind wir geworden. Müder. Aber klüger nicht. Zumindest nicht ich. 

Warum willst du dich eigentlich immer ändern? 

Wie?

Naja, du willst immer ändern, wie du bist, damit etwas klappt. Wieso?

Weil es so, wie ich bin nicht klappt, vielleicht?

Ich überlege. Warum eigentlich? Warum sollte ich mich ändern? Wozu? Für wen?

Wann hast du bei mir diese Rolle abgelegt?

Ich stutze. Welche Rolle meint der? Kommen jetzt nach drei Jahren hier doch Fragen?

Keine Ahnung, was du meinst. Sage ich sehr leise und versuche meinen Herzschlag dem seinen anzupassen. Herz im Takt. Irgendwie. 

Die Antwort? Lars versucht streng zu klingen, so richtig gelingt es nicht.

Langsam glaube ich zu wissen, was Lars meint. Zumindest ungefähr. Lars glaubt, es würde viele Kathis geben und je nach Anlass würde ich eine andere aus der Kiste zaubern. Er findet das sonderbar. Ich finde das normal. Lars gibt es nur einmal. Er ist immer gleich. Überall. Mich gibt es quasi zehnfach. 

So nach drei Monaten vielleicht. 

Und hat dieser Mann dich komplett kennengelernt? 

Weiß nicht. Ich hatte nicht so die Möglichkeit. Die Gelegenheit fehlte. Ist doch auch egal. 

Nun schweigen wir beide. Wir schweigen lange und ich schließe kurz die Augen. Dafür sind unsere Herzen nun im Takt. Lars pustet mir in die Haare. Das macht er immer, um zu ärgern. Dabei wissen wir, dass ich das mag. So sehr mag.

Ich glaube, so liegen wir noch in dreißig Jahren! Ich höre, wie er lächelt.

Lieben oder Liegen? 

Beides. Gähnt er. 

Beides. Ob nun noch dreißig Jahre dazukommen, darauf kommt es wirklich nicht an. Seit dem ersten Moment. 

Wie ist der weitere Plan? 

Gibt keinen. Bei Lars habe ich nie einen Plan. Da brauche ich keinen. Irgendwie klappt es ja. Wir reden oder wir reden nicht. Wir lachen. Manchmal weine ich.

Dann alles wie immer.






    





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