Montag, 16. Februar 2015

Ferdinand - Ein Jahr später

Er rief mich an, nachdem wir monatelang nichts voneinander gehört hatten. 

Im Sommer war ich für viele verschwunden. Nicht mehr greifbar. Wollte mit manchen Menschen aus dem "alten Leben" nichts mehr zutun haben.

Und so verkroch ich mich und ließ mich nur von wenigen finden. Nicht von Ferdinand. 

Wieso er mich anrief, fragte ich mich, als ich erschrocken aufs Display sah. Danach gleich: und was mache ich nun?

Ich überlegte, ob ich zurückrufen sollte. Ich fragte mich, was das bringen könnte. Was sein Anruf bezwecken sollte. Ich fand auf nichts eine Antwort und blieb in meinem Versteck.

Natürlich hätte ich einfach irgendwas schreiben können. Aber - und da liege ich nicht falsch - hätte er mir etwas wichtiges sagen wollen, hätte er sich selbst nochmal gemeldet. 

Es kam nichts. Ich war erleichtert. Und erschöpft zugleich. Es ratterten fragen in meinem Kopf und immer wieder diese Geschichte von vor einem Jahr. Würde er mir jemals die Wahrheit sagen? Würde er sich jemals trauen zu erzählen, dass er damals noch eine Freundin hatte? Oder würde er weiter lügen?

Ich kann das nicht! Sagte ich laut zu mir selbst. Ich wiederholte es, bis ich es selbst glaubte.

Es hatte so toll angefangen. Dann wurde es so schnell scheisse. Und dann kam er wieder. Weiß der Teufel, weshalb. Je uninteressierter ich wurde, desto mehr investierte er. An Zeit. An Gefühlen. An allem. Doch es änderte nichts mehr.

Diese Geschichte wiederholt sich in meinem Leben. Kennenlernen. Verlieben. Abfuhr. Entlieben. Vergessen. Mann kommt wieder. Ich suche. Und suche. Und suche... Und von meinen Gefühlen ist nichts mehr übrig. Sie sind weg. Wenn einmal der Schmerz überwunden ist, dann gibt es kein zurück mehr, sondern nur noch Gleichgültigkeit. Wer einmal nicht wollte, bekam immer zeitnah die zweite Chance - und dann ging das einmalige aussortieren los.

Manchmal, da bewundere ich deine Unnachgiebigkeit. Deine stärke! Sagt meine Schwester. Dabei ist sie es doch, die unnachgiebig wirkt. 

Für ein paar Momente denke ich dann darüber nach und muss ihr zustimmen. Meine Gefühle sind Momentaufnahmen. Wird der Moment bedient, dann werden es mehr und immer mehr Momentaufnahmen. Wird es nicht bedient, dann friert es ein.. Und verschwindet langsam. 

Und so verschwinden sie, die Männer aus den letzten Jahr. Ich habe kleine Kiste, dort sind feinsäuberlich Andenken gesammelt. Arschloch. Steht in Schönschrift auf der Kiste. Manchmal, da denke ich, ich sollte den Namen vielleicht ändern. Und dann entscheide ich mich dagegen. 

Wie gegen den Anruf bei Ferdinand. Man kann nicht alles ändern. Und wenn man einmal den Kern der Sache benannt hat, dann braucht es auch keine neuen Namen. Denn besser wird es nicht. Und anders auch nicht, nur weil ich es anders nenne.

Basta.



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